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17.02.07 / Keineswegs einfach / Marion Gräfin Dönhoff privat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-07 vom 17. Februar 2007

Keineswegs einfach
Marion Gräfin Dönhoff privat

Marion Gräfin Dönhoff ist sicherlich so manchem Leser ein Begriff. Als eine der größten Journalistinnen des 20. Jahrhunderts bediente sie nicht lediglich die Medien, sondern schrieb und bewahrte sich als charakterstarke Frau von großer Integrität stets ihre eigene Meinung.

Ob als Ostpreußin, die den Verlust der Heimat akzeptierte, oder später als Chefredakteurin der Wochenzeitung "Die Zeit", sie blieb immer sich selbst und ihren Idealen treu.

In dem Buch "Marion Gräfin Dönhoff - Wie Freunde und Weggefährten sie erlebten" versucht Dieter Buhl anhand von 28 Interviews mit Personen von drei Kontinenten, dem Leser einen Teil ihres komplexen Charakters und Wesens zu offenbaren.

So widerlegt ihr Neffe Friedrich Dönhoff das naheliegende Vorurteil, seine Großtante habe als gebürtige Gräfin Wert darauf gelegt, in Saus und Braus zu leben.

"Sie schrieb viele Artikel darüber, daß die Gesellschaft zu materiell sei, sich alles nur um Geld drehe. Sie selbst lebte sehr bescheiden. Wir haben uns oft darüber amüsiert, daß sie immer diese alten Klamotten trug, die zum Teil schon Jahrzehnte in ihrem Schrank hingen."

Doch Gräfin Dönhoff war auch eine Person, die durch ihre offene, burschikose Art häufig aneckte. So auch in der Erinnerung von Brigitte Bernard-Salin, die über ihre erste Begegnung mit Marion Dönhoff folgendes zu berichten weiß: "Das war in unserem Eßzimmer in Basel. Sie kam herein, wir Kinder saßen am Eßtisch und aßen von meiner Mutter selbst gemachtes Birchermüsli. Vor uns stand ein weißes Schälchen, in dem Pinienkerne waren, die wir sehr gerne über unser Müsli streuten. Gräfin Dönhoff kam herein, wir haben sie begrüßt, sie guckte sich den Tisch an und sagte: ,Was ist denn das da in der Schale? Ist das Mäusedreck?'"

Der Leser erhält einen kleinen Einblick in Lebensabschnitte von 28 interessanten Persönlichkeiten wie zum Beispiel Helmut Schmidt oder Henry Kissinger, und erfährt, welche Rolle Gräfin von Dönhoff in diesen Lebensabschnitten in deren Leben gespielt hat.

So auch bei Richard von Weizsäcker: "Zunächst möchte ich sagen, daß ich Gräfin von Dönhoff schon aus der Zeit des Krieges kannte und in der Nachkriegszeit sehr bald wieder mit ihr in Berührung kam. Und das in einer Zeit, in der sie - sie war zehn Jahre älter als ich - meinen Freunden und mir so eine Art Erzieherin war. Ich will das nicht zu weit treiben, aber sie hatte eine im geistigen Sinn führende Stimme diesen jüngeren Leuten gegenüber, die im Alter von 25 oder wieviel Jahren aus diesem Krieg unreif zurückgekommen waren."

Die in diesem Buch gesammelten Interviews zeigen dem Leser viele Facetten des Charakters von Marion Gräfin Dönhoff. Der Leser erhält durch die Augen anderer Personen, Bekannter und Verwandter einen Einblick in die verschiedenen Stationen ihres interessanten und ereignisreichen Lebens. Das ganze wird illustriert mit zahlreichen Schwarzweißabbildungen. A. Ney

Dieter Buhl (Hrsg.): "Marion Gräfin Dönhoff - Wie Freunde und Weggefährten sie erlebten", Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2006, geb., 368 Seiten, 22 Euro, Best.-Nr. 6064


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