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27.01.07 / Rote Pusteln überall / Kinderkrankheiten und ihre Folgen bei kleinen wie großen Patienten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-07 vom 27. Januar 2007

Rote Pusteln überall
Kinderkrankheiten und ihre Folgen bei kleinen wie großen Patienten
von Silke Osman

Felix fühlt sich hundsmiserabel. Er ist schlapp und hat zu nichts Lust. Selbst sein neues rotes Auto, das er gerade zu seinem vierten Geburtstag bekommen hat, kann ihn nicht aufmuntern. Auch seine Mutter ist besorgt. Der Junge hat hohes Fieber und außerdem hat sie an seinem Arm rötliche Flecken entdeckt. Felix ist immer wieder dabei, an ihnen zu kratzen. Nur mit Mühe kann sie den Jungen davon abhalten. Und wenn es Windpocken sind? Dann kann es häßliche Narben geben.

Der Kinderarzt bestätigt ihren Verdacht. "Hätten Sie den Jungen nur impfen lassen", sagt er. "Seit August 2004 wird die Windpocken-Schutzimpfung von der STIKO, der ,Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts', für alle Kinder und Jugendlichen dringend empfohlen."

Martin ist aus diesem jugendlichen Alter längst heraus. Doch auch ihn hat's erwischt. Er fühlt sich abgeschlagen und schlapp. Schlafen, nur schlafen, denkt er und kann selbst bei einem Konzert die Augen nicht offenhalten. Als er schließlich vom Fieber gequält seinen Hausarzt aufsucht, weiß der auch keinen Rat. Die Pusteln, nun ja, eine Allergie, vielleicht. Er gibt ihm Antibiotika. Das Fieber werde sich schon geben.

Nach einigen Tagen, Martin hat keine Besserung feststellen können, geht der 40jährige schließlich zum Hautarzt. "Windpocken" ist die prompte Diagnose. Bei einem Erwachsenen kein Pappenstiel, denn schließlich kann diese Kinderkrankheit in seltenen Fällen Entzündungen des Gehirns, der Lungen, des Mittelohrs oder des Herzmuskels zur Folge haben. In der Schwangerschaft kann es beim Kind zu Augenmißbildungen und krankhaften Veränderungen des Gehirns kommen. Da die auslösenden Viren im Körper bleiben, kann man später einmal an der sehr schmerzhaften Gürtelrose erkranken.

Kinderkrankheiten bei Erwachsenen sind gemeinhin nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Zum einen verlaufen sie meist schwerer als bei Kindern, zum anderen können die Folgeschäden erheblich sein. Auch ist die Gefahr groß, daß Erwachsene eventuell ihre ungeborenen oder neugeborenen Kinder infizieren.

In der Regel erkrankt der Mensch nur einmal im Leben an den sogenannten typischen Kinderkrankheiten Masern, Mumps, Röteln, Keuchhusten und Windpocken. Und hat man sie einmal gehabt, ist man immun. Auch eine Impfung kann helfen. Und doch erkranken neuerdings immer mehr Jugendliche und Erwachsene an Kinderkrankheiten. Das mag zum einen daran liegen, daß eine allgemeine Impfmüdigkeit zu beobachten ist, zum anderen stecken

sich die ungeimpften Kinder heutzutage nicht mehr so leicht an, weil sie in kleinen Familien ohne Geschwister aufwachsen, der Zeitpunkt der Ansteckung sich also immer weiter nach hinten verschiebt. Vor einiger Zeit machten Eltern Schlagzeilen, die ihre Kinder zu sogenannten "Masern-Partys" schleppten. Ein Kind war an Masern erkrankt und die anderen sollten sich so schnell wie möglich anstecken, damit dann ein für alle Mal Ruhe wäre ...

Ein Erwachsener kann eine Kinderkrankheit nur dann bekommen, wenn er sie als Kind nicht durchgemacht hat und er keinen Impfschutz besitzt. Doch Impfung allein hilft oft auch nicht. Wenn sich nicht genügend Antikörper gebildet haben, können auch Geimpfte erkranken. Deshalb wird bei der Masern-Mumps-Röteln-Impfung eine zweite vorgenommen, um ganz sicher zu gehen.

"Nach der Entdeckung der Antibiotika schien für eine kurze Zeit der Sieg über alle Infektionskrankheiten möglich", erläutert Dr. med. Marianne Koch das Problem. "Heute wissen wir, daß wir davon weiter denn je entfernt sind und daß die Menschen sich auch in Zukunft gegen Bakterien, Pilze und vor allem gegen Viren zur Wehr setzen müssen."

Impfen ja oder nein? Die Meinungen gehen da auseinander. Marianne Koch: "Mediziner haben genaue Statistiken über die Gefährlichkeit verschiedener Krankheiten angelegt und sind der Ansicht, daß eine Impfung die bessere und sicherere Alternative ist, wenn bleibende Schäden oder sogar der Tod drohen. Sicher bedeutet, daß die Wahrscheinlichkeit, Schäden zu erleiden, bei der Impfung um ein Vielfaches geringer ist, als wenn die Krankheit selbst zuschlägt. Nur dann wird ein Impfstoff überhaupt zugelassen. Bei so schrecklichen Krankheiten wie Pocken oder Kinderlähmung ist das leicht verständlich. Bei anderen Erkrankungen, wie Masern oder Keuchhusten zum Beispiel, scheint die Situation nicht so klar zu sein. Dabei sind es gerade die vermeintlich harmlosen Masern, die oft zu schweren Komplikationen wie Mittelohrentzündung oder Entzündung des Gehirns führen können." Während bei Kleinkindern, die an Masern erkranken, auf 10000 eine Gehirnentzündung kommt, tritt sie bei Jugendlichen und Erwachsenen bei einem von 500 Infizierten auf.

Felix und Martin sind übrigens von ihrer Windpockenerkrankung wieder genesen - ohne schwerwiegende Folgen ...


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