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10.02.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-07 vom 10. Februar 2007

Verantwortung / Warum Südeuropäer dick sind, wie Angela Merkel unsere Jugend schlank erhält, und: Was wollte Merz eigentlich in der Politik?
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Es ist soweit: Nach den Rauchern sind jetzt die Schokoladenliebhaber dran. Das EU-Parlament fordert Werbebeschränkungen für Süßigkeiten. Da eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch Passivnaschen nicht nachgewiesen wurde, haben sich die Parlamentarier eine andere Opfergruppe ausgesucht, die vor dem Angriff der Kalorien zu schützen ist: die Kinder.

Daß die immer fetter werden, ist nicht von der klebrigen Hand zu weisen. Es hat den Anschein, als wollten die geburtenschwachen Jahrgänge ihre geringe Zahl durch Leibesfülle ausgleichen.

Wir sollten aber nicht alle Nachwuchseuropäer in einen Fleischtopf werfen. Bei der Betrachtung der Statistik zeigen sich nämlich gewichtige nationale Unterschiede. Besonders pummelig sind die kleinen Spanier, Portugiesen und Italiener. Kein Wunder: Dort essen die Leute den Tag über fast nichts, um dann mitten in der Nacht ganze Berge abzutragen, die während der anschließenden Bettruhe alle Zeit der Welt haben, Fettzellen zu bilden. Am allerdicksten sind die Malteserkinder. Auch das erstaunt nicht. Wohin soll man sich auf einer so kleinen Insel auch groß bewegen? Also sitzt man auf dem Felsen rum und frißt. Und wer wollte es den - ebenfalls überdurchschnittlich dicken - jungen Briten verdenken, daß sie sich vor der berüchtigten heimischen Küche in Hamburgerbuden und Pizzastände flüchten?

Vergleichsweise schlank hingegen sind die jungen Holländer, Dänen und Deutsche. Bei uns hat das mit schwarzem Brot und schwarzer Pädagogik zu tun. Die Jugendlichen sehen jeden Tag die Kanzlerin im Fernsehen. Da geht den Elfjährigen ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf: "Muß ich, wenn ich einmal so dick bin wie die, auch immer diese viel zu engen Hosenanzüge tragen?" Das ist es eben: Die Jugend braucht Vorbilder.

Wobei es ja auch eine Kulturfrage ist, ob Rundlichkeit als unschick oder attraktiv gilt. In orientalischen Ländern mag man Frauen, die ein wenig mehr herumtragen. Angela Merkel kam denn auch blendend an bei den Scheichs. Saudi-Arabiens König Abdullah konnte sich bei aller Herzerei eine kleine Gemeinheit aber doch nicht verkneifen: Was wollte er der Kanzlerin wohl mitteilen, als er ihr kleine Kamele geschenkt hat? Genau wissen wir nicht, was der freundliche Beduine damit sagen wollte. Bei uns jedenfalls gilt das Trampeltier nicht als Metapher kluger Weisheit, weshalb "Sie Kamel!" auch nicht als Kompliment gebraucht wird.

Na ja, wie dem auch sei. Frau Merkel bedankte sich artig und nahm die Kamele mit nach Berlin, wo zahlreiche Artgenossen auf die Tiere warteten, wenn man Friedrich Merz glauben darf.

Der einstige Chef der Unionsfraktion hat mit beträchtlicher Verzögerung eingesehen, daß er nicht reinpaßt in die Große Koalition. Schade? Wie man's nimmt. Irgendwie fehlte ihm was zum echten, zeitgemäßen Politiker; er mußte letztlich scheitern. Warum? Zunächst einmal war er stets beruflich unabhängig, hätte also schon früher jederzeit gehen können, ohne karrieremäßig auf der Nase zu landen. Angela Merkel dagegen würde in irgendeinem Physiker-Forschungsverließ versauern ohne die Politik. Das erst gibt ihr die richtige Klebkraft, deshalb war sie immer mit ganzem Hintern bei der Sache, und Merz nicht.

Der Sauerländer verstand ja noch nicht einmal die Sprache des Regierungsviertels und redete einfach deutsch mit den Leuten. Als die Parole ausgegeben wurde, man müsse das Steuersystem "konsequent überdenken und durchforsten" fing der arme Tropf tatsächlich an, konsequent zu denken und auszumisten. Das Ergebnis war die berüchtigte Idee einer radikal vereinfachten Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel paßt. Damit hatte sich Friedrich Merz disqualifiziert.

Er hätte wissen müssen, was seine Kollegen in Wahrheit vorhaben, wenn sie versprechen, etwas "konsequent zu überdenken": Gar nichts! Abgesehen von ein paar Flickschustereien vielleicht, damit man der Presse später verkünden kann, man sei "ein Stück weit" vorangekommen und "befinde sich auf dem richtigen Weg". Aber auf keinen Fall mehr!

Womit wir beim letzten, entscheidenden Webfehler des Friedrich Merz angekommen sind: Er hat eine Meinung, die er auch vertritt. Der Dussel redete bereits von "deutscher Leitkultur", als Multikulti noch die alleinige moralisch vertretbare Doktrin war. Mit Hochachtung denken wir da an die heutige Kanzlerin. Wenn die seinerzeit nach ihrer Position zum Begriff "Leitkultur" befragt wurde, spülte sie den Interviewer mit einer imponierenden Lawine nichtssagenden Gewäschs aus dem Zimmer. Und das kann sie immer noch. Oder kennt jemand die Positionen der Kanzlerin zu den Knackpunkten der Gesundheitsreform?

Wäre dieser Merz in der CDU wirklich ganz nach oben gelangt, hätte es gefährlich werden können. Er hätte die Union womöglich bis an den Rand der Wiedererkennbarkeit gedrängt. Merz ist zudem so einer, der unter "Verantwortung übernehmen" soviel versteht wie "Kopf hinhalten und notfalls zurücktreten". Das ist steinzeitlich.

Gerhard Schröder ist dagegen noch heute ein Meister der zeitgemäßen Verantwortlichkeit. Er übernehme im Fall Kurnaz die politische Verantwortung, donnert der Altkanzler. Schneidig, nicht wahr? Schröder übernimmt die politische Verantwortung, das flößt Respekt ein, zumal er gar keine politische Verantwortung mehr hat. Als er die noch hatte, ging der damalige Regierungschef sehr sensibel damit um.

Anfang August 2002 hielt Schröder in Goslar seine legendäre Rede, in der er sich ein für alle Mal gegen einen Krieg im Irak aussprach. Wie ein Reporter der "taz" später aufdeckte, wies der Kanzler danach die deutschen Geheimdienste sofort an, etwaige Infos über irakische Massenvernichtungswaffen bis zur Wahl nicht ans Kanzleramt weiterzuleiten, was sonst natürlich ihre Pflicht gewesen wäre. Wenn es zu irgendeiner Katastrophe mit irakischen Chemie- oder Biowaffen gekommen wäre, hätte Schröder auf "die Dienste" zeigen und die "Verantwortlichen dort, die die Gefahr nicht erkannt haben", ins Feuer schmeißen können. Er hätte ja von nichts gewußt. Raffiniert, was? So verteilt man Verantwortung. Auf andere - oder zumindest auf die Allgemeinheit: "Die moralische Verantwortung tragen wir alle!" Wie oft haben wir das schon gehört? "Moralische" Verantwortung ist noch billiger zu haben als "politische". Und wenn alle verantwortlich sind, ist es ohnehin keiner. Klingt aber toll und geht immer - "moralisch" und so.

Nirgends indes ist Verantwortung so umfassend und unübertroffen moralisch wie bei den Vereinten Nationen. Deshalb wird man auch an keinem Ort der Welt so viele korrupte Despoten oder ihre Abgesandten finden wie in der UN-Vollversammlung. Hier sind sie sicher. Und wenn es einmal eng wird für den einen oder anderen Spitzbuben unterm Staatspräsidentenhut, kommt schnell eine helfende Hand und verwischt die Blutflecken.

Auf der Pariser Unicef-Konferenz gegen das Unwesen von "Kindersoldaten" gingen einige Vertreter mit den Zuständen in Afrika derart hart ins Gericht, daß es dem einen oder anderen Regierungsvertreter vom schwarzen Kontinent beinähe hätte peinlich sein müssen. Fast wäre es wohl zum äußersten gekommen, jemand wäre aufgestanden und hätte an die Adresse der afrikanischen Regierungsgesandten gerichtet gefragt: "Ihr nennt euch Regierungen, tut so, als verträtet ihr eure Völker, kassiert dafür Entwicklungshilfe? Vielleicht geht ihr mal daran, mit dem Skandal der ,Kindersoldaten' aufzuräumen, statt das Geld für Waffen, Bestechung, teure Autos und Paläste zu verschleudern und hier rumzumähren!"

Bevor so etwas passieren konnte, stellte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy klar, daß ja nicht nur im Kongo, sondern auch an Militärschulen in Großbritannien und den USA junge Leute schon vor dem Erreichen der Volljährigkeit in die Nähe von Waffen gelassen würden. So fanden sich 17jährige US-Kadetten plötzlich in einer Reihe mit zwölfjährigen Totschlägern aus Sierra Leone. Danach konnten sich die afrikanischen Delegierten wieder sanft zurücklehnen und feststellen: "Moralisch gesehen tragen wir ja alle ..."


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