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24.02.07 / Stimme aus dem Jenseits / Konservativer Präsidentschaftskandidat Bayrou hilft Ségolène Royal

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-07 vom 24. Februar 2007

Stimme aus dem Jenseits
Konservativer Präsidentschaftskandidat Bayrou hilft Ségolène Royal
von JeanPaul Picaper

Die allabendlichen Nachrichtensendungen im französischen Fernsehen gewichten die Kandidaten im Rennen um das Präsidentenamt immer ganz neutral entsprechend ihren Quoten in den Umfragen. Den beiden Hauptkandidaten Ségolène Royal und Nicolas Sarkozy wurden neulich je zwei kleine Minuten im Fernsehen gewidmet. Frau Royal besuchte eine Kleinstadt und einen Bauernhof. Vor laufenden Kameras nahm sie mit dem für sie typischen Sieglinde-Lächeln (denn Ségolène heißt auf Deutsch Sieglinde) ein neugeborenes Lamm in die Arme. Sarkozy besichtigte gerade die majestätische Autobahnbrücke von Millau im südlichen Zentralmassiv.

Aber dann wurden in der selben Sendung dem dritten Kandidaten François Bayrou mindestens zehn Minuten Sendezeit gewährt. Das französische Fernsehen nimmt den selbsternannten Kandidaten aus den Pyrenäen ernst, seitdem er ein kurzes Interview nutzte, um die Moderatorin, Claire Chazal, auf sehr aggressive Weise mit dem Vorwurf zu attackieren, daß das Staatsfernsehen den beiden Matadoren Sarkozy und Royal die meiste Sendezeit widme. Bayrou ist seit dieser Schimpftirade gegen Frau Chazal der Liebling der Medien. Das seriöse Wochenmagazin "Le Point" hat ihm sogar ein Titelbild und einen langen, lobenden Artikel gewidmet.

Seitdem zeigt das Fernsehen ausführlich, wie der politische Friedensstifter und Biedermann Bayrou die Regionen Frankreichs auf dem Kontinent und in Übersee erwandert und ruhige, sanfte Worte "mit den Menschen ganz unten", den von der Politik Vernachlässigten austauscht, die er zu vertreten behauptet. Er artikuliert langsam und ruhig. Für Bayrou rührt das moralische und politische Übel und die Wirtschaftsrezession in Frankreich daher, daß die Neogaullisten der UMP und die Sozialisten der PS bisher das Land regiert haben. Diesem Krieg zwischen den großen Parteien müsse ein Ende gesetzt werden, meint er, nicht etwa dadurch, daß man zwischen ihnen Frieden stiftet und eine Große Koalition wie in Deutschland schmiedet, sondern indem man ihn, den Kandidaten der Eintracht und des Burgfriedens, wählt.

Der Katholik und europäische Föderalist Bayrou kommt aus der Nähe der Stadt Paui in den Westpyrenäen, der Heimat des Königs Heinrich IV. Er hat es geschafft, durch die Hintertür in die führende Kandidatenriege hineinzuschlüpfen, und wird seine Rache an der UMP bekommen, denn das ist sein Ziel.

Als vor vier Jahren die Neogaullisten der RPR und die Liberalen der UDF miteinander fusionierten, um eine große rechte Partei, die mit der CDU/CSU in Deutschland und den Konservativen in England vergleichbare UMP, zu gründen, machte Bayrou nicht mit. Es war von vorneherein klar, daß er nie zum gemeinsamen Kandidaten einer vereinigten Rechten auserkoren würde, denn seine Amtsführung damals als Minister war nicht besonders gewesen. Er erbte die Führung einer Rest-UDF und ging mit ihr einen Sonderweg zwischen allen Fronten. Anfangs gab er sich zwar als Verbündeter der UMP, entfernte sich aber allmählich von ihr und stimmte sogar vor kurzem gegen die heutige UMP-Mehrheit im Parlament, als gehörte er zu den Linken. Dabei betrachten ihn die Wähler nach wie vor als einen Kandidaten der Rechten.

Der begeisterte Artikel über ihn in "Le Point" endete mit den Worten: "Vor einigen Wochen soll Michel Charasse, der ehemalige Privatberater von François Mitterrand, Bayrou angerufen haben, um ihm eine Botschaft des verstorbenen Präsidenten mitzuteilen, die dieser kurz vor seinem Ableben ihm weitergegeben hatte: ,Folgt François Bayrou. Er wird Staatspräsident!'"

Die Sozialisten haben das ernst genommen. Sie entdecken jetzt den diskreten Charme des Südwestfranzosen für ihre Kampagne. Seltsam, daß Sozialisten sich für Bayrou statt für die Royal einsetzen? Aber nein, es ist eine sehr geschickte Strategie: Alle Umfragen sagen, daß Bayrou ausschließlich Sarkozy Wählerstimmen abluchsen werde. Nimmt er Sarkozy sechs bis zehn Prozent in der ersten Runde, so wird mit Sicherheit Ségolène Royal zur Präsidentin gewählt. Ségolène gehörte doch schon 1981 zu den engen Mitarbeitern von François Mitterrand.

Im übrigen nimmt François Bayrou die Wahlkampf-Argumente von Sarkozy um ein vielfaches häufiger ins Visier als Worte von Ségolène Royal. Vielleicht erhofft er sich von ihr einen Posten als Premierminister in Paris.


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