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03.03.07 / Merkel sei Dank / Im Fall Airbus vertrat die Bundesregierung unerwartet massiv deutsche Interessen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-07 vom 03. März 2007

Merkel sei Dank
Im Fall Airbus vertrat die Bundesregierung unerwartet massiv deutsche Interessen
von Rebecca Bellano

Es sieht fast so aus, als wäre Deutschland beim Umbau des Flugzeugbauers Airbus mit einem blauen Auge davongekommen. Von 3500 Stellen in Deutschland, die Airbus auslagert, ist jetzt nur noch die Rede, auch sollen die verbleibenden Airbus-Standorte gefestigt werden. Die erste Reaktion war also erleichtertes Aufatmen und es gingen sogar erste Dankesworte Richtung Bundesregierung, denn diese hatte erstmals ihre Interessen ungewöhnlich vehement vertreten.

Und das ist auch gut so, meinte Sascha Lange, Rüstungsspezialist bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin, gegenüber dem "Spiegel". "Deutschland kann nicht immer nur den Vorzeigeeuropäer spielen. Für eine europäische Industriepolitik müßte in vielen Hauptstädten umgedacht werden."

Daß Deutschland erstmals eben nicht den Vorzeigeeuropäer mimte, verwunderte vor allem die Franzosen, die für eine radikal nationale Industriepolitik bekannt sind. Daß die deutsche Bundesregierung in Sachen Airbus nun sogar vor Erpressung nicht zurückschreckte, indem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) angab, Deutschland würde seine Rüstungsaufträge bei dem Airbus-Mutterkonzern EADS nocheinmal überdenken, schockierte. Auch Franz Müntefering äußerte Unerwartetes: "Ich bin für eine klare Industriepolitik für Deutschland. Auch hier gilt: Wir müssen fair sein gegenüber anderen Ländern, aber nicht dumm."

"Die wollen unsere Jobs stehlen", kam es dann auch prompt aus Frankreich zurück, was jetzt offenbar mit 4200 ausgelagerten Airbus-Arbeitsplätzen stärker bluten muß als Deutschland.

Doch liegt das wirklich an dem Engagement der deutschen Politiker oder haben die Airbus-Manager aus rationalen Beweggründen diese Entscheidungen gefällt? Im Detail wird sich diese Frage vermutlich nie ganz klären lassen, auf jeden Fall hat das Engagement aber der deutschen Bundesregierung gut getan, da die Deutschen endlich mal wieder den Eindruck bekamen, daß die von ihnen gewählten Volksvertreter deutsche Interessen auch gegen die europäischen Freunde durchsetzen können.

Also mehr deutsche Industriepolitik? Michael Bräuninger vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut spricht sich gegenüber der Preußischen Allgemeinen Zeitung vehement dagegen aus. So sei politische Einflußnahme grundsätzlich fehl am Platz, da am Ende nicht nach betriebswirtschaftlichen Kriterien entschieden würde. Ein Staat sei zuständig für die Infrastruktur und Bildung, aber "warum sollte der Staat Flugzeuge bauen?" Wenn eine Regierung Industriepolitik betreibe, würden Arbeitsplätze zu einem Politikum, meint Bräuninger. Wobei, sind sie das nicht immer? So würde die französische Regierung kaum tatenlos zusehen, wenn Siemens in Frankreich Tausende Jobs abbauen würde.

Bräuninger weist aber auch darauf hin, daß die Bundesregierung im Fall Airbus richtig gehandelt habe. So hätte sie sich gar nicht in der "akuten Krise" zurückziehen können. Doch für Bräuninger ist klar, daß, wenn Airbus wieder auf dem richtigen Kurs ist, Frankreich sich an Deutschlands marktwirtschaftlich orientierter Politik ein Beispiel nehmen sollte. Ob Frankreich das tun wird, bleibt allerdings sehr zu bezweifeln, schließlich waren die Franzosen schon immer gut darin, in Europa vor allem ihre nationalen Interessen zu vertreten. Dies ging so lange gut, wie der stärkste Gegenspieler, nämlich Deutschland, sich scheute massiv national zu denken. Und je stärker die Globalisierung voranschreitet, desto stärker setzt Frankreich vor allem auf sich selbst. Doch fährt es damit wirklich so viel besser als Deutschland?

Fakt ist, daß beide Länder die gleichen Rahmenbedingungen beachten müssen, denn wer zu national denkt, verliert tatsächlich die Effektivität aus den Augen, wer zu global denkt, steht früher oder später vor dem Ausverkauf seines Landes.

Zudem betreibt Deutschland durchaus Standortpolitik, wenn auch eher im kleineren Rahmen. So wissen die jeweiligen deutschen Bundesländer sehr wohl, wie man auch ausländische Unternehmen anwerben kann. Daß sie dabei auch in Konkurrenz stehen, zeigen zahlreiche Belege aus dem Wirtschaftsleben. Warum der amerikanische Chip-Hersteller AMD in Sachsen baute, warum Opel Standorte in Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern und Eisenach hat und warum diese im negativen Sinne, als es um den Abbau tausender Stellen ging, miteinander konkurrierten, war schon immer auch eine Frage mit politischer Dimension.

Foto: Als wäre alles in bester Ordnung: Merkel und Chirac demonstrierten beste Zusammenarbeit. Foto: ddp


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