24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
30.12.06 / Mit Lebenswerk Meilensteine gesetzt / Von Goethe bis Benatzky: Auch 2007 warten wieder viele Gedenktage auf den kulturell Interessierten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 30. Dezember 2006

Mit Lebenswerk Meilensteine gesetzt
Von Goethe bis Benatzky: Auch 2007 warten wieder viele Gedenktage auf den kulturell Interessierten
von Silke Osman

Für die einen war das ausklingende Jahr 2006 das "Einstein-Jahr", Musikfreunde sprachen vom "Mozart-Jahr", Kenner der klassischen Literatur fanden sich im "Schiller-Jahr" wieder, Anhänger der Moderne im "Brecht-Jahr", Märchenspezialisten im "Andersen-Jahr" und Kunstexperten im "Rembrandt-Jahr". Kaum zuvor gab es so viele Gelegenheiten, in hochrangigen Veranstaltungen und Ausstellungen an die Leistungen großer Dichter, Wissenschaftler und Künstler zu erinnern wie 2006. Im nächsten Jahr wird man sich schon sehr anstrengen müssen, um dieses Niveau wieder zu erreichen.

Viele Zeitgenossen ließen die Ereignisse allerdings kalt. "Wir leben im Heute", verkündeten sie, "was interessiert uns, was gestern gewesen ist?" Im 21. Jahrhundert lassen es sich die Menschen angelegen sein, sich vornehmlich mit dem Heute zu beschäftigen. Allenfalls wagen sie einen Blick in die Zukunft. Doch die Leistungen der vor uns Lebenden, seien sie auch noch so gering, sind nicht aus unserer Welt wegzudenken. Sie wirken wie bunte Mosaiksteinchen, die erst das Ganze ausmachen. Und hinter diesen Leistungen verbergen sich Menschen mit all ihren Licht- und Schattenseiten, Menschen, die in ihrer Zeit Großes vollbrachten, ohne das unser Leben hier und heute anders wäre.

"Betrachtet man die einzelne frühere Ausbildung der Zeiten, Gegenden, Ortschaften, so kommen uns aus der dunklen Vergangenheit überall tüchtige und vortreffliche Menschen, tapfere, schöne, gute in herrlicher Gestalt entgegen", schrieb Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) in seiner "Geschichte der Farbenlehre". Der große Meister der Weimarer Klassik wird zweifellos im Mittelpunkt der Gedenkveranstaltungen 2007 stehen - er starb am 22. März vor 175 Jahren. Noch heute ist er der bekannteste und meistgelesene deutsche Dichter. Sein umfassendes Werk, aber auch sein ereignisreiches langes Leben geben immer wieder neuen Stoff für neue Untersuchungen. Ob der "Herr Geheimrat" sein Vergnügen gehabt hätte an diesen Untersuchungen sei dahingestellt, hat er doch in seinen Gesprächen mit seinem Sekretär Ekkermann einmal verlauten lassen, die Deutschen seien wunderliche Leute. "Sie machen sich durch ihre tiefen Gedanken und Ideen, die sie überall suchen und überall hineinlegen, das Leben schwerer als billig. Ei, so habt doch endlich einmal die Courage, euch den Eindrük-ken hinzugeben, euch ergötzen zu lassen, euch rühren zu lassen, euch erheben zu lassen, ja euch belehren, zu etwas Großem entflammen und ermutigen zu lassen; aber denkt nur nicht immer, es wäre alles eitel, wenn es nicht irgend abstrakter Gedanke und Idee wäre!"

Neben Goethe, dem universellen Geist, zu bestehen, wird nicht einfach sein in der Reihe der Gedenktage für das Jahr 2007. Josef Freiherr von Eichendorff dürfte in dieser Reihe eine Spitzenstellung einnehmen. Sein "Taugenichts", aber auch seine Gedichte werden noch heute gern gelesen. Der am

10. März 1788 auf Schloß Lubowitz bei Ratibor Geborene starb vor 150 Jahren in Neisse (26. November 1857). "Schläft ein Lied in allen Dingen, / Die da träumen fort und fort, / Und die Welt hebt an zu singen, / Triffst du nur das Zauberwort", schrieb Eichendorff. "Das Zauberwort" hat er immer wieder getroffen und unsterbliche Gedichte geschaffen, die unter anderem von Mendelssohn Bartholdy, Schumann und Wolf vertont wurden und so den Weg in die Welt fanden.

Der Welt des Wortes hat sich auch ein Mann verschrieben, der leider viel zu früh diese Welt wieder verlassen mußte. Der Dichter Walther Heymann, vor 125 Jahren (19. Mai 1882) in Königsberg geboren, fiel am 9. Januar 1915 bei Soisson und wurde in einem Massengrab beigesetzt. Er hinterließ Prosa, auch Essays zur bildenden Kunst seiner Zeit, vor allem aber Lyrik wie die "Nehrungsbilder", die ihn als aufmerksamen und einfühlsamen Beobachter sowie als eindringlichen Schilderer der nordöstlichen Landschaft ausweisen.

Aus der selben Landschaft stammte auch der Dramatiker Hermann Sudermann, der vor 150 Jahren (30. September 1857) in Matziken, Kreis Heydekrug, zur Welt kam. Mit seinen Dramen ("Die Ehre", "Heimat"), vor allem aber mit seinem Erzählband "Litauische Geschichten" hat er sich einen Platz in der Literaturgeschichte erobert. Bis in unsere Zeit wurden seine Dichtungen verfilmt und für das Fernsehen verarbeitet wie etwa "Die Reise nach Tilsit". Sudermann starb am 21. November 1928 in Berlin, der Stadt, der ein anderer Schriftsteller ein Jahr später mit einem Roman ein Denkmal gesetzt hat: "Berlin Alexanderplatz" des Arzts und Schriftstellers Alfred Döblin. Dieser bedeutendste deutsche Großstadtroman wurde ebenfalls verfilmt, einmal mit Heinrich George als Hauptperson Franz Biberkopf, ein anderes Mal verfilmt unter der Regie von Rainer Werner Fassbinder mit Günter Lamprecht. Döblin, der aus Stettin stammte und als Kassenarzt in Berlin arbeitete, kannte das Milieu und die Sprache auf dem Kiez. Er starb vor 50 Jahren (28. Juni 1957) in Emmendingen bei Freiburg im Breisgau.

Als "Vater" der Lausbuben Max und Moritz hat er die Herzen der Kinder erobert und ist in die Literaturgeschichte eingegangen: Wilhelm Busch. Vor 175 Jahren wurde er im niedersächsischen Wiedensahl geboren (15. April 1832). Gern wäre er Maler geworden, Erfolg aber hatte er mit seinen Bildergeschichten "Die fromme Helene", "Fipps der Affe", "Balduin Bählamm" oder "Maler Kleck-sel". Was so heiter daherkommt, ist der Phantasie eines Mannes entsprungen, dem Freunde nachsagten, er sei "ein Philosoph mit pessimistischem Menschen- und Weltbild" gewesen. Mit seinen humoristischen Bildergeschichten gilt Wilhelm Busch heute als Vorreiter der bei jung und alt glei-chermaßen beliebten Cartoon- und Comic-Serien. Er starb am

9. Januar 1908. Was wären die Dichter und Schriftsteller ohne die Verleger? Ihre Gedanken und Texte wären nie in großer Zahl veröffentlicht worden. Einer, der auf die Idee kam, Weltliteratur zu günstigen Preisen auf den Markt zu bringen, war Anton Philipp Reclam. Er gründete 1828 den Verlag "Philipp Reclam jun.", der noch heute jedem Schüler und Studenten ein Begriff ist. Anton Philipp Reclam wurde vor 200 Jahren in Leipzig geboren (28. Juni 1807); er starb in seiner Vaterstadt am 5. Januar 1896.

125 Jahre sind am 11. Dezember vergangen, da in Breslau ein Junge das Licht der Welt erblickte, der sich später in der Naturwissenschaft einen Namen machte und 1954 sogar mit der Verleihung des Nobelpreises für Physik geehrt wurde: Max Born. Den renommierten Preis erhielt der Schlesier "für seine fundamentale Erforschung der Quantenmechanik, insbesondere für seine statistische Interpretation der Wellenfunktionen". Als Born am 15. Januar 1970 in Göttingen starb, hinterließ er ein gewaltiges Lebenswerk. Er verfaßte allein 20 wissenschaftliche und wissenschafts-philosophische Bücher sowie mehr als 300 Aufsätze in Fachzeitschriften. Seine Forschungen waren später Grundlage für viele wissenschaftliche Erkenntnisse.

Im selben Jahr wie Max Born wurde im westpreußischen Löbau ein Mann geboren, der sich in der Sprach- und Heimatforschung einen Namen machte: Walther Ziesemer (7. Juni 1882). Eng mit seinem Namen verbunden ist das "Preußische Wörterbuch", das erst in diesem Jahr seinen Abschluß fand. 1911 beauftragte die Preußische Akademie der Wissenschaften Walther Ziesemer damit, ein Mundartwörterbuch für die beiden Provinzen Ost- und Westpreußen zu schaffen. Dem Herausgeber war es ein besonderes Anliegen, die Kontinuität deutscher Sprache im Nordosten von ihren Anfängen in der Ordenszeit bis in die Gegenwart aufzuzeigen. Wichtig war es, die geographische Verbreitung der einzelnen Mundartwörter zu erkunden, dazu benötigte man eine Vielzahl von Mitarbeitern. Ziesemer baute sich schließlich einen festen Stamm von 350 bis 400 Mitarbeitern auf. Von 1935 bis 1939 dann erschien der erste Band mit 13 Lieferungen im Königsberger Verlag Gräfe und Unzer; bis zum Sommer 1944 folgten neun weitere Lieferungen. Man war bis zum Stichwort "Fingernagel" gekommen. Um das handschriftliche Wörterbucharchiv - immerhin rund eine Million Zettel - vor der heranrückenden Kriegsfurie zu retten, wurde es in 122 Kisten verpackt und auf ein Gut bei Prenzlau in der Uckermark, eine Ausweichstelle der Preußischen Akademie, verlagert. Dort wurde es vollends vernichtet.

Nach dem Krieg wurde Erhard Riemann beauftragt, das Preußische Wörterbuch neu erstehen zu lassen. Ihm gelang es, neue und alte Mitarbeiter zu finden, so daß 1974 der erste Band mit dem Stichwort "Fibel" erscheinen konnte. Erhard Riemann wurde vor 100 Jahren (3. April 1907) in Kraußen, Kreis Königsberg, geboren.

Der Geschichte Ost- und Westpreußens eng verbunden fühlte sich der in Straßburg geborene Bruno Schumacher. Als Lehrer am ehrwürdigen Friedrichskolleg in Königsberg und als Mitglied der "Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung" gehörte er zu den führenden Männern des ostpreußischen Geisteslebens. Seine 1937 in erster Auflage erschienene "Geschichte Ost- und Westpreußens" gilt noch heute als Standardwerk. Schumacher starb vor 50 Jahren (1. März 1957) in Hamburg.

Zweier Männer aus der Familie Langhans gilt es 2007 zu gedenken, die mit ihren Bauwerken Großes geleistet haben: Carl Gotthard Langhans, geboren vor 275 Jahren (15. Dezember 1732) im schlesischen Landeshut, erbaute unter anderem das Brandenburger Tor in Berlin, sein Sohn Carl Ferdinand Langhans, geboren vor 225 Jahren (14. Januar 1782) in Breslau, errichtete das Palais Kaiser Wilhelms I. und mehrere Theaterbauten.

Auch in der Musikszene gibt es 2007 einige wichtige Gedenktage zu vermerken. Vor 400 Jahren wurde in Gräfenhainichen der Dichter so bezaubernder Lieder wie "Geh aus mein Herz und suche Freud" oder "Nun ruhen alle Wälder" geboren: Paul Gerhardt (12. März 1607). Neben Grimms Märchen und Luthers Bibelübersetzung gehören seine Lieder zu den bekanntesten Texten überhaupt.

Ein halbes Jahrhundert schließlich ist vergangen, da Carl Orff (29. März 1957; "Carmina Burana") und Ralph Benatzky (16. Oktober 1957; "Im weißen Rössl") verstarben.

275 Jahre sind vergangen, da im österreichischen Rohrau Franz Joseph Haydn geboren wurde

(31. März 1732). 1797 fand er die Melodie zu "Gott erhalte Franz, den Kaiser". Eine volksliedhafte Komposition, die später einer Dichtung Hoffmann von Fallerslebens unterlegt und zur Nationalhymne der Deutschen wurde. Neben Sinfonien und Kammermusik sind vor allem Haydns Chorwerke "Die Schöpfung" und "Die Jahreszeiten" als Meilensteine in der klassischen Musik zu nennen.

Johann Wolfgang von Goethe (Abbildung)


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren