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13.01.07 / "Moment mal!" / Teures Vormachtstreben - "Gender Mainstreaming"

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-07 vom 13. Januar 2007

"Moment mal!"
Teures Vormachtstreben - "Gender Mainstreaming"
von Klaus Rainer Röhl

Was ist "Gender Mainstreaming"? Ein ziemlich gefährliches Menschenexperiment, von dem niemand im breiten Publikum etwas weiß. Noch unter der rot-grünen Regierung im Familienministerium entwickelt, wird es jetzt, wie der "Spiegel" in seiner letzten Ausgabe beschreibt, auch unter der neuen Ministerin Ursula von der Leyen, weiter vorangetrieben. Mit enormen Steuergeldern. Inzwischen dämmert es einigen in der CDU/CSU, darunter dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bosbach, daß das Projekt "Gender Mainstreaming" wohl kaum mit dem Programm der christlich-konservativen Partei zu vereinbaren ist. Was verbirgt sich unter diesem seltsamen englischen Begriff? Das hat eine lange Vorgeschichte. Ende der 60er Jahre gründete Alice Schwarzer nach dem Vorbild der USA die erste deutsche Frauenbewegung der Nachkriegszeit und bekämpfte fortan nicht so sehr die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, sondern die Ausbeutung der Frau durch den Mann. Feministinnen nannten sich die ersten Kämpferinnen seitdem oder Bewegungsfrauen, und ihre Bewegung erwies sich als zählebiger und erfolgreicher als selbst der "Marsch durch die Institutionen". Die Studentin, die einst mit schriller Stimme und wilden Aktionen die Männer erschrecken und abschrecken wollte, ist heute wie früher Inge Meysel als Muttchen der Nation in verschiedensten Gremien und Fernsehsendungen unverzichtbar. Sie sitzt in der Jury von Schlagerfestivals oder sucht zusammen mit Dieter Bohlen den Superstar oder die größten Deutschen, macht mal bei Ratespielen mit und mal beim Aufstand der Anständigen.

Die ehemals radikale Kritikerin der männerbeherrschten Gesellschaft Alice Schwarzer, die mit ihrer Zeitschrift "Emma" nie große Auflagen erreichte, dafür aber die Millionen-Auflage des "Stern" für ihre Aktion "Ich habe abgetrieben" nutzte und den deutschen Frauen endgültig etwa noch bestehende Bedenken bei der Tötung ungeborener Kinder ein für allemal austrieb, ist nicht nur die milde Mathilde, als die sie sich den Fernseh-Zuschauern von heute darstellt. Sie ist auch das, was die Amerikaner "tough" nennen, hart im Nehmen.

Schwarzer hat die Gleichberechtigung der Frau in Deutschland erkämpft und durchgesetzt und etwa 40000 vollzeitangestellte oder teilzeitbeschäftigte Frauenbeauftragte in Lohn und Brot gesetzt.

Amazonenland ist neues Land. Alice Schwarzer betrat das neue, unbekannte Land der Frauenvormacht selber übrigens nie. Ihr Ziel blieb die Gleichstellung der Frau. Sie weiß die Gleichberechtigung, für die sie ein Leben lang gekämpft hat, in trockenen Tüchern. Amazonenmacht aber, das heißt nicht Gleichberechtigung, das heißt Vormacht, Übermacht. Und die treiben andere voran. Sie wirken lieber im Stillen und drohen auch nicht mit dem lächerlichen männerfeindlichen Hackebeilchen, das als skythische oder eben amazonische Doppelaxt durch die frühen feministischen Kastrations-Phantasien geisterte und auch als Silberschmuck um den Hals getragen wurde, alternierend zu der ebenfalls anzüglichen silbernen Rasierklinge. Vorbei, verweht, vergessen. Die Anhängerinnen der Frauen-Vormacht gingen auch auf den Langen Marsch, überall auf der Welt. Erst einmal tauchten sie unter. Bis 1985.

Nairobi. 3. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen. Auf dieser Konferenz wird erstmals eine neue Strategie vorgestellt mit dem Namen Gender Mainstreaming. Der Begriff kam so sang- und klanglos und selbst für Engländer oder Amerikaner unverständlich daher, daß niemand davon Notiz nahm, obwohl jeder Mann und jede Frau gemeint war.

Gender ist der englische Begriff für "Geschlecht". Er meint das grammatische Geschlecht eines Wortes, aber auch das biologische Geschlecht eines Menschen. Seit Nairobi ist dieser Begriff jedoch mit einem neuen Inhalt besetzt. Gender bedeutet jetzt, nach einer Broschüre des deutschen Familienministeriums vom Sommer 2002, "die gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechtsrollen von Frauen und Männern. Diese sind - anders als das biologische Geschlecht - erlernt und damit auch veränderbar."(!) Aha. Ändere die Welt, sie braucht es. Sogar die 68er nannten das schon selbstkritisch Herumfummeln am Sozialisationsprozeß. Wollen wir das? Wer das nicht will, dem geht's mit dem nächsten Wort an den Kragen:

Mainstreaming, also Hauptströmung, bezeichnet eigentlich einen bestimmenden Trend, in diesem Fall kann es aber auch einen Zwang bedeuten. In der wunderschön einfachen Sprache des Frauenministeriums ist Gender Mainstreaming, "daß eine inhaltliche Vorgabe, die bisher nicht das Handeln bestimmt hat, nun zum zentralen Bestandteil bei allen Entscheidungen und Prozessen gemacht wird". Basta. Wußten Sie das? Sind Sie gendermäßig schon richtig eingestellt, oder müssen Sie noch nachbessern? Da hilft Ihnen eine Broschüre - und allmählich werden wir mit dem Wort vertraut und hören alle Nachtigallen unüberhörbar trapsen:

"Gender Mainstreaming ist damit ein Auftrag (Fettdruck vom Familienministerium) an die Spitze einer Verwaltung, einer Organisation, eines Unternehmens und an alle Beschäftigten, die unterschiedlichen Interessen und Lebenssituationen von Frauen und Männern in der Struktur, in der Gestaltung von Prozessen und Arbeitsabläufen, in den Ergebnissen und Produkten, in der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, in der Steuerung (Controlling) von vorne herein zu berücksichtigen, um das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern effektiv verwirklichen zu können".

Also Gleichstellung durch Kontrolle. Wer aber erteilte da einen "Auftrag" - von wem wurde er abgesegnet? Und wie kam es zu dem Auftrag? Wie kam er ins Familienministerium? Das ist auch eine lange Geschichte. Grob verkürzt, gingen unsere energischen Mädels so vor: Internationale Konferenzen (nach Nairobi 1985 kam Peking 1995) von Frauenrechtlerinnen. Verabschiedung von Papieren - Annahme der Papiere in internationalen Gremien und schließlich Einbringung in die Gesetzgebung der Länder. Die Konferenz in Peking beschloß "die Verpflichtung, ein Konzept zur Implementierung (!) von Gender Mainstreaming zu entwickeln". Schon 1994 war das Gender Mainstreaming-Konzept im Europarat "implementiert". Durch Einsetzung eines Lenkungsausschusses, der bis heute direkt beim Ministerkomitee angesiedelt ist. Man verliert keine Zeit. Schon beginnt die Arbeit in den einzelnen Ländern. Schweden macht den Anfang. Dort wird Gender Mainstreaming "auf nationaler, regionaler und kommunaler Politikebene" umgesetzt. 1995 Resolution der Generalversammlung der UN Nr. 52/100. Die Europäische Union verpflichtet sich 1996 auf Gender Mainstreaming, und im selben Jahr werden in Norwegen die Staatssekretäre der Ministerien zuständig für die Durchführung von Gender Mainstreaming. Das Tempo ist atemberaubend. 1997 das Europäische Parlament. 1998 die Europäische Kommission. Im gleichen Jahr Umsetzung in den Niederlanden und Finnland.

1998 sind wir auch in Deutschland angelangt: Die ÖTV beschließt, Gender Mainstreaming in die Tarifarbeit umzusetzen und stellt eine "Genderbeauftragte" im Tarifsekretariat ein. Besoldung nach Tarif. Die Landesregierung Niedersachsen beschließt unter der grün-roten Koalition: "Das gesamte Kabinett wird umfassend zu Gender Mainstreaming geschult."

Gender Mainstreaming im Amsterdamer Vertrag 1999, im Bundeskabinett. Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien vom 26. Juli 2000 schreibt Gender Mainstreaming als Leitprinzip fest. Es folgen zahlreiche Landesregierungen.

Vorläufiger Höhepunkt: Als erste Gewerkschaft verankert ver.di Gender Mainstreaming 2001 als Aufgabe in der Satzung (§ 5) und setzt ein Mann/Frau-Team als Genderbeauftragte beim Bundesvorstand ein. 2001 Einweihung des Gender-Instituts GISA in Sachsen-Anhalt. Dann wurde die SPD-PDS-Regierung abgewählt. Wie die Regierungen in Niedersachsen und Hamburg. Die Genderbeauftragten blieben.

Gender Mainstreaming, wird immer wieder betont, soll die bestehenden Diskriminierungen von Frauen aufheben, aber auch die von Männern! Was in der Praxis bedeutet, daß Männer endlich (!) auch Frisösen werden können oder Krankenschwestern und Hebammen. Während Frauen da, wo es wirklich um die Wurst geht, um Hunderttausende Arbeitsplätze bei Behörden, Universitäten, Bibliotheken und Schulen, auf lange Zeit noch bei Beförderungen und Einstellungen bevorzugt werden sollen, soweit es irgend machbar, das heißt vertretbar, ist. Da fliegen die Fetzen, da ist Willkür nicht auszuschließen. Die Genderwelt ist eine kleine, finanziell gut ausgestattete Welt für sich, jenseits der Realität, die heute vom Bundesfamilienministerium und den Ländern bis zu den Landkreisen reicht und in die Bezirksämter und schließlich in die Rathäuser Einzug gehalten hat, in aller Stille. Gender Mainstreaming ist auf lange Sicht angelegt. Als die Regierung Schröder schon längst den Langen Marsch in den wohlverdienten Ruhestand angetreten hat, brauste der Amazonen-Mainstream erst richtig los. Im Bundesfamilienministerium wird, wie der "Spiegel" in seiner ersten Januar-Ausgabe berichtete, auch in der Großen Koalition das Gender-Netzwerk weiter ausgebaut. Erst langsam erkennt die Union, was da mit viel Steuergeldern betrieben wird.

Foto: Pfiffige Plakatidee: Wien macht spielerisch auf das Thema aufmerksam. (Stadt Wien)


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