19.04.2024

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02.12.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 02. Dezember 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

jeder neue Leser erweitert auch unseren Informantenkreis und erhöht damit die Chance für die Lösung einer Suchfrage, vor allem, wenn sie ein engeres und damit sehr spezielles Gebiet unserer Heimat betrifft. So im nächsten Fall, der sich auf den Kreis Lyck konzentriert, genauer auf den Ort Steinberg. Dort wuchsen die Freundinnen Hildegard Barthlomayzik und Irmgard Sdrojek, * Dezember 1933, auf und gingen gemeinsam nach Gorlau zur Schule. Dann kam der Krieg mit seinen furchtbaren Folgen, die Mädchen wurden getrennt, überlebten aber beide die Flucht. Irmgard hat mit ihren Eltern auf jeden Fall bis August 1956 in Waal bei Buchloe gewohnt. Hildegard hat immer nach ihrer Freundin gesucht, die Post kam aber als "unbekannt" zurück, sämtliche Nachforschungen wie beim Einwohnermeldeamt oder nun im Internet blieben ohne Erfolg. Irmgard ist wahrscheinlich verheiratet und trägt längst einen anderen Namen wie auch ihre Freundin Hildegard, die jetzt Herrmann heißt. Ein Lebenszeichen von Irmgard Sdrojek gab es noch in den 90er Jahren nach der Wende. Sie soll in einer mecklenburgischen Zeitung nach der Schwester von Hildegard gesucht haben, das wurde Frau Herrmann auf einem Heimattreffen berichtet. Auf einem kürzlich stattgefundenen Treffen hat sie nun ihrem Landsmann Kurt Guszewski von der erfolglosen Suche erzählt, daraufhin hat er, der Leser unserer Zeitung ist und die "Wunder", die unsere Ostpreußische Familie bewirkt, immer bestaunt, sich an mich gewandt und diesen Suchwunsch übermittelt. Frau Herrmann kannte die PAZ / Das Ostpreußenblatt bisher nicht, wußte auch nichts von unserer Ostpreußischen Familie, und hofft nun - wie auch Herr Guszewski -, daß sich Irmgard Sdrojek bei ihr meldet. (Hildegard Herrmann, Wintersteiner Straße 44 in 99842 Ruhla.)

"Ihre Ostpreußische Familie bringt Erstaunliches zutage, so daß ich auch einen Versuch wage mit der Hoffnung, Erfolg zu haben", schreibt unser langjähriger Leser Dr. Peter W. Döring. Seine Suche galt aber nicht einer Person, sondern den ehemaligen Kameraden vom vormilitärischen Ausbildungslager Seemen bei Gilgenburg. Das war im Januar 1945, als der 16jährige Osteroder von ihnen getrennt wurde. Er berichtet darüber: "Am Vormittag des 19. Januar sind wir von Seemen abmarschiert und erreichten in den Morgenstunden des nächsten Tages, es war ein Sonnabend, Osterode. Am Ausflugslokal ,Roter Krug' wurde ich als Osteroder entlassen, die Räumung der Stadt war schon angeordnet. Die anderen Teilnehmer sind weiter marschiert, etwa 80 bis 100 Jungen, alle Jahrgang 1928/29. Ich traf in unserm Haus in der Herderstraße niemand mehr an, warf eine Fensterscheibe ein, ergriff mein geliebtes Akkordeon und packte es auf mein Fahrrad." Eine frisch gebackene Torte, die in der Küche stand, war ein Beweis dafür, wie unerwartet schnell die Räumung erfolgte. Der 16jährige schlug sich mutterseelenallein über den zugefrorenen Drewenzsee nach Liebemühl durch, konnte - mit Akkordeon und Torte - einen Militärzug entern, den er in Elbing verließ, um auf dem Viehwagen eines Flüchtlingszuges in den Westen zu gelangen. Nach fünf Tagen erreichte er den Bauernhof seiner Großeltern in Sachsen - ohne Torte, von der hatte er sich auf der Flucht ernährt, aber mit seinem vor den Russen geretteten Akkordeon. Ironie des Schicksals: Das Instrument wurde dann in Sachsen die Beute des ersten Russen, der nach dem Abzug der Amerikaner den sächsischen Ort und damit den Hof besetzte! Aber nun zu den ehemaligen Kameraden: Wo sind sie geblieben, wer konnte sich retten, wie war ihr weiteres Schicksal? Ich denke schon, daß sich auch nach über 60 Jahren jemand meldet, es war ja keine kleine Schar, und sich damit Herrn Dr. Dörings Hoffnung erfüllt. (Dr. Peter W. Döring, Ellenbergerstraße 5 in 24376 Kappeln).

Nach Sachsen ist auch unser Landsmann Georg Rittel gekommen - als Sechsjähriger allein mit seiner Mutter Maria, denn Vater Anton Rittel war von den Russen verschleppt und von dem älteren Bruder Arnold waren sie bei der Vertreibung 1947 getrennt worden. Georg wurde 1941 in Lichtenhagen bei Seeburg, Kreis Rößel, geboren, dort arbeiteten die Eltern auf dem Gut der Familie Schacht. Das Schicksal des Vaters ist nie geklärt worden. Von dem in Lichtenhagen geborenen Bruder Arnold Krieger ist bekannt, daß er schon Ende der 40er Jahre nach Amerika auswanderte. Mutter Maria Rittel erhielt 1950 diese Nachricht aus Büsum, wo Arnold Krieger kurze Zeit in der Bäckerei Kröger in der Alleestraße gearbeitet hatte. Arnold ist noch einmal in den 50er Jahren nach Deutschland gekommen und hat Mutter und Bruder besucht. Dann ist er verschwunden - auf Nimmerwiedersehen. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1991 hat Maria Rittel auf eine Nachricht von ihrem ältesten Sohn gehofft - ihr letzter Wunsch blieb unerfüllt. Jetzt ist Georg Rittel an einen Punkt gelangt, wo er mit seinen Nachforschungen am Ende ist. Er weiß nicht, was aus seinem Bruder geworden ist, wo er lebt, ob er Familie hat, und kennt auch niemanden, der seine Mutter - geboren als Maria Krieger in Lisettenhof - gekannt hat, weiß auch nicht, ob die Eltern Geschwister gehabt hatten, und ob diese - oder ihre Nachkommen - leben. Vielleicht kann auch jemand über das Schicksal seines verschleppten Vaters Anton Rittel etwas sagen? Über jeden Hinweis, auch von ehemaligen Bewohnern von Lichtenhagen (polnisch Ustnik), würde sich Herr Rittel sehr freuen. Am meisten natürlich, wenn sich sein verschollener Bruder melden würde! (Georg Rittel, Trollingerweg 28 in 89075 Ulm / Donau, Telefon 0731 / 5 44 90.)

Eure Ruth Geede


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