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03.02.07 / Haß in den Augen / Die CDU-Brandenburg ist wieder, wo sie einst war: Im Keller der Zwistigkeiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-07 vom 03. Februar 2007

Haß in den Augen
Die CDU-Brandenburg ist wieder, wo sie einst war: Im Keller der Zwistigkeiten
von Markus Schleusener

Der Moment, als Sven Petke den neuen CDU-Landesvorsitzenden Ulrich Junghanns beglückwünscht, ist trügerisch. Es sieht nach Aussöhnung aus. Petke hatte schließlich davon gesprochen, daß es notwendig sei, "verzeihen zu können". Verzeihen können - das hatte auch Jörg Schönbohm vor dem Parteitag vergangenes Wochenende in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" gefordert.

Doch der Graben, der die märkische Union teilt, scheint nach dem Delegiertentreffen in Frankfurt/Oder tiefer denn je. Nach der hauchdünnen Wahl des Vorsitzenden lassen die unterlegenen Petke-Leute einen Junghanns-Mann als Generalsekretär kläglich durchfallen. Junghanns verliert daraufhin die Fassung und brüllt einem Teil der Delegierten zu: "Ich sehe den Haß in Ihren Augen!" Ein fataler Fehler. Der restliche Vorstand wird daraufhin mit Leuten gespickt, die fast alle dem Petke-Lager zuzurechnen sind.

Schon der scheinbar harmonische Auftakt des Parteitages erwies sich als Makulatur. Die Kanzlerin hat ihren Vortrag gehalten, und alle rund 230 Delegierten haben ruhig zugehört und spendeten soliden Applaus.

Angela Merkel fordert: "Erst das Land, dann die Partei, dann die Person." Das bezieht sich auf den Streit zwischen den beiden Kandidaten, den sie sonst mit keiner Silbe erwähnt. Genausowenig wie ihren eigenen Versuch, Vorsitzende der Brandenburger CDU zu werden.

1991 ging es um sie oder Ulf Fink. Die Parteitagsdelegierten wählten damals lieber den beinahe unbekannten West-Berliner, weil er sich als unabhängiger Kandidat präsentiert hatte. Merkel dagegen sei "eine Kandidatin von oben", so stellte es das Fink-Lager damals dar. Da nützte dann auch der gesamte Einfluß von Kanzler Helmut Kohl nichts. Im Gegenteil.

Jörg Schönbohm bringt Angela Merkel zur Tür und hält seine letzte Rede als Landesvorsitzender. Die Umstände haben ihn zu einem Rückzug auf Raten verurteilt - kein beneidenswertes Schicksal. Er will als Minister noch bis 2009 amtieren. "Ich verschwinde nicht von der Bildfläche", versichert er.

Bevor Schönbohm den Verband 1999 übernahm, war die CDU ein lahmer Haufen, zerstritten, ohne Leute mit Charisma. Dann kam er und brach die absolute SPD-Mehrheit. "Stolz" ist das meistgebrauchte Wort in seiner Abschiedsrede. "Damals", erinnert Schönbohm, "erklärte Manfred Stolpe, sein Land sei stolz auf das Etikett ‚Kleine DDR'." Das sei heute undenkbar.

"Wir müssen wieder werden, was wir waren, nämlich ein schlagkräftiger Kampfverband", fordert der scheidende Vorsitzende. Werden, was wir waren. Das ist die Partei in der Tat. Allerdings nicht im Sinne Schönbohms. Die Partei ist wieder da, wo sie vor Schönbohm war: im dunklen Keller innerer Zwistigkeiten.

Nach dem Abschied der Kanzlerin offenbarte sich schnell die aufgeheizte Atmosphäre: Schönbohm legt sich mächtig ins Zeug für Ulrich Junghanns. Der 50jährige Wirtschaftsminister ist sein Wunschkandidat. Seinem früheren Generalsekretär Sven Petke und dessen Anhängern unterstellt er hingegen, Informationen an den "Spiegel" weitergegeben zu haben. "Das Gift des Mißtrauens ist das schwierigste überhaupt. Schluß damit."

Als Generalsekretär gerade erst gefeuert, gehört Petke dem Vorstand bereits nicht mehr an, darf zu Parteitagsbeginn also schon nicht mehr auf der Bühne Platz nehmen. Der 39jährige muß seine Bataillone so von seinem Delegiertenplatz aus dirigieren. Jede Stimme zählt. Die Parteitagsregisseure haben Petke und seine Kreisverbände im hinteren Teil des Versammlungssaales plaziert. Auch seine Frau, die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche, rennt im Saal herum und wirbt für ihren Mann.

In der Pause tummeln sich draußen die Delegierten. Sie sind in zwei gleichgroße Anhängerschaften gespalten. Eine ältere Delegierte am Würstchenstand lobt die harten Worte Schönbohms gegenüber den Petke-Leuten: "Denen hat er es gezeigt." So reden sie hier sonst über die SPD oder die Grünen. Doch auch die Petke-Leute sind unerbittlich. Ein Ortsvorsitzender aus der Uckermark erklärt trotzig: "Die alten Seilschaften dürfen sich nicht durchsetzen. Die haben die E-Mail-Affäre doch selbst angeleiert, um Petke zu schaden." Alte Seilschaften - dieses Wort ist auf Junghanns gemünzt, der letzter Vorsitzender der "Bauernpartei" war, einer SED-hörigen Blockpartei.

Dann endlich die Entscheidung. Das Petke- und das Junghanns-Lager sind fast gleichgroß: 112 Stimmen für Junghanns, 110 für Petke, eine Neinstimme und drei Enthaltungen. Nach CDU-Lesart reicht es damit für Junghanns.

Die Schlüsselszene aber ist der Moment kurz vor der Bekanntgabe des knappen Ergebnisses: Unmittelbar vorher hatte ein Merkel-Vertrauter aus der CDU-Bundesgeschäftsstelle neben Junghanns Platz genommen. Als sich auch die Fotografen vor Junghanns (statt vor Petke) aufbauten, sagt er: "Die Presse hat wohl schon entschieden, wer gewählt ist." Und ein Fotograf lacht: "Ja, wir haben entschieden." Darauf der Abgesandte der Parteichefin: "Und ihr habt richtig entschieden."

Als das Wahlergebnis da ist, tippt er nun sofort eine Nachricht an die Bundeskanzlerin auf sein Mobiltelefon. Angela Merkel kann sich freuen. Machtpolitisch ist sie jetzt schon mindestens so erfolgreich wie Helmut Kohl, dem sie ihre atemberaubende Karriere zu verdanken hat.

Foto: Abfällig bis angewiedert: Sven Petke (l.) und Ulrich Junghanns bleiben unerbittliche Gegner im Kampf um die Führung der CDU.


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