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17.03.07 / Sex und Weimar / Bizarrer erotischer Politroman

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-07 vom 17. März 2007

Sex und Weimar
Bizarrer erotischer Politroman

Obskur, aber vielleicht gerade deswegen fesselnd ist die Lektüre von "Schule der Lügen". Wolfram Fleischhauer entführt seine Leser vom brodelnden Berlin der 20er Jahre über Rendsburg, Hamburg und London nach Indien und wieder zurück.

Ohne Zweifel hat der 1961 geborene Autor gut recherchiert, doch seine verwobenen Verschwörungstheorien mit nationalsozialistischen, religiösen und sexuellen Inhalten verwirren und verlangen dem Leser volle Konzentration ab. Zudem muß der Leser bereit sein, sich in die Abgründe des Berliner Nachtlebens und so manch andere Gefilde herabzulassen.

Hauptfigur ist Edgar von Rabov. Der Student beschäftigt sich lieber mit dem anrüchigen Nachtleben der Stadt als mit seinem Studium. Eines abends steckt ihm eine exotisch aussehende Frau einen Zettel zu, in dem sie ihn um ein Treffen bittet. Anstelle der bildschönen Frau taucht aber erst ein Engländer auf, der das Verhalten der Halbinderin entschuldigt. Er arbeite bei der englischen Botschaft und die Dame sei als Gast der Botschaft in Berlin. Er solle ihr die Stadt zeigen, sei aber nicht bereit, dies so zu tun, wie es ihr Wunsch sei. Und so erhält Edgar den Auftrag, Alina die Stadt zu zeigen. Bereitwillig schleppt er sie in Sexshows und erhofft sich, die Dame damit selbst ins Bett zu bekommen. Doch Alina bleibt lange distanziert, was Edgar noch mehr reizt. Später kommt es dann doch zur heißen Liebesnacht, doch von da an beginnen Edgars Probleme: Alina ist verschwunden, ihre Wohnung verwüstet, der Engländer wird von Edgars Cousin Robert und seinen national gesinnten Schlägerfreunden fast tot geprügelt und verschwindet ebenfalls.

Was als erotischer Roman begann, mutiert plötzlich zur Geschichte um die politisch angespannte Lage in der Weimarer Republik. ",Der Franzose steht an der Ruhr', ereiferte sich Herold. ,Im Osten werden Hunderttausende Volksdeutsche aus den polnisch gewordenen Reichsgebieten vertrieben. In Locarno wird Elsaß-Lothringen verschachert. Wenn das kein Krieg ist, was dann? Man will Deutschland vernichten. Nur Dummköpfe wie du haben das noch nicht begriffen.'" Statt mehr über Alina zu erfahren, wird der verliebte Edgar mitten in die Existenzängste seiner adligen Familie hineingesogen, die im Kampf gegen die Bedrohung von außen teilweise mit dem aufkommenden Nationalsozialismus kooperiert, obwohl sie dessen Vertreter für Abschaum hält. Doch je mehr sich Edgar mit seiner Familie auseinandersetzt, desto deutlicher wird ihm, daß sich die Spuren von Alina mit dieser kreuzen. Rendsburg, der ehemalige Familiensitz seiner verarmten Familie mütterlicherseits, bestätigt einen dunklen Verdacht.

So manches Mal setzt der Autor dem Leser ziemlich harte Kost vor. Er verknüpft Dinge, die nicht zusammenzugehören scheinen, doch wer sich darauf einläßt, wird mehr als gut unterhalten. Bel

Wolfram Fleischhauer: "Schule der Lügen", Piper, München 2006, geb., 520 Seiten, 22,90 Euro, Best.-Nr. 6094


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