19.04.2024

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24.03.07 / Eine Hauptstadt findet sich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-07 vom 24. März 2007

Eine Hauptstadt findet sich
von Harald Fourier

Entweder wird eine Situation hochgejubelt. Oder alles steht vor dem unmittelbaren Zusammenbruch. Eine andere Interpretation der Dinge ist nicht möglich.

Diese Schwarzweiß-Sichtweise ist typisch für die Berichterstattung deutscher Medien. Auch der "Spiegel" ist nicht frei vom fatalen Hang zur Übertreibung ins Gute wie ins Schlechte. Um so überraschender ist die freundlich gestimmte Titelgeschichte in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins. Berlin sei eine "Großstadt ohne Größenwahn", behauptet das Blatt. Allerdings können sich die Hamburger den etwas abgeschmackten Antifaschismus und ihre antipreußische Tendenz dann doch nicht verkneifen und wärmen die alten Geschichten von Wilhelm Zwo und Hitler in bekannter Manier auf. "Wenn es ein Wort gibt, das die Stadtgeschichte durchzieht, dann ist es dieses: Größenwahn."

Dabei ignorieren die Autoren nicht den ebenso existierenden Größenwahn unserer Tage, obwohl sie ihn nur kurz skizzieren. Denken wir nur einmal an Schröders großspurige Hilfszusagen nach dem Tsunami 2004 oder der Kanzlerin Weltrettungsphantasien wegen der angeblich bevorstehenden Klimakatastrophe.

Ansonsten zeichnet der "Spiegel" auf 13 Seiten (und in der mitgelieferten DVD mit großartigen Filmaufnahmen) aber ein positives Bild einer "normalen" Stadt, in der "der Verkehr fließt" und in dem die Rechnung in einem guten Restaurant so niedrig ist, daß es dafür in New York (immer wieder tauchen Vergleiche mit der Metropole am Hudson River auf; auch ein Indiz für aktuellen Größenwahn?) gerade mal die Vorspeise gäbe. Wenn überhaupt. Berlin ist eine Discountmetropole, findet der "Spiegel". Dazu serviert das Blatt einen Schnappschuß von Horst Köhler beim Einkaufen im Supermarkt. Politiker zum Anfassen am Wühltisch, auch das gibt es in Berlin.

Rund 1,7 Millionen Menschen haben Berlin seit 1989 verlassen, 1,8 Millionen zogen neu zu. Hat das sprichwörtliche Berlin der kleinen Leute das "Comeback einer Weltstadt" - so der Titel der Geschichte - überlebt? Und ob: Das "Schultheiss-Berlin", das wenige Kilometer nördlich vom Regierungsviertel der "Hartz-Hauptstadt" im Wedding beginnt, lebt im Metropolentrubel unverdrossen fort. Wie auch das weniger romantische Berlin der arabisch/türkischen Jugendgangs, das sich in der entgegengesetzten Himmelsrichtung befindet, ebenfalls nur wenige Kilometer vom Kanzleramt entfernt ist.

Das alles ist der Mikrokosmos Berlin, der geeignet ist, sogar die "häßliche Politik zu verschönern", wie der "Spiegel" herausgefunden hat.


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