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07.04.07 / Wie geschmiert / Bestechungsskandal treibt Siemens in die Krise und bringt die deutsche Wirtschaft in Verruf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-07 vom 07. April 2007

Wie geschmiert
Bestechungsskandal treibt Siemens in die Krise und bringt die deutsche Wirtschaft in Verruf
von Joachim Meges

Deutschlands Vorzeige-Konzerne haben mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. So hat es Daimler-Chrysler nicht etwa mit neuen und innovativen Produkten auf die Titelseite des aktuellen "Manager-Magazins" geschafft, sondern mit der Schlagzeile: "20 Jahre Mißmanagement: Die Daimler-Tragödie".

Und wenn man die Wörter "schwarze Kassen" bei der Internetsuchmaschine Google eingibt, stößt man sofort auf Artikel über das Münchner Traditionsunternehmen Siemens. Die sonst eher spröde "FAZ" bemühte ein martialisches Vokabular: "Die Einschläge kommen immer näher. Erst waren es Führungskräfte der dritten und vierten Ebene, dann ehemalige Bereichsvorstände, später ein ehemaliger Zentralvorstand. Die Staatsanwälte der Republik arbeiten sich im Siemens-Konzern scheinbar systematisch von unten nach oben."

Und am Ende werden wohl wieder die Mitarbeiter den Kopf hinhalten müssen für die Verfehlungen der Führungsriege. Die 30 Konzerne des Deutschen Aktienindex (Dax) haben 2006 rund 44000 Stellen abgebaut, obwohl Allianz, Daimler-Chrysler, Volkswagen und Co. Rekordgewinne von 62,1 Milliarden Euro einfuhren. Thomas Straubhaar vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) sagte dazu, daß der Aufschwung am Arbeitsmarkt vor allem bei den vielen Tausenden kleinen und mittleren Betrieben stattfinde.

Bei den ganzen Skandalgeschichten wird vergessen, daß Siemens im abgelaufenen Geschäftsjahr seinen Umsatz um 16 Prozent auf 87,3 Milliarden Euro steigern konnte. Doch diese guten Nachrichten für die Aktionäre gehen unter, weil alle über die schwarzen Kassen für Schmiergeldzahlungen im Telekombereich sprechen. 420 Millionen Euro, die für solche Aktionen ins Ausland geflossen sein sollen, sind ja auch weiß Gott kein Pappenstiel. Ein halbes Dutzend Ex-Siemens-Manager saß wegen des Verdachts auf Untreue und Bestechlichkeit in Untersuchungshaft. Mittlerweile kommt sogar eine politische Dimension von höchster Brisanz hinzu: Nach Medienberichten geht die Frankfurter Staatsanwaltschaft dem Verdacht nach, daß der russische Telekommunikationsminister Leonid Reiman von Bestechungsdelikten und anderen illegalen Geschäften in dieser Branche profitiert haben soll.

Daß vor allem Siemens für seine dubiosen Auslandspraktiken am Pranger steht, ist selbstverständlich etwas heuchlerisch. Jeder Tourist weiß, daß es in vielen Ländern dieser Erde eben nicht preußisch zugeht und ein bißchen Bestechung an der Tagesordnung ist. Insbesondere Amerikaner und Franzosen haben keinen Grund, sich moralisch in die Brust zu werfen. Die Amerikaner flankieren die Geschäfte von US-Unternehmen häufig mit direktem politischen Druck über die Botschaften oder garnieren Verhandlungen über große Geschäfte mit dem dezenten Hinweis, daß ein entsprechendes Entgegenkommen des jeweiligen Landes auch mit militärischer "Entwicklungshilfe" gekoppelt sein kann. Um es etwas platt auszudrücken: Erst bomben die Amis ein Land in Schutt und Asche, und die nötigen Aufbauarbeiten dürfen die US-Firmen anschließend unter sich ausmachen. Vom Vorgehen der Franzosen in den ehemaligen Kolonien, insbesondere auf dem schwarzen Kontinent, wollen wir hier gar nicht sprechen. In einer Fernsehrunde bei Ulrich Wickert sagte denn auch Rudolf Vogel, der früher im internationalen Kraftwerkgeschäft für Siemens tätig war, daß deutsche Unternehmen auf dem Weltmarkt keine Chance haben, wenn sie sich den üblichen Sitten und Gebräuchen der jeweiligen Länder widersetzen. Wickert hat passenderweise vor kurzem das Buch "Gauner muß man Gauner nennen" auf den Markt gebracht ...

Seit einiger Zeit sitzt auch Johannes Feldmayer in Haft, einst ein hoch geschätzter Siemens-Zentralvorstand. Und hier sind wir am interessanten Punkt der Geschichte angelangt. Es muß nämlich die Frage geklärt werden, ob man es beim Siemens-Skandal auch mit dem "System-Hartz" zu tun hat. Die "FAZ" stellte die richtigen Fragen, die nun beantwortet werden müssen: "Hat Siemens mit den Zahlungen an Schelsky die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) als Gegenpol zur IG Metall gefördert? Hat sich der Konzern das Wohlwollen der von der AUB gestellten Betriebsräte erkauft?"

Zwischen 2001 und 2005 sollen Zahlungen in Millionenhöhe an die Beratungsgesellschaft des fränkischen Unternehmers und Ex-Siemens-Betriebsrats Wilhelm Schelsky geflossen sein. Ging es bei Siemens also zu wie bei Volkswagen?

Bevor der Skandal aufgeklärt ist, wird einige Zeit ins Land gehen. Vielleicht nutzen die inhaftierten Manager die Stunden hinter Gittern ja für Lektüre. Ein Büchlein mit dem Titel "Zehn Gebote für die Wirtschaft" aus der Feder des Trierer Sozialethikers Wolfgang Ockenfels sollte die Gefängnisleitung ihnen aufs Kopfkissen legen. Das hilft bei der Reue.


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