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24.03.07 / Berlins Opposition testet "Jamaika" / CDU, Grüne und FDP in der Hauptstadt loten Gemeinsamkeiten auf Dreierkonferenz aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-07 vom 24. März 2007

Berlins Opposition testet "Jamaika"
CDU, Grüne und FDP in der Hauptstadt loten Gemeinsamkeiten auf Dreierkonferenz aus
von Hans Lody

Einen in Berlin viel beachteten Schritt in Richtung auf eine sogenannte "Jamaika-Koalition" aus CDU, Grünen und FDP haben die drei Parteien am vergangenen Freitag unternommen. Auf Initiative der Grünen trafen sich in den Räumlichkeiten des Sparkassen- und Giroverbandes zur "Berlin-Konferenz" Vertreter aller drei Gruppen.

Neben Politikern waren Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und "Gesellschaft" geladen, um über Perspektiven für die mit 61 Milliarden Euro turmhoch verschuldete deutsche Hauptstadt zu beraten.

Eröffnen durfte die Konferenz nicht CDU-Chef Friedbert Pflüger, was ihm als Vorsitzenden der größten der drei Parteien eigentlich zugekommen wäre. Statt seiner begrüßte Grünen-Politikerin Franziska Eichstädt-Bohlig die Gäste. Eichstädt-Bohlig nannte das Treffen eine "historisch einmalige Veranstaltung".

Die hochkarätigen Referenten wie Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) aus Baden-Württemberg, Ralf Fücks von der den Grünen nahestehenden "Heinrich-Böll-Stiftung" oder Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität Berlin, steuerten zu dieser Nachmittagsveranstaltung Vorschläge und Perspektiven aus ihrer Sicht bei, von denen man nicht sagen kann, daß sie einzeln, in Gruppen oder allesamt sich widersprächen, praktikabel wären oder gar gemeinsam umzusetzen wären.

Letztlich war nichts Konkretes aus einem Guß zu besichtigen. In der Tat fragt sich, was es nutzen soll, öffentliches Wohnungseigentum einmalig an einen US-Investor zu veräußern. CDU-Minister Stratthaus hielt das für eine gute Idee, um den katastrophalen Haushalt Berlins zu entlasten. Kritiker fürchten, der neue Besitzer könnte durch seine Mietpolitik die soziale Lage der Stadt nur weiter verschärfen. Auch die FDP-Idee nach Einschränkung der Lehrmittelfreiheit scheint nur bedingt "Jamaika-tauglich". So blieb man lieber im Ungefähren auf dieser Tagung.

Praktischerweise sprach auch niemand direkt im Auftrag oder für die drei Parteien, so daß später auch niemand auf die dort getroffenen Aussagen festzulegen wäre.

Darauf kam es offenkundig auch niemandem an, sondern nur darauf, öffentlich zu demonstrieren, daß hier drei versammelt sind, die zusammen regieren wollen und notfalls in der Lage sind, Gegensätze zu "überbrücken" - oder zu verkleistern, wo es nicht anders geht.

Beflügelt wurde die Konferenz sicherlich durch die letzten Umfrageergebnisse, die einen Verlust der Mehrheit für die SPD/PDS-Koalition ermittelt haben. Von der "Berliner Morgenpost" (Springer) über den "Tagesspiegel" (traditionell linksliberal) bis zur stramm linksgrünen "taz" war die Begeisterung groß. Vielleicht brachte Gerd Nowakowski (Lokalchef des "Tagesspiegel", früher "taz"-Redakteur) die Stimmung auf den Punkt, als er schrieb: "Da wächst was in Berlin."

Zwar hat die CDU als Partei von der Entwicklung der letzten Wochen profitieren können (letzte Unfrage plus zwei Prozentpunkte), aber ihr Spitzenmann Friedbert Pflüger stößt in Berlin weiterhin auf eisige Ablehnung. Die Zustimmung zu seiner Arbeit verringerte sich von niedrigem Niveau nochmals um einen Punkt. Würde in Berlin der Bürgermeister gar direkt gewählt, hätte es Amtsinhaber Klaus Wowereit (SPD) mit 60 Prozent Zustimmung gegen 20 Prozent für Pflüger leicht.

So zielt die Strategie der CDU offenbar weniger darauf ab, verlorenes Vertrauen bei ihren Stammwählern zurückzugewinnen, als vielmehr durch inhaltliche Zugeständnisse an die Grünen neue Koalitionshorizonte aufzutun.

Solange die Hauptstadt-CDU noch mehr Wählerstimmen als die Grünen mobilisiert, mag dies aus parteitaktischer Sicht eine brauchbare Lösung sein, schließlich würde ein Schwarzer ja Bürgermeister. Aber die Grünen können nach der jüngsten Umfrage in der deutschen Hauptstadt nunmehr mit 16 Prozent Zustimmung rechnen - ein Abstand von gerade noch sechs Prozentpunkten zur CDU.

Die Initiative zur Abhaltung der "Berlin-Konferenz" ging von den Grünen aus. Gut möglich, daß ihnen deswegen weitere Sympathien zuwachsen, denn diese Partei hat es zumeist verstanden, in Koalitionen "sichtbar" zu bleiben, was der Union derzeit in der Großen Koalition in den Augen vieler ihrer Wähler nur mäßig gelingt.


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