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03.03.07 / Hexen und sündige Weibsbilder / Das Frankfurter Städel Museum widmet Hans Baldung Grien eine Sonderausstellung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-07 vom 03. März 2007

Hexen und sündige Weibsbilder
Das Frankfurter Städel Museum widmet Hans Baldung Grien eine Sonderausstellung
von Helga Steinberg

Er war wohl der begabteste Schüler des großen Albrecht Dürer und wurde zum bedeutendsten Maler im Deutschland des 16. Jahrhunderts: Hans Baldung (1484/85-1545), der vermutlich wegen seines grünen Mantels oder der Vorliebe für grüne Farben den Beinamen Grien erhielt. Der Renaissancekünstler schuf zahlreiche Gemälde, Zeichnungen und Kupferstiche, aber auch Holzschnitte und Glasmalereien für kirchliche und private Auftraggeber. Neben den traditionellen religiöse Motiven findet sich in seinem Werk immer wieder sein Lieblingssujet: der nackte Frauenkörper. In immer neuen Interpretationen bildete er die Frau ab: als Eva vor dem Sündenfall, als junge Schönheit, die vom Tod bedroht wird, als käufliche Dirne. Der Betrachter seiner Werke gewinnt durchaus den Eindruck, daß Baldung fasziniert war vom weiblichen Körper, ja geradezu besessen, ihn immer wieder neu darzustellen.

Die weiblichen Akte dienten ihm aber vor allem auch dazu, sich eines Themas als Künstler anzunehmen, das die damalige Welt in Atem hielt: Hexen. Hexen und ihre mysteriösen Rituale schilderte er in Zeichnungen und Drucken; ein einziges Mal hat er sie auch mit Pinsel und Farbe auf die Leinwand gebannt.

Sein Gemälde "Die zwei Hexen" steht im Mittelpunkt einer Ausstellung, die derzeit im Frankfurter Städel zu sehen ist. "Es bietet nicht nur einen Ausflug in die Welt der schwarzen Magie", so die Ausstellungsmacher. "Der zeitgenössische Betrachter wurde vielmehr durch das Bild zu Reflexionen über die unterschiedlichsten Themen angeregt: über die erotische Ausstrahlung der Frau, über käufliche Liebe und ihre möglichen Folgen wie die Syphilis, über die Gesetzmäßigkeiten körperlicher Schönheit und den Versuch, ihnen im Maleratelier auf die Schliche zu kommen. Ironisch kommentiert Baldung in seinem Bild nicht nur zeitgenössische Ansichten zum Hexenwesen; er spielt auch auf die kunsttheoretischen Lehren des Meisters Dürer an."

In der Frankfurter Ausstellung sind sämtliche Hexendarstellungen Hans Baldung Griens zu sehen: delikate Hell-Dunkel-Zeichnungen auf getönten Papieren ebenso wie Holzschnitte, die zu den allerersten Experimenten mit dem Farbdruck gehören. Neun Stationen der Ausstellung mit über 40 Exponaten von Baldung und weiteren Künstlern führen den Besucher ein in zeitgenössische Anschauungen und in Baldungs Gesamtwerk. Damit wird dem Betrachter ein Erfahrungshorizont eröffnet, den auch ein zeitgenössischer Kunstfreund des Bildes um die Mitte des 16. Jahrhunderts gehabt haben könnte.

Hans Baldung wurde 1484 oder 1485 in Schwäbisch Gmünd geboren und trat 1503 als ausgebildeter Geselle in die Werkstatt Albrecht Dürers in Nürnberg ein. 1506 / 07 schuf er für den Magdeburger Erzbischof Ernst von Sachsen in Halle einen Dreikönigsaltar und einen Sebastiansaltar.

Im Frühjahr 1509 übersiedelte er nach Straßburg, wo er das Bürgerrecht erwarb und die Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns heiratete. In dieser Zeit schuf er vor allem Holzschnitte und experimentierte mit Tonplatten. Von 1512 bis etwa 1516 hielt sich Baldung in Freiburg im Breisgau auf und schuf den Hochaltar des dortigen Münsters, der als die Krönung seines frühen Schaffens angesehen wird. Er kehrte nach Straßburg zurück und betrieb mit seiner Frau ab 1520 Geld- und Immobiliengeschäfte. Sein Einfluß und sein Ansehen wuchsen, so daß er ab 1533 seine Zunft als Schöffe vertrat; kurz vor seinem Tod wurde er noch Ratsherr.

Seine Werkstatt betrieb Baldung Grien trotz seiner vielfältigen Geschäfte weiterhin und war als Maler sehr gefragt. Verstärkt arbeitete er nun für vermögende private Kunstliebhaber. Es entstanden Zyklen großer Aktgemälde und Serien zur antiken Geschichte und Mythologie. Auch Madonnendarstellungen und Andachtsbilder sowie eine beachtliche Anzahl an Porträts entstanden.

"Dabei paßte er seinen Stil schrittweise und je nach dem Charakter des Auftrags dem Zeitgeschmack an und bereitete damit dem Manierismus in Deutschland den Boden", erläutern die Veranstalter der Ausstellung. "In seinen besten Werken brachte Baldung immer auch Kunst über Kunst hervor und war darin seiner Zeit erstaunlich weit voraus. Nach Dürers Tod wurde Baldung dessen Locke überbracht; als den wahren und eigentlichen Nachfolger des großen Nürnbergers schätzten ihn bereits die Zeitgenossen ein."

Die Ausstellung "Hexenlust und Sündenfall" im Städel Museum, Graphische Sammlung, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt, ist Dienstag, Freitag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch und Donnerstag von 10 bis 21 Uhr zu sehen, Katalog 29,90 Euro, Museumsausgabe 24,90 Euro, Eintritt: 10 / 8 Euro, bis 13. Mai.

Foto: Hans Baldung Grien: Käufliche Liebe


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