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03.03.07 / Russen-Quote gefordert / Österreichs Skiorte klagen über zu viele "neue Russen"

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-07 vom 03. März 2007

Russen-Quote gefordert
Österreichs Skiorte klagen über zu viele "neue Russen"
von R. G. Kerschhofer

Großen Wirbel hatte kürzlich die - inzwischen ehemalige - Chefin des Kitzbüheler Tourismusverbandes mit der Bemerkung ausgelöst, man wolle eine "Russen-Quote" von zehn Prozent einführen. Von österreichischer Seite kamen heftige Dementis und Beschwichtigungen. Aber auch von russischer Seite wurde die Sache heruntergespielt, ja man äußerte sogar Verständnis für Länderquoten. Und die russische Öffentlichkeit entrüstete sich weit mehr über die internationale Berichterstattung: Vor allem britische Medien hatten Horrormeldungen über "russische Horden" verbreitet.

Doch wie meist bei dementierten Äußerungen ist nicht alles aus der Luft gegriffen. Gäste beschweren sich über rücksichtsloses "Feiern" von Russen, und Hoteliers beklagen, daß manche Russen ihre Zimmer in, sagen wir, ungewöhnlichem Zustand zurücklassen. Typisch russisch? Ja und nein. Russen in Feierstimmung schlagen tatsächlich gerne über die Stränge. Doch Exzesse gehen von einer bestimmten Kategorie von Leuten aus, von Neureichen eben.

Was speziell in Kitzbühel für Irritationen sorgt, ist ein durch Russen (mit-)verursachter enormer Anstieg der Grundstückspreise. Elena Baturina, die einzige russische Milliardärin und Gattin des Moskauer Bürgermeisters Luschkow, will ein Luxus-Hotel errichten - auf dem Gelände des Golfplatzes, der bereits als "Russen-Club" gilt. Und ein Ghetto - selbst ein Luxus-Ghetto - ist eben nicht jedermanns Geschmack.

Das Verhältnis der Österreicher zu den Russen war allerdings immer schon zwiespältig - schon als man noch eine gemeinsame Grenze hatte: Kulturell gab es enge Beziehungen - Johann Strauß etwa feierte Triumphe in Rußland. Andererseits gehörten die Zaren als "Schutzherren der Slawen" zu den Totengräbern der Donaumonarchie. Absoluter Tiefpunkt aber war die Besatzungszeit. Ältere Semester, die in der "Russenzone" lebten, reden bis heute von der "Russenzeit". Meldungen über "unbekannte Täter" gehörten zur Tagesordnung - doch anders als heute war damals klar, auf welche Nationalität sich das bezog.

Mit dem Staatsvertrag 1955 schwang die Stimmung um. Chruschtschow hatte respektable Sympathiewerte, und die Raumfahrterfolge machten klar, daß nicht alle "sowjetischen Errungenschaften" nur Propagandalügen waren. Die damals hohen - heute fast lächerlich wirkenden - Reparationszahlungen konnten in Warenlieferungen umgewandelt werden. Mit dem Effekt, daß die Sowjets nach Ende der Gratislieferungen weiter kauften, was und von wem sie es gewohnt waren. Russen verlassen sich gerne auf Bewährtes - und sie erwiesen sich als verläßliche Geschäftspartner.

Auch als Touristen greifen Russen gerne auf Vertrautes zurück, also auf das, was ihnen aus Literatur oder Erzählungen bekannt ist. (Davon profitieren ja auch die Schweiz und die Riviera.) Und wie einst folgt man gerne dem Beispiel der Mächtigen: Daß Präsident Putin 2001 mit Familie die Ski-WM in St. Anton besuchte und mit Kanzler Schüssel Skifahren ging, war wirkungsvoller als jede Werbekampagne.

Bei Übernachtungen beträgt der russische Anteil zwar nur ein Prozent - in Kitzbühel zwei Prozent - doch Russen geben im Schnitt 245 Euro pro Tag aus (Franzosen 162, Deutsche 114 Euro). Sie buchen Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels, füllen das "Jännerloch" zwischen Weihnachten und Semesterferien und zählen zu den besten Kunden der Wiener Luxusjuweliere.

Letztendlich viel bedeutender sind natürlich die "gewöhnlichen" Wirtschaftsbeziehungen. Zu diesen kamen in den letzten Jahren umfangreiche Investitionen und Finanztransaktionen - auch Richtung Westen. So etwa kooperiert der Österreicher Ronny Pecik, der bereits die Schweizer Konzerne Örlikon und Saurer unter seine Kontrolle brachte, mit dem "regimetreuen" Oligarchen Viktor Wekselberg, um auch Sulzer zu übernehmen. Und die Austrian Airlines entschlossen sich zu einer Allianz mit der auf Betreiben des Kreml neugegründeten AirUnion.

Noch etwas zum Zwiespältigen: Es heißt, daß postsowjetische Finanzkreise - zu denen auch mafiöse Organisationen gehören - eine Art Stillhalteabkommen getroffen haben. Irgendwo - und dazu zählt Österreich - will man den neuen Reichtum eben auch ohne Leibwächter genießen können. Was die spendierfreudigen russischen Touristen aber nicht abwertet, denn sie scheinen tatsächlich dem neuen Mittelstand anzugehören.


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