28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.12.06 / Auf den Spuren der Befreiungskrieger / Der Traditions- und Kulturverein "Ostpreußische Landwehr 1813 Weißenfels" läßt sich kaum eine Schlacht entgehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 02. Dezember 2006

Auf den Spuren der Befreiungskrieger
Der Traditions- und Kulturverein "Ostpreußische Landwehr 1813 Weißenfels" läßt sich kaum eine Schlacht entgehen
von Bernhard Knapstein

Wenn die Männer der Ostpreußischen Landwehr aufmarschieren, dann geht es eher gemütlich zu. "Es ist schon toll, denn man kommt viel rum!" erklärt Landwehrmann Enrico Wiedemann im breitesten Sächsisch. Seine Familie stammt "aus der Ecke Danzig". Den genauen Ort seiner Herkunft kenne er aber nicht.

Wiedemann gehört einer Korporalschaft des 3. Bataillons des 3. Ostpreußischen Landwehr-Infanterie-Regiments an, jedenfalls einer entsprechenden Darstellergruppe aus Weißenfels. Das erklärt auch seinen ungewöhnlichen Dialekt. Die Truppe besteht aus einem Feldwebel, einem Gefreiten, fünf Wehrmännern und - man läßt es sich in der Einheit gut gehen - vier Marketenderinnen.

Wiedemanns Verein "Ostpreußische Landwehr 1813 Weißenfels e. V." ist einer der vielen Traditions- und Kulturvereine, die jedes Jahr an der Leipziger Völkerschlacht von 1813 teilnehmen. Eine Schlacht, die für die Beteiligten auch 2006 kein Ende haben darf, denn sie ist - 200 Jahre später - inzwischen ein echtes Volksfest. Da wird geböllert, erobert, gefallen, wieder aufgestanden und natürlich kräftig biwakiert.

Die Männer der Ostpreußischen Landwehr nehmen aber jedes Jahr an vielen Schlachten teil. So steht an diesem Wochenende die Schlacht von Austerlitz an, natürlich auch auf historischem Boden. "Ein Megaevent", freut sich Landwehrmann Wiedemann: "Ab jetzt schreiten wir von einem Sieg zum nächsten."

Eigentlich darf die Ostpreußische Landwehr, die erst im Frühjahr 1813 aufgestellt worden war, an der Schlacht von Austerlitz (1805) gar nicht teilnehmen. Das interessiert die Männer aus Weißenfels aber wenig. So etwas läßt man sich nicht entgehen. Deshalb werden die Landwehrmänner auch Franzosenröcke überstreifen und eben auf Feindesseite antreten. Nichts Ungewöhnliches, denn dem Verein gehören neben Sächsischen Jägern auch fünf Kameraden der 1803 aus französischen Revolutionären zusammengestellten gestellten "22e demi-brigade de ligne" an. Im übrigen: Aus ganz Europa werden falsche und echte Franzosen, Russen und Österreicher ins heute tschechische Austerlitz reisen. Man kennt sich, und nach der Schlacht schwadronieren Überlebende und Gefallene am Lagerfeuer bei einem guten Trunke über die Geschichte oder auch über Alltägliches. Man bewegt sich in einem Nebelfeld zwischen 1805 und der Gegenwart.

"Und im Februar 2007 geht's nach Preußisch Eylau", erklärt Enrico Wiedemann, der als Zweiter Vorsitzender des Weißenfelser Vereins fungiert. Ob die Schlacht denn nun im russisch oder polnisch verwalteten Teil Ostpreußens geschlagen werden soll, das wisse er nicht. Spannend wird es aber wohl allemal, galt die Schlacht doch als ein Unentschieden zwischen Russen und Franzosen.

Auf die Frage, weshalb sich 1995 ausgerechnet in Weißenfels ein Traditionsverein "Ostpreußische Landwehr" gegründet hat, nimmt Wiedemann kein Blatt vor den Mund: "Die Landwehr war damals noch von keinem anderen Verein besetzt worden, und außerdem kostet die Ausrüstung nicht soviel."

Die original Ostpreußische Landwehr war zwar anno 1813 nicht in Weißenfels. Die Stadt war aber dennoch in die Leipziger Völkerschlacht involviert. Hier hatten sich 1812/13 die Franzosen einquartiert. Auf jeden Weißenfelser kamen damals neun Franzosen. Während der Völkerschlacht war das Weißenfelser Schloß Lazarett. 80 Prozent der Verletzten starben hier am Wundfieber. 1937 wurden Massengräber aus jener Zeit entdeckt.

Die Ostpreußische Landwehr selbst nahm am Sturm auf das Grimmaische Tor teil. Das im Osten gelegene Stadttor von Leipzig wurde damit zu einem deutsch-deutschen Schlachtfeld, denn es waren deutsche Rheinbundtruppen, die es für den Kaiser der Franzosen verteidigen mußten.

Wiedemann kennt die Historie. "Es ist einfach toll, sich mit der Geschichte zu befassen", erklärt er. Aber zur Landwehr zieht ihn noch mehr: "Alle Darsteller sind eine große Familie." Da ist es egal, welchen Waffenrock man trägt. Ein bißchen Lust auf das Archaische kommt wohl aber auch dazu, denn - so der Ostpreußische Landwehrmann: "Auf dem Biwak kann man die zivile Gesellschaft auch einfach mal zurücklassen."

Foto: Ein Landwehrmann stärkt sich im Lager: Beim Biwakieren kann man die Zivilisation zurücklassen. (privat)


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren