19.04.2024

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09.12.06 / Ein besonderer Helfer

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. Dezember 2006

Gedanken zur Zeit:
Ein besonderer Helfer
von Wilfried Böhm

Für Besucher der deutschen Hauptstadt gibt es ein weiteres "Muß", wenn sie sich an die 45 Jahre währende Teilung Deutschlands und Europas erinnern oder diese Zeit kennenlernen wollen. Interesse dafür sollte für jeden Bürger unseres Landes selbstverständlich sein, der bereit ist, die Hinwendung der Deutschen zur Demokratie und ihren großen Beitrag zur Rettung der Freiheit Europas vor der kommunistischen Bedrohung als wichtigen Abschnitt der deutschen Geschichte anzuerkennen und zu würdigen. Das gleiche gilt für alle Ausländer und ihr historisches Bild von Deutschland.

Dieses "Muß" ist ein Besuch im Berliner Mauermuseum im Haus am Checkpoint Charlie, das diese Zeit eindrucksvoll dokumentiert. In diesem Museum ist jetzt eine neue Dauerausstellung eröffnet worden, die das humanitäre und publizistische Schaffen des Journalisten Gerhard Löwenthal darstellt, der mit dem Gründer des Museums Rainer Hildebrandt persönlich verbunden war und mit ihm über Jahrzehnte hinweg kämpferisch und entschlossen dafür eintrat, "daß die deutsche Frage so lange offen bleiben muß, solange das Brandenburger Tor geschlossen ist".

Beide, der jüdische Deutsche Löwenthal und Hildebrandt hatten Furchtbares in der nationalsozialistischen Zeit durchgemacht und beide hatten den Kampf gegen den zweiten Totalitarismus auf deutschem Boden, die kommunistische Machtausübung in der Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR unerschrocken geführt. Beide setzten sich für Freiheit und Menschenrechte ein, nahmen niemals ein Blatt vor den Mund und wurden deswegen von den Kommunisten und allen gehaßt, die bereit waren, die sogenannten "Realitäten" unter der Tarnbezeichnung "Entspannung" anzuerkennen und eine deutsche Wiedervereinigung nicht nur für unmöglich, sondern auch als nicht wünschenswert anzusehen.

Der Thüringer Staatssekretär Jürgen Aretz, seit vielen Jahren Freund und Weggefährte Löwenthals, würdigte "den deutschen Patrioten, dem viele politische Häftlinge in der einstigen DDR ihre Freiheit verdankten". Löwenthal habe mit seiner großen publizistischen Wirkung als Journalist beim ZDF und insbesondere mit seiner Sendung "Hilferufe von drüben" in beiden Teilen Deutschlands aber auch viele politische Gegner gehabt, von denen er sich jedoch in seinem Kampf für Freiheit und Menschenrechte nicht im geringsten habe beeindrucken lassen. Aretz verwies auf Löwenthals persönliches Credo, das lautete: "Die Mauer war die ständige Anklage gegen die Brutalität der kommunistischen Diktatur. Sie dokumentierte die Unterdrückung der persönlichen Freiheitsrechte und die Verweigerung des Grundrechts auf Selbstbestimmung, die jedem Bürger eines Staates nach der UN-Charta zusteht."

Der Erinnerung an dieses Wirken Löwenthals wird nun die Ausstellung dienen, in der auch zusammen mit vielen Erinnerungsstücken die Goldene Kamera zu sehen ist, die Löwenthal 1977 als Auszeichnung von der Programmzeitschrift "Hörzu" des Axel Springer Verlages erhalten hat. Im Mittelpunkt aber stehen die "Hilferufe von drüben", die Löwenthal als Moderator seines ZDF-Magazins ausstrahlte, gestützt auf die Helsinki-Schlußakte der "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE), die allen Bürgern Freizügigkeit für Menschen, Informationen und Meinungen garantierte. Immer wieder ließ Löwenthal diesen Text über den Bildschirm laufen und löste damit eine regelrechte Flut von Hilferufen aus der DDR aus, wo von den Behörden Antragsteller, die sich auf das Helsinki-Abkommen beriefen, schikaniert und verfolgt wurden.

Die eindrucksvolle Ausstellung dokumentiert zahlreiche dieser Hilferufe und macht einen schmerzlichen, aber schließlich erfolgreichen Teil der deutschen Geschichte sichtbar, auf den die Deutschen mit Recht stolz sein können. Gerhard Löwenthal war ein großer Deutscher. Er starb zwei Tage vor seinem 80. Geburtstag, am 6. Dezember 2002 und wird als "journalistischer Leuchtturm der Freiheit in Deutschland stets in besonders guter Erinnerung bleiben", wie es der Münchener Publizist Hubertus Hoffmann einmal formulierte.


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