28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.03.07 / Rote Königskinder / PDS und WASG wollen fusionieren, doch die Gräben sind tief

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-07 vom 31. März 2007

Rote Königskinder
PDS und WASG wollen fusionieren, doch die Gräben sind tief
von Sverre Gutschmidt

Die PDS und die WASG wollen zusammengehen. Seit dem Verschmelzungsparteitag zur neuen gemeinsamen Gruppierung "Die Linke" am 25. März sind die Unterschiede von westdeutsch-gewerkschaftlich geprägter WASG und den PDS-Postsozialisten der einstigen DDR erneut aufgebrochen. Spannend wird, wer sich durchsetzt. Die WASG versuchte auf dem Parteitag, schärfere Bedingungen für Regierungsbeteiligungen der neuen Gesamtpartei zu diktieren, mußte diese dann aber auf PDS-Druck abschwächen. Auch andere Vorschläge der WASG wurden abgebügelt. Die Macht der neuen Partei liegt somit derzeit bei der PDS, doch die ist auf die WASG angewiesen. Tiefer als diese Gräben reicht der gemeinsame Wille, politische Macht auch im Gebiet der alten Bundesrepublik zu erobern. Der Politikwissenschaftler Dr. Gero Neugebauer von der Freien Universität Berlin räumt der vereinigten Linken eine realistische Chance ein, auch 2009 in den Bundestag einzuziehen - selbst mit "Personen, die eine Hypothek sind".

Oskar Lafontaine gilt als solche. Nicht erst seit seinen heftig umstrittenen Äußerungen zu ausländischen Arbeitern. Er wirkt verbraucht. Sein programmatisches Buch "Das Herz schlägt links" gehört, will man dem "Focus" glauben, zum Altpapier. Bei Firmen, die Altbücher verwerten, sprich schreddern und zu Dämmaterial verarbeiten, geht es häufiger als jedes andere durch den Reißwolf. Lange hoffte Lafontaine auf eine spektakuläre Rückkehr an die SPD-Spitze, enttäuschte aber und wirkt jetzt hinderlich beim Stimmenfang am linken Rand der SPD.

Lafontaine ist nicht das einzige Problem. "Programmatisch und ideologisch ist ,Die Linke' ein ziemlich bunter Haufen - rot in allen Schattierungen von Ökosozialisten bis Trotzkisten", so Neugebauer. Um diese streitlustige, nun noch erweiterte Sammlung zusammenzuhalten, bedarf es einer ausgeklügelten Strategie. "Die PDS hat das Zusammenraufen bisher vergleichsweise gut geschafft, indem sie für die programmatische Diskussion Freiräume bietet - die eigentliche Tagespolitik machen andere, nämlich die maßgeblichen PDS-Politiker in den jeweiligen Bundesländern", so der Parteienforscher und Soziologe. An der Spitze geht es mehr um Personen als Inhalte. Die politischen Werdegänge eines Klaus Ernst (WASG) und eines Gregor Gysi (PDS) könnten kaum unterschiedlicher sein. "Die können sie auch nicht abstreifen", so Neugebauer, "doch muß zuerst eine Partei existieren, damit Macht ausgeübt werden kann."

Diese eine Partei West wie Ost aufzubauen mißlang verschiedentlich: "1990 wollte die PDS Linke im Westen anlocken, bekam dann aber Furcht vor deren Unberechenbarkeit und Problemen mit der DDR. Die DKP (Deutsche Kommunistische Partei) hat der PDS ohnehin eine lange Nase gezeigt. 2000 gab es den nächsten Versuch, 2002 einen Briefwechsel Gysi-Lafontaine. Spätestens 2006 erkannte die PDS bei der Bundestagswahl, daß sie im Westen nur mit einem Bündnis einen Stich machen kann."

Der jetzige Partner war weniger zurückhaltend. "Die WASG versuchte, Linke auch aus anderen Parteien weiträumig einzubinden. Das Ergebnis war, daß in Berlin Neomarxisten die WASG übernehmen wollten und ein Zusammengehen mit der PDS torpedierten", sagt Neugebauer. Solche ideologische Auseinandersetzung sei aber in der Regel Kalkül, "vorgespielt, denn es geht darum, Jobs und Posten zu erhalten. Regierungsverantwortung ist das, nach dem sich die PDS wie die Linke zukünftig geradezu heiß und innig sehnen", so der Wissenschaftler. "Einmal in Verantwortung angekommen, ist die Politik sehr pragmatisch. So zeigt sich bei der sächsischen PDS der Sozialismus nur noch als Legitimationsfigur." In Mecklenburg-Vorpommern erwies sich, daß Regierungsverantwortung keine Katastrophe für das dauerhafte Überleben der PDS ist: "1998 ist die PDS dort in die Regierung eingestiegen, 2002 wurde sie für ihre Politik vom Wähler abgestraft, 2006 stabilisierte sie sich aber." Die Linke verliert somit in Regierungszeiten an Wählergunst, kalkuliert dies aber ein.

Langfristig entscheidend seien ohnehin nicht die aggressive Rhetorik oder die Ost-West-Gegensätze. "Die Linke hat ihre größten Chancen im Nichtwählerbereich." Und diese potentiellen Wähler wird die Linke nur gewinnen können, "wenn sie sich nicht nur als Reparaturbetrieb der Gesellschaft begreift, sondern echte Alternativen zu bieten scheint". Dabei geht es, so Neugebauer, um das untere Drittel der Gesellschaft.

Bei der Jugendarbeit, einst Aushängeschild der PDS und Zukunftsfaktor Nummer eins, sind nach Einschätzung des Politologen in absehbarer Zeit schon einmal keine großen Erfolge der PDS-WASG zu befürchten: "Die Linke wollte über Dachorganisationen Jugendliche mobilisieren - das ist weitgehend gescheitert. Die Zustimmung war bei jugendlichen Wählern zuletzt sehr bescheiden, die Chancen ideologischer Indoktrination sind, das zeigen neueste Untersuchungen im Fachbereich Erziehung, gering." Auch der Trend zur Jugendweihe und Ostalgie in den neuen Ländern bietet der PDS demnach wenig Angriffsmöglichkeiten. "Die PDS hat anders als alle anderen Parteien nach wie vor keinen Zugang auf das neue Bürgertum" - ein strategischer Nachteil, so Neugebauer.

Als Landebahn der PDS im Westen hat die WASG und somit Die Linke hingegen eine Chance: "Bisher hatte die PDS nur rund 5000 Mitglieder im Westen, die WASG immerhin zirka 11000. Die Vereinigung erlaubt also eine Art Rumpforganisation."

Foto: Sie trauen sich: Die PDS unter Gysi stimmt für ein Zusammengehen mit der westdeutschen WASG.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren