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06.01.07 / Die, die den Hals nicht voll kriegen / Während deutsche Arbeitnehmer seit Jahren Lohnzurückhaltung üben, gönnen sich Manager Millionen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-07 vom 06. Januar 2007

Die, die den Hals nicht voll kriegen
Während deutsche Arbeitnehmer seit Jahren Lohnzurückhaltung üben, gönnen sich Manager Millionen
von Ansgar Lange

Weil die Konjunktur wieder brummt, kündigen die Arbeitnehmervertreter ein Ende der Bescheidenheit an. Bei den anstehenden Tarifverhandlungen sollen Gehaltszuwächse von bis zu acht Prozent herauskommen. Zwar wird bekanntlich nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird, doch wer nicht hoch pokert, könnte am Ende leer ausgehen. Und wer will den Gewerkschaften verdenken, daß sie so auf die Pauke hauen? Schließlich stagnieren die Reallöhne schon seit langem. Und die Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie die Streichung einiger Steuervergünstigungen könnte die Bürger 2007 so richtig teuer zu stehen kommen.

Die Manager machen es außerdem vor. Bei Porsche beispielsweise haben sich die Managergehälter verdoppelt. Die Bezüge des sechsköpfigen Vorstandes für das Geschäftsjahr 2005/2006 stiegen von 26 Millionen Euro auf 45,2 Millionen Euro. Wird Otto Normalverbraucher, der sich eine Nobelkarosse aus Zuffenhausener Produktion gar nicht leisten kann, nicht zu Recht neidisch? Doch beim Fall "Porsche" liegen die Dinge ein wenig anders. Am 31. Juli 2006 beschäftigte der Konzern 11384 Personen. Im Vorjahr waren es "nur" 10895 gewesen. Der Sportwagenbauer konnte zudem seinen Absatz um zwölf Prozent steigern. "Porsche" habe aus einer "Fahrzeuglegende eine Goldgrube" gemacht, schrieb daher der "Stern". Zumindest von außen erscheint es so, daß hier keine "Nieten in Nadelstreifen" fürstlich alimentiert werden, sondern Unternehmenslenker, die den Titel Leistungsträger mit Recht tragen. Und wer für sich und andere was leistet, dem gönnt man einen Nachschlag.

Doch die Realität bei anderen Unternehmen sieht nicht so rosig aus. Die Vergütungen von Europas Konzernchefs steigen und steigen. Nach einer Studie des "Manager-Magazins" - das gewiß nicht im Verdacht der Wirtschaftsfeindlichkeit steht - schneiden die deutschen Unternehmen im Vergleich mit ihren europäischen Nachbarn in puncto Rentabilität nach wie vor nur mäßig ab. Und trotzdem langen deren Chefs weiter ungeniert zu. So ist die Vergütung der Dax-Vorstände im vergangenen Jahr um 15 Prozent angestiegen; mittlerweile kassieren die Führungsgremien im Schnitt fast 16 Millionen Euro - pro Jahr. Seit dem 1. Januar 2007 sind alle börsennotierten Unternehmen verpflichtet, die Gehälter ihrer Vorstände offen zu legen. Wird dies zu weniger Gier in den Chefetagen führen?

Eine Studie der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität kommt zu einem anderen Schluß. Die Gehälter würden durch die Offenlegung eher noch steigen. Denn nicht so gut bezahlte Vorstände fühlten sich dann "unterbezahlt" und würden Aufschläge fordern. In den angelsächsischen Ländern sei dies jedenfalls die Folge der Pflicht zur Offenlegung gewesen.

Die Bevölkerung denkt nicht anders. Dieses Land hat bekanntlich eine "Geiz-ist-geil"-Mentalität entwickelt und verfügt weltweit über die höchste Professionalität, Discount-Konzepte im Handel zu entwickeln. Bei den geschätzten 15 bis 20 Millionen Euro, die Josef Ackermann von der "Deutschen Bank" verdient, fällt es schwer, nicht neidisch zu werden. "Letztlich vollzieht sich auf Management-Ebene nur eine Entwicklung innerhalb der Globalisierung, wie es sie im Sport schon etwas länger gibt - nur dort scheint der Neid der Massen nicht so groß zu sein, denn im Unterschied zu den Managern, sind es die Sportler, die das Volk unterhalten", sagt der Lindauer Unternehmensberater Michael Sander. "Wer hat nicht einem Boris Becker bei seinen Wimbledon-Siegen oder Matches gegen Andre Agassi die Daumen gedrückt? Wer hat nicht Michael Schuhmacher fasziniert bei seinen Weltmeisterschaften zugeschaut? Im Gegensatz zum Management bekommt das Volk von seinen Stars die perfekte Unterhaltung geboten, so daß die Preisentwicklung bei den Sportlern nicht zur Neidentwicklung bei den Zuschauern geführt hat."

Bei den Managern stellt sich die Situation anders dar. Deren Preisentwicklung ist durch die USA getrieben. Da dort die Manager-Gehälter explodiert sind, müssen die Bezüge auch bei den deutschen Dax-Unternehmen steigen, da auch der Markt der Führungskräfte der globalen Preisbildung unterliegt. "Schwer einzusehen ist allerdings, daß viele Super-Stars im Management horrende Gehälter kassieren und dann nicht dafür sorgen, daß ihre Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben oder den Shareholder-Value (Börsenwert des Unternehmens) erhöhen", meint Sander. Hier sei die Entwicklung aus dem Ruder gelaufen, da es zu den explodierenden Gehältern kein natürliches Korrektiv mehr gebe. Das Wesen eines Managers ist das eines Angestellten, da er kein eigenkapitalbasiertes Risiko trägt. Der Unternehmer hingegen muß mit seinem eigenen Vermögen für sein Handeln haften: "Ein derartig wirksames Korrektiv gibt es auch bei den Superstars im Management nicht. Die Abfindungen sind bereits vertraglich festgeschrieben, so daß kein Superstar am Ende vor dem finanziellen Ruin steht."

Eigentlich müßten daher die Aktionäre der Global Players das Korrektiv bilden. In extrem vielen Fällen handelt es sich dabei allerdings um Pensionsfonds, die auch wiederum von Managern, den Super-Stars im Finanzmanagement, geführt werden. Diese partizipieren am möglichen Erfolg der Global Players. Warum sollte also ein Super-Star im Finanzmanagement seinem Super-Star im Unternehmensmanagement nicht das gleiche horrende Gehalt gönnen, wenn es ihm den Erfolg seines Fonds sichern hilft? Erst wenn das gesamte System, sowohl im Unternehmensmanagement als auch im Finanzmanagement zu derart obszönen Ergebnissen führt, daß das "Volk" aufbegehrt, dann ist eine Änderung zu erwarten. Fälle wie "Enron" oder "Worldcom" haben gezeigt, daß dies nicht nur graue Theorie sein muß.

Neben den schwarzen Schafen gibt es auch die Unternehmen wie "Porsche", "SAP" oder "Fresenius Medical Care", die durch hervorragendes und hochbezahltes Management sowohl den Unternehmenswert gesteigert, als auch durch eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit Arbeitsplätze in Deutschland gesichert haben. Doch wer seinen eigenen Mitarbeitern Lohnzurückhaltung ans Herz legt und Maßhalten bei der nächsten Tarifrunde empfiehlt, sollte mit gutem Beispiel vorangehen und die eigene Brieftasche nicht zu voll stopfen.


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