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10.03.07 / Facettenreiches Panorama / Leipzig erinnert an Max Klinger und die Folgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-07 vom 10. März 2007

Facettenreiches Panorama
Leipzig erinnert an Max Klinger und die Folgen

Die Folge ,Ein Leben' von Klinger sah ich auf einer Berliner Ausstellung, schlecht gehängt. Es war das erste, was ich von ihm sah, und es erregte mich ungeheuer", schrieb Käthe Kollwitz in ihren Erinnerungen. Der um zehn Jahre ältere Max Klinger beeinflußte das Schaffen der Bildhauerin und Graphikerin aus Königsberg tief. Doch nicht nur sie sah in dem am 18. Februar 1857 in Leipzig Geborenen ein Vorbild. Eine Ausstellung im Museum der bildenden Künste Leipzig zeigt unter dem Titel "Eine Liebe. Max Klinger und die Folgen" unter anderem auch Arbeiten von Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Edvard Munch, Franz von Stuck, Heinrich Vogeler, Alfred Kubin oder Paul Klee.

Als junges Talent im künstlerischen Fach besuchte Max Klinger ab 1874 die Kunstakademie in Karlsruhe. Nach dem Studium der Malerei widmete er sich in Berlin den graphischen Künsten. Brüssel, Paris, Florenz und Rom sind weitere Stätten, an denen er reiche Anregungen empfing und seine Kunst zur Blüte trieb. Trotz der kosmopolitischen Umtriebigkeit blieb seine Geburtsstadt Leipzig für ihn Heimat. Dort agierte er als Berater und treuer Freund des Museums der bildenden Künste. Nicht zuletzt deshalb ist dort heute die größte Klinger-Sammlung weltweit zu finden. Die Jubiläumsausstellung zu seinem 150. Geburtstag unternimmt erstmals eine Exkursion in das künstlerische Umfeld Max Klingers und fragt nach seinem Einfluß auf Künstler der ihm nachfolgenden Generation.

Die von Max Klinger ausgehenden "Folgen" sind faszinierend und belegen die "Janusköpfigkeit" des Künstlers, der den Blick zurück ins 19. Jahrhundert lenkte und dabei in sehr eigener Manier eine Kunst für das frühe 20. Jahrhundert entwarf. Klinger hat die Tür zu neuen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten weit aufgestoßen. Er ist Mitbegründer einer Kunst jenseits festgelegter Bedeutungen und eindimensionaler Interpretationen. Max Klinger gleicht einer Energiequelle, sein Einfluß ist facettenreich. Er wirkte auf realistische Künstler wie Hans Baluschek und Käthe Kollwitz mit einem ausgeprägten gesellschaftskritischen Anspruch, aber auch auf Symbolisten wie Georg Kolbe, Alfred Kubin und Richard Müller, die melancholieträchtige Gestalten und Orte, Szenarien dunkler Mächte wie auch bizarre Schattenseiten des Lebens Bilder werden ließen. Auch Edvard Munch rezipierte Klingers Vorgaben.

Max Klinger, der seinen Albtraumphantasien freien Lauf ließ, übte einen Bann aus auf damals ganz junge Künstler wie Giorgio de Chirico, Max Ernst und Salvador Dalí. Klingers "Handschuh"-Zyklus erscheint heute wie ein Grundstein des Surrealismus.

Der Italiener de Chirico bezeichnete Klinger 1920 als "den ersten modernen Künstler". "Modern nicht in dem Sinne, den man heute dem Begriff gibt, sondern im Sinne eines gewissenhaften Mannes, der das Erbe an Kunst und Denken aus Jahrhunderten und aber Jahrhunderten achtet, der wachen Auges in die Vergangenheit, in die Gegenwart und in sich selbst blickt." Und von größter Wirkung auf "moderne" Künstler war Klinger im Bereich der graphischen Künste, der "GriffelKunst", wie er sie nannte: Lovis Corinth, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Oskar Kokoschka und Max Slevogt haben bei ihm abgeschaut.

Die Leipziger Ausstellung zeigt 300 Werke von 40 Künstlern, darunter zahlreiche Leihgaben aus großen öffentlichen und privaten Kunstsammlungen. "Eine Liebe" ist ein facettenreiches Panorama der gegenständlichen Kunst um 1900 und zeichnet zugleich ein Bild von Liebe, Melancholie, Traum, Angst und Tod. Vielen Werken und Künstlern gemein ist eine ironische Distanz zu Geschichte, Mythologie und Religion. Hier zeichnet sich der Weg in eine "andere Moderne" ab, ein künstlerischer Weg, der eine "Wirklichkeit" jenseits der uns umgebenden Realität sucht, aber am Gegenstand festhält. mbk / os

Die Ausstellung "Eine Liebe, Max Klinger und die Folgen" ist im Museum der bildenden Künste Leipzig, Katharinenstraße 10, Dienstag und Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch von 12 bis 20 Uhr zu sehen, Eintritt 8,50 / 6 Euro, bis 24. Juni. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle und wird dort vom 11. Oktober 2007 bis 13. Januar 2008 gezeigt.

Foto: Er beeinflußte nicht nur das Schaffen von Käthe Kollwitz: Die Werke Max Klingers, hier ein Ausschnitt aus "Die Kreuzigung Christi" (Öl 1890), inspirierten Generationen von Künstlern.


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