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17.03.07 / Ideologischer Häuserkampf / Volksbegehren soll das traditionelle Gefüge der Museumsinsel retten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-07 vom 17. März 2007

Ideologischer Häuserkampf
Volksbegehren soll das traditionelle Gefüge der Museumsinsel retten
von Peter Westphal

Seit letzter Woche ist Berlin als erste deutsche Stadt im Internet dreidimensional erfahrbar. Durch das Projekt der 3D Geo GmbH des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam und der Berlin Partner GmbH (www.3d-stadtmodell-berlin.de) soll, so Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei/PDS), Bürgern, Touristen und Investoren ein sinnlicher Eindruck vermittelt werden. Die im Programm "Google-Earth" eingerichtete 3-D-Sicht ist dabei nicht die einzige. Denn dort zeigt die - gleichfalls in Potsdam ansässige - Firma Remote Sensing Solutions (RSS, www.reality-maps.de) einen Ausschnitt ihrer DVD "Berlin 3D", in der das wieder zu errichtende Stadtschloß bereits virtuelle Wirklichkeit ist. Nicht sichtbar ist derweil in beiden Varianten die ausgreifende hochideologische Debatte um das künftige Bild der Berliner Museumsinsel.

Dagegen werden für das ihr gegenüberliegenden Areal des Schloßplatzes die Konturen der künftigen Gestaltung immer deutlicher. So hat das Bundesbauministerium nun erstmals einen konkreten Zeitplan vorgelegt, wann die wiederzuerrichtende Schloßkubatur - das sogenannte Humboldt-Forum - gebaut werden soll. Bedingt einerseits durch den sich verzögernden Palast-Abriß, der jetzt zum Ende 2008 erwartet wird, andererseits begründet in dem von Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee forcierten Baubeginn spätestens Anfang 2010, minimiert sich der Zeitrahmen für eine etwaige Zwischennutzung der Fläche auf ein knappes Jahr. Möglich wird dies durch den vom Bund beschleunigten Prozeß zum Wiederaufbau des Schloßkörpers. Im Spätsommer dieses Jahres soll ein diesbezüglicher Architektenwettbewerb gestartet werden, und bereits 2008 soll mit den Entwurfs- und Ausführungsplanungen begonnen werden. Wilhelm von Boddien, einer der engagiertesten Befürworter des Wiederaufbaus des Hohenzollernschlosses, äußert sich gegenüber dieser Zeitung euphorisch: "Die wichtigste Nachricht: Es geht los!"

Möglichst bald soll deshalb die Info-Box für das Humboldt-Forum aufgestellt werden. Nach dem Palast-Abriß sind an verschiedenen Stellen archäologische Grabungen geplant. Möglicherweise wird es dann für ein knappes Jahr auch die von der Intiative "White Cube" (www.white-cube-berlin.de) propagierte temporäre Kunsthalle geben. Ein entsprechender Entwurf vom Architekten Adolf Krischanitz, der bereits in Wien ein gleichartiges Projekt realisiert hatte, läge bereits vor. Das versichert Coco Kühn, die zu den maßgeblichen Initiatoren des Kunsthallen-Projektes gehört. Auch eine private Finanzierungszusage durch die Stiftung Zukunft Berlin gäbe es. Gegenüber der Preußischen Allgemeinen betont sie explizit, daß sie sich lediglich als zeitlich begrenzte Ergänzung zur Humboldt-Box begreifen würden, schließlich seien sie "selbstverständlich für den Schloßbau".

Alles andere als selbstverständlich ist dagegen die geplante Sanierung des Neuen Museums. Hier kämpft eine Bürgerinitiative um Anette Ahme, einstmals Grünen-Abgeordnete, seit letzter Woche mit einem Volksbegehren gegen den vom britischen Architekten David Chipperfield ausgeheckten "zerstörerischen Umbau" des Neuen Museums, des wohl bedeutendsten Baues des preußischen Architekten Friedrich August Stüler (1800-1865), und gegen den "entstellenden" Neubau davor. In einem ersten Entwurf erschien dieser als gigantische Stahl-Glas-Konstruktion, der die gesamte Front des Neuen Museums verdeckt. Viel anders dürfte aber auch der neue Entwurf kaum werden. Dagegen regt sich prominenter Protest. Für das unter dem Motto "Rettet die Museumsinsel!" stehende Volksbegehren (siehe www.ahme.de) müssen nun innerhalb von sechs Monaten 20000 Unterschriften gesammelt werden. Zu den Erstunterzeichnern zählen unter anderem die Historiker Arnulf Baring und Wolfgang Ribbe, der Publizist Michael S. Cullen, die Schriftsteller und Publizisten Günter de Bruyn und Wolf-Jobst Siedler sowie der Vizepräsident des Berliner Abgeordnetenhauses Uwe Lehmann-Brauns (CDU). Die Bürgerinitiative, die wegen der "nationalen Bedeutung der Museumsinsel" auch bundesweit Unterschriften sammeln will, befürchtet eine Gefährdung des Unesco-Weltkulturerbes. An den Bundestag wird daher appelliert, die im vergangenen Herbst überraschend freigegebenen 73 Millionen Euro für das zentrale Eingangsgebäude zu sperren und die Arbeiten sofort zu unterbrechen. Alle Planungen bei der Innen- und Außengestaltung sollen sich statt dessen am historischen Original Stülers orientieren. Als alternatives Eingangsportal zur Museumsinsel schlägt Annette Ahme das Pergamon-Museum vor, das sich in dieser Funktion bewährt habe.

Völlig neu dürfte der Initiatorin ihre Kampagnetätigkeit indes nicht sein. Ihrem früherem Wirken als Vorsitzende der Gesellschaft Historisches Berlin nämlich ist zu verdanken, daß der Lustgarten in den 90er Jahren wieder begrünt wurde. Damals traf das Ansinnen auf ein linkes Klientel, weshalb sich eine politische Mehrheit rasch finden ließ. Diesmal aber gilt es - wie die "Berliner Zeitung" mit politisch-korrektem Zeigefinger warnt - darum, ein "anderes Geschichtsbild" zu "erzwingen". Das Duell zwischen klassischer Architektur und der mit radikalem Bruch operierenden Moderne erlebt in Berlin-Mitte seine neueste Auflage. Ein lebensfeindlicher "Denkmalschutz", der in manischer "Selbstgeißelung" die historischen Brüche, sprich: den Zustand der Zerstörung, höher bewertet als die Architektur des Originals, findet jedoch immer weniger Zuspruch. So beschwert sich ein Leser des Berliner "Tagesspiegels" über Chipperfield, der nichts anderes zu bieten habe, als eine "Kriegsruine zur Ruine" zu restaurieren.

Foto: Streitpunkt Glasquader: Um ein "zentrales Eingangsgebäude" zwischen Pergamonmuseum und dem zurzeit im Wiederaufbau befindlichen Neuen Museum ist ein heftiger Streit entbrannt. Der Entwurf des britischen Architekten David Chipperfield sieht mehrere wuchtige, ineinander geschobene, mehrgeschossige Glasquader (rechts) direkt vor dem Neuen Museum mit seiner zur Spreeseite ausgerichteten historischen Fassade vor.


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