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16.12.06 / Pracht und Herrlichkeit läßt staunen / Eine Hamburger Ausstellung zeigt europäische Krippen aus drei Jahrhunderten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 16. Dezember 2006

Pracht und Herrlichkeit läßt staunen
Eine Hamburger Ausstellung zeigt europäische Krippen aus drei Jahrhunderten
von Silke Osman

Die Hauptperson macht einen gelassenen Eindruck. Während drumherum alles aus dem Häuschen ist, liegt das Kind in der Krippe und lächelt still. Mutter Maria breitet meist schützend die Hände über der Krippe aus; manchmal wirkt ihre Geste auch geradezu abwehrend, als müsse sie das Kind bewahren vor den neugierigen Blicken, dem ehrfürchtigen Staunen der Herbeigeeilten. Josef steht mal ebenso staunend dabei, ein anderes Mal hält er eine Laterne, um das Geschehen ausgiebig zu beleuchten. Manchmal wirkt er müde, meist aber wachsam.

Was kann man nicht alles in eine Darstellung der Heiligen Nacht hineinzaubern! Auch die Landschaften, in denen der Stall von Bethlehem aufgestellt wird, variieren: Mal ist es die karge Umgebung des Nahen Ostens, mal blühendes Grün, mal sogar eine verschneite Winterlandschaft. Dann tragen die Hirten sogar handgestrickte Westen aus Schafswolle! Nicht immer ist es ein Stall mit Ochs und Esel, in dem Jesus seine ersten Tage verbringt. Die Krippenbauer ersannen ebenso eine dunkle Höhle, eine Ruine mit verfallenen Säulen gar.

Einen Überblick über die ganze Pracht und Herrlichkeit der Krippenbaukunst erhält man derzeit auf einer Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Die europäischen Weih-nachtskrippen aus drei Jahrhunderten stammen aus Privatsammlungen in der niederbayerischen Stadt Landshut, die als sogenannte Krippenstadt einhellig bekannt ist. Dort werden Krippen nicht nur gesammelt, sondern auch hergestellt. Der alljährlich stattfindende Landshuter Krippenweg lockt dazu noch Besucher aus ganz Deutschland an. Dann öffnen sich sogar Privathäuser, damit man die vielfältigsten Krippen bestaunen kann. Wie sehr die Krippentradition in der Region angenommen wird, zeigt eine Krippe mit lebensgroßen Figuren in Landshuter Tracht vor der Kulisse der Stadt. Und wer genau hinsieht, dem fällt auch der Regenschirm auf, der in der Ecke der Komposition steht, schließlich gehört ein Regenschirm immer zu einer solchen Tracht. Auch ein Korb mit roten Äpfeln fällt ins Auge. - Der Apfel als Sinnbild der Vertreibung aus dem Paradies wird dem Kind in der Krippe gegenübergestellt, das die Erlösung verheißt.

Erste Krippen sind seit dem frühen 13. Jahrhundert bekannt. So ist verzeichnet, daß Franz von Assisi 1223 eine solche hat bauen lassen. Aus dem Jahr 1478 gibt es einen Vertrag zur Herstellung einer Krippe in Neapel, das noch heute berühmt ist für seine prachtvollen Exemplare. Seit dem 16. Jahrhundert kennt man Krippen auch außerhalb Europas, so in Peru, in Ecuador, in China und in Afrika. Sie kamen mit den Missionaren dorthin, und so sind die Missionskrippen, die in der Hamburger Ausstellung zu bewundern sind, besonders reizend. Eine Heilige Familie aus Ebenholz, ein Jesuskind mit Schlitzaugen - die Personen wurden der neuen Umgebung angepaßt. Überhaupt waren die Krippen und die fast theatralische Darstellung der biblischen Geschichte ein pädagogisches Instrument der Glaubensverbreitung. In einer Zeit, da nicht jeder Mensch lesen und schreiben konnte, war diese bildhafte Darstellung besonders eindrucksvoll, zumal das Weihnachtsgeschehen noch erweitert wurde. So werden die Verkündigung an Maria, der Weg der Heiligen Familie nach

Bethlehem, die Herbergssuche, das Gloria der Engel, die Verkündigung an die Hirten, die Anbetung des Kindes durch die Hirten sowie durch die Heiligen Drei Könige, aber auch die Flucht nach Ägypten thematisiert. Die Krippen nahmen zum Teil gewaltige Ausmaße an - eine in Hamburg ausgestellte provençalische Krippe hat 260 Figuren. Kein Wunder, daß die Aufstellung der Krippen in Kirchen schließlich verboten wurde. Da die Menschen auf "ihre" Krippe jedoch nicht verzichten wollten, wurden sie nun in Privathäusern aufgestellt.

Nicht immer aber konnten sich die Menschen kostbare Krippen leisten, die aus den unterschiedlichsten Materialien hergestellt wurden, allen voran Holz, Elfenbein, Wachs, aber auch Terrakotta. So war im 19. Jahrhundert die Papierkrippe sehr beliebt, die an Papiertheater aus dieser Zeit erinnert. Neben diesen einfachen Ausführungen sind auch die Krippen, die sich in einer Wurzel oder in einem Kasten verbergen, der als Clou noch beleuchtet werden kann, erwähnenswert. Ob nun kostbar oder aus bescheidenen Mitteln hergestellt, diese Krippen können auch nüchterne nordische Gemüter durchaus bewegen.

Die Ausstellung mit europäischen Weihnachtskrippen aus drei Jahrhunderten im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr, am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag von 10 bis 18 Uhr, Silvester und Neujahr von 12 bis 18 Uhr geöffnet, Heiligabend geschlossen, Eintritt 8 / 5 Euro, bis 7. Januar 2007.


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