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30.12.06 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 30. Dezember 2006

In Engelchens Mitte / Wo zwei Putten das Land führen, ist Jesus als König das mindeste: Unsere polnischen Nachbarn laufen zur Hochform auf
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Und was wünschen Sie sich zum Neuen Jahr? Meist hört man Sachen wie Gesundheit, Erfolg, Liebe und so ... wie bescheiden! Bei unseren polnischen Nachbarn sind die Erwartungen sehr viel großzügiger gesteckt. Wie bekannt wurde, wünschen sich 46 polnische Parlamentarier, davon etliche aus der Kaczynski-Partei "Recht und Gerechtigkeit", Jesus Christus höchstpersönlich. Der soll zum "König von Polen" gekrönt werden.

Die meinen das bitterernst, auch wenn dem Rest der Welt angesichts dieses Ansinnens das Zwerchfell juckt. Aber Vorsicht: Über Polen lacht man nicht ungestraft. Papst Benedikt sollte sich darauf gefaßt machen, daß demnächst eine Abordnung aus Warschau am Heiligen Stuhl eintrifft, um den Vatikan unter polnische Verwaltung zu nehmen, zumal die Aufnahme von Grenzstreitigkeiten derzeit wieder Konjunktur hat an der Weichsel. Mit Deutschland möchte man demnächst auch alle Grenzfragen wieder aufrollen. SPD-Veteran Egon Bahr empfiehlt der Bundesregierung, Polen zu behandeln wie einen durchgeknallten Wicht: Einfach so tun, als gäbe es die Hysterie gar nicht.

Wenn das mal gut geht. Die Katholische Kirche fürchtet offenbar polnische Forderungen. Jedenfalls wehrt sie den Krönungsplan heftig ab. Dabei hätten die Bischöfe schon viel früher Verdacht schöpfen können. Die Wahl der Kaczynski-Zwillinge an die Staatsspitze erscheint im Nachhinein wie ein verschlüsselter Hinweis auf das, was noch kommen sollte. Gucken Sie sich die beiden doch mal genau an: Sehen die mit ihren pummeligen Gesichtern nicht aus wie zwei verwitterte Posaunenengel? Da ist es doch nur schlüssig, daß sie jetzt ein paar Parteifreunde ausschicken, damit sie Jesus als neues Staatsoberhaupt in Engelchens Mitte holen.

Allerdings fehlt den beiden zum Engelhaften doch das kindlich Unschuldige, wie ein Beobachter jüngst feststellte. Der sah im Ausdruck der beiden eher das Gesicht, "das ein Siebenjähriger macht, wenn er einer Spinne die Beine ausreißt". Putten tun so etwas nicht.

Angela Merkel indes muß sich manchmal vorkommen wie die tragische Spinne. Rührend bemüht um die Verbesserung der Beziehungen zu Warschau bekommt sie von dort nur einen Eimer kaltes Wasser nach dem anderen über den Kopf - daß ihre Frisur das aushält! Da ist ein Spitzen-Figaro am Werk. Wer ältere Aufnahmen der Politikerin heute anschaut, traut seinen Augen nicht: 1990 dieser Kochtopfputz, als habe die Mama in der heimischen Küche selbst zur rostigen Schere gegriffen. So furchtbar die Frisur, so schlecht beraten die Merkel - denn im Laufe der 90er Jahre ließ sie sich das Fiasko auch noch lang wachsen, bis sie wie der Trauerkloß daherkam, dem tatsächlich jemand was übers Haupt gegossen hatte, obwohl sie damals noch gar nicht dafür zuständig war, sich von den Polen piesacken zu lassen.

Dann kam die Wende: Schritt für Schritt ging ein Könner daran, die CDU-Chefin vom Dumme-Trine-Look zu erlösen. Jedes Jahr ein bißchen mehr, fast unmerklich, aber nicht ganz. Der Vorteil der steten Veränderung liegt auf der Hand und ist beileibe nicht bloß ästhetisch. Er schützt auch vor peinlichen Zwischenfällen wie den, der uns vor genau 20 Jahren zum Lachen brachte.

Da vertauschte die ARD aus Versehen Kohls Neujahrsansprache von Sylvester 1986 mit der vom Vorjahr. Der Fauxpas blieb über etliche Stunden völlig unbemerkt, was zu spitzen Kommentaren über die Austauschbarkeit von Politikerreden anspornte. Aufgeflogen war die Sache denn auch nicht wegen des Inhalts der Ansprache, sondern weil jemandem auffiel, daß der Regierungschef in beiden Sendungen dieselbe Krawatte trug.

Worüber Angela Merkel wohl reden wird zu Neujahr? Sicher wird sie vom "erfolgreichen Jahr, das hinter uns liegt" schwärmen, von der "Wende am Arbeitsmarkt". Wenn sie auf die "gelungene Gesundheitsreform" zu sprechen kommt, werden wir genau darauf achten, ob sich ihr Gesicht verfärbt. Andererseits: Die sind im Fernsehen ja immer so gepudert und geschminkt, damit sie schön frisch aussehen und nicht glänzen. Also wird die Farbe wohl selbst bei der dreistesten Flunkerei stabil bleiben. Wenn sich allerdings Merkels Nase verändern sollte, wenn sie auf die "fruchtbare Zusammenarbeit mit den Ministerpräsidenten der Länder" zu sprechen kommt, dann kann das auch die dickste Maske nicht verbergen.

Merkels Intimfeind Stoiber hat kurz vor Jahresende indes ganz andere Sorgen und kommt gar nicht richtig dazu, der Kanzlerin nochmal ordentlich in die Hacken zu treten. Der Blick in die Medien verrät: In München herrschen Zustände wie bei Putins unterm Sofa. Die Fürther CSU-Landrätin Gabriele Pauli wurde "bespitzelt", und zwar nach "Ostblock-Methoden", wie Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget (Franz wer? - kennt niemand) düster grollt.

Frau Pauli ist dem Bayern-Premier lästig gefallen, weil sie seit Anfang November eine aus dem hamburgischen Exil (also fernab des Zugriffs durch bajuwarische Staatsschergen) Internetseite geschaltet hat, deren Inhalt und Zielsetzung auf die simple Formel zu bringen ist: Stoiber muß weg!

Das mochte irgend jemand in München nicht mehr hören, weshalb Stoibers Büroleiter ein längeres Telefongespräch mit einem Bekannten von Frau Pauli führte. Da soll er sich unter anderem auch danach erkundigt haben, ob es bei der Gabi irgendwelchen Schweinkram gebe oder ob sie eine Schnapsdrossel sei und nach ähnlichen Delikatessen dieser Preislage. Der gute Bekannte will übrigens gar nicht bemerkt haben, daß er ausgehorcht wurde.

So sieht er also aus, der finstere Ostblock. Nach dem Vergleich fallen einem sofort Wörter ein wie "Dissidentenverfolgung" und "unterdrückte Bürgerrechtler". Droht der tapferen Frau Pauli ein Bazi-Gulag im Bayerischen Wald oder gar die hinterlistige Ausbürgerung während einer Motorradtour (ihr Hobby) durch Baden-Württemberg?

Ganz so schlimm wird es nicht, auch wenn die Sache schon ein bißchen streng riecht. Aber immerhin ist Bayern keine Diktatur, die erlauben dem Maget sogar, seine SPD zu betreiben, obwohl die nachweislich keine politische Rolle im Freistaat spielt, also nur kostet und obendrein stänkert.

Und überhaupt diese Pauli: Die ist nämlich gar keine Bayerin, die wurde in Schweich an der Mosel geboren. Nicht mal Bayerische Pfalz, nein: Mosel! Daß so jemand Hergelaufenes im Stoiberland Landrätin werden darf ... wenn das der selige Franz Josef noch mitbekommen hätte. Aber der ließ seinen Büroleiter ja auch nicht mit irgendwelchen Leuten telefonieren, die danach das Wasser nicht halten konnten. Strauß war der letzte echte Barockfürst Deutschlands, der hatte seine Schranzen im Griff und hätte verdächtige moselfränkische Elemente gewiß ferngehalten von seinem Reich.

Ach, der Strauß! Werden Sie auch immer melancholisch, wenn Sie an das polternde Schlitzohr, den begnadeten Rhetoriker und Machtjongleur denken müssen? Säße der noch in München, müßte Kanzlerin Merkel ihre Neujahrsansprache von der Nervenheilanstalt aus halten, alle zwei Minuten hyperventilierend und mit Münte daneben, der ihr zärtlich den Schweiß von der glühenden Stirn tupft.

Woche für Woche würden die Berliner Kaninchen auf die Schlange an der Isar starren. Strauß-Nachfolger Stoiber hingegen verheddert sich schon, weil einer der Seinen sich wie ein neugieriges Klatschweib aufgeführt hat.

Warum gibt's eigentlich keine richtigen Polit-Affären mehr bei uns? Polen dagegen: Sex, Bestechung vor laufender Kamera - alles da. Das politische Personal des Nachbarn ist mit einer solchen Selbstverständlichkeit peinlich, daß einen manchmal der Neid packt. Politik können die zwar auch nicht, aber als Gaukler sind sie sagenhaft! Frohes Neues!

"Es ist alles in bester Startverfassung. Alles andere ist Lobbygeschrei!" Zeichnung: Götz Wiedenroth


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