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10.02.07 / Noch etwas älter als die Bundesrepublik / Das Tarifvertragsgesetz bietet dem Staat die Möglichkeit, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-07 vom 10. Februar 2007

Noch etwas älter als die Bundesrepublik
Das Tarifvertragsgesetz bietet dem Staat die Möglichkeit, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären
von Manuel Ruoff

Die Grundlage des bundesdeutschen Tarifrechts in Form des Tarifvertragsgesetzes ist noch etwas älter als die Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz stammt nämlich vom 9. April 1949 und gilt zur Zeit in der Fassung vom Herbst letzten Jahres.

Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können. Geschlossen wird der Vertrag zwischen Gewerkschaften auf der einen Seite sowie Arbeitgebervereinigungen oder auch nur einzelnen Arbeitgebern auf der anderen. An den Vertrag gebunden sind die Mitglieder der Gewerkschaften und der Arbeitgebervereinigungen sowie gegebenenfalls besagte einzelne Arbeitgeber, die den Vertrag unterzeichnet haben. Die Tarifgebundenheit endet mit der Gültigkeitsdauer des Vertrages. Um allerdings für die Zeit danach ein Rechtsvakuum zu verhindern, gelten die Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine neue Abmachung ersetzt werden.

Insoweit die Tarifverträge - wie beschrieben - nur für die Tarifparteien beziehungsweise deren Mitglieder verbindlich sind, entspricht das bundesdeutsche Tarifrecht klassischem bürgerlichen Recht. Die Bundesrepublik Deutschland ist jedoch nicht nur ein Rechtsstaat, sondern auch ein Sozialstaat, und in dieser Eigenschaft nimmt beziehungsweise gibt sie sich das Recht, den Kreis der durch den Vertrag Gebundenen über den Kreis der Vertragsparteien und deren Mitglieder hinaus zu erweitern. So kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuß auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich erklären, wenn entweder (1.) die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens die Hälfte der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und (2.) die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint oder aber die Allgemeinverbindlicherklärung zur Behebung eines sozialen Notstands erforderlich erscheint. Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Bevor der Staat einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt, muß er allerdings Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung geben. Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

Diese Bestimmungen für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung gelten analog für deren Aufhebung. Findet eine derartige explizite Aufhebung nicht statt, endet die Allgemeinverbindlichkeit mit dem Ablauf des Tarifvertrages.


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