27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.03.07 / Ein spannungsreiches Verhältnis / "Cosima": Eine neue Oper von Siegfried Matthus über Cosima Wagner und Friedrich Nietzsche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-07 vom 24. März 2007

Ein spannungsreiches Verhältnis
"Cosima": Eine neue Oper von Siegfried Matthus über Cosima Wagner und Friedrich Nietzsche
von Ute Schindler

Cosima Wagner, eine außergewöhnliche Frau, und Friedrich Nietzsche, der genialische Philosoph. Ein spannungsreiches Verhältnis. Ein Opernstoff. Siegfried Matthus hat sich seiner angenommen. "Cosima - Opernfragmente von Fried-rich Nietzsche über Cosima Wagner, rekonstruiert und durch eine Rahmenhandlung ergänzt" ist der Titel der nunmehr zwölften Oper des Berliner Komponisten. Über die geplante Ringuraufführung am 28. April am Staatstheater Braunschweig und am 5. Mai in Gera (Theater & Philharmonie Thüringen) informierte Siegfried Matthus auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Um der Oper einen Rahmen zu geben, ersann der Komponist eine "Unglaubliche Geschichte", die wiederum eng mit seinem Wirkungsfeld als Gründer und Künstlerischer Leiter der Kammeroper Schloß Rheinsberg verbunden ist. Just im dortigen Schloß des preußischen Kronprinzen Friedrich soll nämlich bei Restaurierungsarbeiten eine verrostete Blechkiste gefunden worden sein, die aus den Heeresbeständen des Zweiten Weltkrieges stamme. Und so fabuliert der Komponist: "Darin lagen gebündelt verschnürte Papiere, die sich durch Beschriftung als Dokumente aus Bayreuther Archiven erwiesen. Wolfgang Wagner erzählte mir einmal, daß im Zweiten Weltkrieg die Archive aus dem Hause Wahnfried ausgelagert wurden. Beim Öffnen fanden die Restaurateure im ersten Bündel eine handgeschriebene Partitur. Sie baten mich um fachmännische Begutachtung. Es ist die Partitur einer unvollendeten Oper von Friedrich Nietzsche über Cosima Wagner. Die Datierung einzelner Blätter weist die Komposition als eine Arbeit aus den letzten Lebensjahren Nietzsches in der Irrenanstalt Jena, wie aus der Wohnung seiner Schwester in Weimar aus. Die Oper handelt von der Liebe eines jungen Philosophen Friedrich (unschwer den Autor und Komponisten darin zu erkennen) zu Cosima Bülow-Wagner."

In einem zweiten Bündel Papiere seien Tagebuchaufzeichnungen Cosima Wagners aus den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts, die sich auf die Oper Nietzsches beziehen und auf Cosimas Bemühen, in den Besitz der Partitur zu gelangen. Die Beziehungen und Verstrickungen zwischen Cosima, Bülow, Wagner, Nietzsche bis hin zu König Ludwig II. gehörten ihrer Meinung nach nicht in die Öffentlichkeit. Nietzsches Arzt, Prof. Binswanger, muß herhalten, um einen Skandal zu vermeiden. Soweit das beinahe kriminalistische Sujet. Dem musikalischen Einfluß Wagners konnten sich die Komponisten Nietzsche (er hatte ja tatsächlich den Mut, Wagner eine seiner Kompositionen vorzuspielen) und Matthus nicht entziehen. So ist Wagner in Matthus' Oper zwar nicht als Person, aber musikalisch präsent. Auch Nietzsches Liebe zu Bizets "Carmen" wird anklingen.

Ebenso spannend wie unterschiedlich dürften die beiden Inszenierungen werden. Braunschweigs Oberspielleiterin Kerstin Maria Pöhler stellt der Oper ein Vorspiel voran: "Ariadne - Dithyrambus für Bariton und Orchester", eine Vorarbeit des Komponisten auf die Oper. Auf der Pressekonferenz gab der Geraer Nietzsche - Bariton Teruhiko Komori - daraus schon mal eine musikalische Kostprobe. Martin Schüler, der in Gera Regie führen wird, beruft sich auf den historischen regionalen Bezug. Schließlich ist Jena, die Stadt in deren Irrenanstalt Nietzsche seine letzten Lebensjahre verbrachte, in unmittelbarer Nähe. Den Kosmos für die von Matthus wunderbar erzählte Geschichte habe das Regieteam in besagter Klinik gefunden, berichtete Schüler auf der Pressekonferenz. Sich mit Nietzsche auseinanderzusetzen sei für ihn ein Reizthema. "Begierde nach Liebe ist in mir", "Ariadne mein Labyrinth" - Nietzsche wäre nur zu gern an Wagners Stelle gewesen, mutmaßt der Regisseur. Was aus dessen Opernpartitur über die angebetete Cosima geworden ist? Siegfried Matthus bietet eine Lösung an.

Übrigens bringt das Frühjahr für den Komponisten Matthus nicht nur die Opernringuraufführung. Am 4. Mai werden die Münchner Philharmoniker unter Christian Thielemann sein jüngstes Orchesterwerk uraufführen: "Lamento - Musikalische Erinnerungen" für Großes Orchester und Sopransolo. Das Solo singt Hyun-Ju Park, ein "Rheinsberger Sängerkind".

Für alle Matthus-Fans, die nicht live dabei sein können: Die Aufführung in Gera am 5. Mai, 19.30 Uhr, wird live von DeutschlandRadio Kultur übertragen.

Foto: Komponist und Interpret: Siegfried Matthus und Teruhiko Komori, der in Gera die Partie des Nietzsche singen wird


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren