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17.02.07 / Auf eingefahrenen Gleisen / Die einstige Sex-Ikone der rebellierenden 68er Uschi Obermaier hat der Jugend von heute nichts zu sagen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-07 vom 17. Februar 2007

Auf eingefahrenen Gleisen
Die einstige Sex-Ikone der rebellierenden 68er Uschi Obermaier hat der Jugend von heute nichts zu sagen
von Rebecca Bellano

Kinder, wie die Zeit vergeht. Obwohl - nicht für alle. Derzeit tingeln Uschi Obermaier und Rainer Langhans durch die Medien und machen Werbung für den Film "Das wilde Leben", der die Geschichte des Skandalpärchens der 60er Jahre erzählt. Und wenn eines hierbei offen sichtlich wird, dann, daß die beiden Kommune-1-Bewohner noch nicht ganz in der Gegenwart angekommen sind.

Und so staunen die deutschen Fernseh- und Kinozuschauer sowie eigentlich auch alle Zeitungsleser - denn es gibt kaum eine Publikation, die das Thema derzeit nicht wiederbelebt - über den Langhans und die Obermaier. Sie, die einst gegen die "stockkonservative Gesellschaft" der Adenauer-Ära rebellierten, mit Drogenkonsum, freier Liebe und eigenwilligen politischen Aktionen die damaligen Regeln über den Haufen warfen, werden von den Heutigen neugierig beäugt wie putzige Tierchen im Zoo. Sie sind ein Relikt aus alten Tagen, und irgendwie ist das wirklich verdammt traurig, wie sich herausstellt, daß auch sie wie die von ihnen kritisierte Elterngeneration sind, denn auch sie fahren auf den in ihrer Jugend eingefahrenen Gleisen einfach weiter.

Ohne dies wahrzunehmen bedauert die 60jährige Uschi Obermaier in zahlreichen Interviews die Jugend von heute, weil sie so konservativ sei. Sie hingegen sei viel offener, und so plauderte sie dementsprechend frei im ZDF bei "Beckmann" über die Potenz ihres einstigen Geliebten Rainer Langhans.

Natalia Avelon hingegen, die in der Verfilmung das einstige Model Obermaier mimt, ist stolz auf ihre konservative Einstellung. Selbstbewußt betont die 26jährige wie wichtig ihr Familie sei. Die gebürtige Breslauerin ähnelt optisch der für ihr Alter äußerst gut aussehenden Sex-Ikone der 60er Jahre, doch im Rahmen der Werbung für den Film wurde immer deutlicher, daß die junge Frau die bodenständigere von beiden ist - auch wenn die Obermaier inzwischen festgestellt hat, daß auch sie sich für Dinge wie Kücheneinrichtungen begeistern kann.

Der heute ergraute Langhans und die esoterische Obermaier wollten neue Wege gehen, wurden aber offenbar nicht zum Vorbild folgender Generationen. Jugendsender parodieren das Leben der Obermaier mit ihren wechselnden, teils berühmten Liebhabern und stellen es als einfallslos dar. Auch wird der derzeitige Medienrummel kaum eine neue Begeisterungswelle für die freie Liebe aufleben lassen, denn die Schauspielerin Natalia Avelon ist mit ihrem Familienbewußtsein und der Sehnsucht nach festen Bindungen nicht allein, wie zahlreiche Umfragen deutschlandweit belegen.

Mit einem hat Uschi Obermaier aber recht: Es gibt keine Jugendbewegung wie beispielsweise in den 20er, 60er, 70er und 90er Jahren. Die jungen Menschen in Deutschland bewegen sich in kleinen, individualisierten Kreisen. Natürlich gibt es auch jetzt noch die Ökos, die Antifa-Kids, die stets mit dem Trend Gehenden, die Sportbegeisterten und die Musikfreunde, doch es sind immer nur kleine Interessenverbände, eine Jugendbewegung, gar aus studentischen Kreisen rekrutiert, ist nicht auszumachen.

Die Uschi und der Rainer sind ein Stück schillernder, einst provozierender deutscher Geschichte, die den jungen Menschen der Gegenwart nur noch ein müdes Lächeln abringen kann. Obwohl die heute in den USA als Schmuckdesignerin tätige Obermaier immer wieder betont, daß sie nie die Welt verändern wollte, so hat sie es doch tatsächlich getan.

Foto: Königlich amüsiert: Uschi Obermaier (rechts) mit Rainer Langhans und Natalia Avelon bei der Vorstellung des Films "Das wilde Leben"

 

Das Leben ist langweilig, oder?

APO-Queen", "Hippie-Ikone", "Deutschlands schönste Kommunardin" schwärmte man einst von Uschi Obermaier, dem Mädchen aus dem Münchner Vorort Sendling, das in Berlin gelandet war und fast so schön schmollen konnte wie Brigitte Bardot. Mit 14 hatte sie eine Lehre als Fotoretuscheurin gemacht, doch dann zog es sie weg aus dem "bürgerlichen Mief". Zuerst landete sie in Diskotheken, dann in den Betten von Musikern. Per Anhalter war sie nach Berlin gekommen und hatte dort in der legendären Kommune 1 eine Unterkunft gefunden. Wände gab's nicht, Matratzen, Geld und Joints waren Gemeineigentum, Partner wechselten häufig, man debattierte endlos über Selbstbefreiung und Systemkritik. Uschi verliebte sich in den Kommunarden Rainer Langhans. Doch Treue - was ist das? Aufregend war diese Zeit der freien Liebe, aber auch anstrengend und irgendwie wieder langweilig. Uschi lernte die Rolling Stones kennen, Mick Jagger und Keith Richards näher. Auch Jimi Hendrix. Partys, Drogen, Sex und eine Karriere als Fotomodell bestimmten ihr Leben. Uschi wurde zum Poster-Girl der 68er. Für Fotos der schönen Kommunardin, die mit Politik so gar nichts am Hut hatte, wurde viel Geld bezahlt, das in die Gemeinschaftskasse wanderte. Für die Hauptrolle in dem Streifen "Rote Sonne" bekam sie 20000 Mark, und die Kommune war um Kühlschrank und Fernseher reicher.

Der "Underground" ließ sich vermarkten und Uschis Gesicht war immer wieder einmal auf "Stern", "twen" und "Vogue" zu finden. Selbst Starfotografen wie Charles Wilp und Helmut Newton arbeiteten mit ihr. Als Uschi ganz oben war, langweilte sie sich wieder - und lernte ihre große Liebe kennen, den Kiez-König Dieter Bockhorn. Mit ihm ging sie auf eine jahrelange Weltreise und heiratete ihn in Indien, wo sonst?

1979 war Bockhorn pleite und drogensüchtig. 1983 starb er bei einem Motorradunfall in Kalifornien - und die Obermaier stand vor dem Nichts. (SiS)


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