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06.01.07 / Ein Jahr des Energienationalismus / Russischer Monopolist "Gasprom" bringt ehemalige Partner unter Kontrolle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-07 vom 06. Januar 2007

Ein Jahr des Energienationalismus
Russischer Monopolist "Gasprom" bringt ehemalige Partner unter Kontrolle
von M. Rosenthal-Kappi

Gasprom" hat seine Ankündigung, 2007 die Gaspreise drastisch zu erhöhen, wahr gemacht. Obwohl es in den vergangenen Wochen zu Protesten und Drohungen aus Weißrußland gekommen ist, die zur Abkühlung der sonst betont partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Rußland und Weißrußland führten, blieb eine Wiederholung der befürchteten Machtdemonstration wie vor einem Jahr - die zur Abschaltung der Ukraine vom Gasnetz und zu Lieferengpässen an westliche Abnehmer führte - aus. Der Gasstreit löste auch keine aufgeregten Reaktionen im Ausland aus wie damals, als der Westen zur Ukraine hielt und Druck auf Moskau ausübte. Weißrußlands Rechnung, Unterstützung von dieser Seite zu erfahren, ging nicht auf. Das Ansehen des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, der sein Land in despotischer Manier regiert, ist zu gering. Weißrußland gab schließlich nach und willigte ein, künftig einen Gaspreis von 100 Dollar statt bisher 49 für tausend Kubikmeter Gas zu akzeptieren. Nicht ohne Grund ging Weißrußland Kompromisse ein, denn das Land könnte seine Energieversorgung ohne russisches Gas höchstens für 14 Tage aufrecht erhalten.

"Gasprom"-Chef Alexej Miller erklärte, man habe Weißrußland immer noch bessere Konditionen als anderen GUS-Staaten zugebilligt. Weil Weißrußland aufgrund seiner ohnehin von Rußland abhängigen, energieintensiven Wirtschaft den geforderten Preis nicht zahlen kann, erhält "Gasprom" die Kontrolle über die Hälfte der Aktien des strategisch wichtigen Pipeline-Betreibers "Beltransgas", für die Rußland über vier Jahre verteilt jeweils 2,5 Milliarden Dollar zahlen wird. Weißrußland wird zunächst etwa 70 Prozent bar und 30 Prozent in "Beltransgas"-Aktien zahlen. Bis 2011 soll der Gaspreis sowohl in Weißrußland, allen früheren Sowjetrepubliken als auch in Rußland selbst stufenweise dem europäischen Niveau zu Weltmarktpreisen angepaßt werden, wie es die WTO von Rußland gefordert hatte.

So entstünde für alle gasimportierenden Länder eine nachvollziehbarere, transparentere Gaspreispolitik, die dem Marktpreis für Ölprodukte unterworfen sein wird, so "Gasprom".

Die russisch-weißrussischen Beziehungen waren unter Präsident Lukaschenko immer schwierig; schon vor Jahren versuchte Rußland den Freundschaftspreis für Energie zu erhöhen, doch Lukaschenko lehnte stets ab, da Weißrußland einen lukrativen Wirtschaftszweig, durch den Weiterverkauf von billig eingekaufter Energie zu teuren Preisen, verlöre. Die weißrussische Wirtschaft hatte mit russischer Hilfe einen Boom mit Wachstumsraten von neun Prozent (2005) erreicht. Nun ist Weißrußland zu einschneidenden Reformen gezwungen, die den Sympathiewerten Alexander Lukaschenkos nicht förderlich sein dürften.

Tatsächlich ist die Begründung Millers, vergleichbare Bedingungen für alle Gasimporteure schaffen zu wollen, eine vordergründige. In den vergangenen Jahren hat Rußland mittels der Staats-Konzerne "Gasprom" und "Rosneft" die wichtigsten Exportgüter Rußlands, Öl und Gas, wieder unter seine Kontrolle gebracht, sie vor dem Ausverkauf durch Oligarchen und ausländische Investoren gerettet und dabei seinen Geltungsanspruch als Großmacht wieder ausgebaut.

Nicht nur europäische Länder, sondern auch fast alle ehemaligen Sowjetstaaten sind auf Gaslieferungen aus Rußland angewiesen. Die Ukraine bezieht den größten Teil ihres Gases aus Rußland und zahlt inzwischen 130 Dollar pro tausend Kubikmeter Gas. 80 Prozent des Transits für Europa gehen durch die Ukraine. Weißrußland ist die Schlüsselroute für Gaslieferungen nach Polen und Deutschland. Georgien ist vollständig auf Gas aus Rußland angewiesen, Aserbaidschan hat zwar eigene Öl- und Gasfelder am Kaspischen Meer entdeckt, muß aber dennoch auch 2007 noch 2,5 Milliarden Kubikmeter Gas aus Rußland beziehen.

Die Pipeline durch die Ostsee scheint aufgrund der Durchleitungsprobleme für Rußland unausweichlich. Von ihrem Bau profitiert besonders Deutschland. Stoff für zukünftige Konflikte beschert die Situation Polens, das seine Gaslieferungen über Weißrußland erhält.

Wegen der Ostseepipeline verschlechterten sich bereits die polnischen Beziehungen zu Deutschland und Rußland.


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