25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.04.07 / "Wir sind Murat Kurnaz"?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-07 vom 07. April 2007

"Moment mal!"
"Wir sind Murat Kurnaz"?
von Klaus Rainer Röhl

Wir sind Murat Kurnaz!" titelte die manchmal etwas verspielte und versponnene, wenn es drauf ankommt, aber immer noch linke "Tageszeitung". Die "taz" ist im Zweifelsfall für die Angeklagten, natürlich nur, wenn sie irgendeinen linken oder "Migranten-Hintergrund" haben. Wir erinnern uns noch gut an die radikalen Töne, als es um die inhaftierten Häuptlinge der selbsternannten Roten Armee-Fraktion ging. Die hatten den bewaffneten Kampf gegen den USA-Imperialismus auf ihre Fahnen geschrieben und ihre Forderung "Amis, raus aus Vietnam!" mit Bomben gegen amerikanische Soldaten und deutsche Prominente unterstrichen. Nun saßen sie in Stammheim und führten ihren Kampf weiter, ungebrochen, aber auch unberührt von Tatsachen. Einige, wie Christian Klar, kämpfen heute noch gegen den abstrakten Papiertiger "US-Imperialismus". Eines Tages gelang es ihren Sympathisanten, den berühmten Jean Paul Sartre nach Stammheim einzuladen und Andreas Baader machte dem greisen Philosophen weis, sie würden dort gefoltert. Sartre posaunte es in die Weltpresse. Ein schöner Erfolg für das Anwaltskollektiv. Zu den Anwälten von Baaders Terroristen-Truppe gehörten damals auch Otto Schily und Christian Ströbele, letzten Donnerstag waren sie Kontrahenten im Untersuchungsausschuß des Bundestags zum Fall Kurnaz. Wieder ging es um Folter.

Nicht einmal sehr anspruchslosen Lesern der Presse und Fernsehern kann entgangen sein, daß es schon lange nicht um Mitgefühl mit dem in Guantanamo nach eigenen Angaben "gefolterten" Türken mit dem Rübezahl-Bart ging, sondern schlicht darum, dem damaligen Kanzleramtschef und heutigen Außenminister eins auszuwischen, ihn unter Umständen so zu belasten, daß er zurücktreten müßte.

Am Ende der Vernehmung Steinmeiers war klar, was Beobachtern schon zwei Monate lang klar ist: Es gab kein Angebot der Amerikaner, Kurnaz in die Bundesrepublik zurückzuschicken. Dieser hatte sich zumindest gegenüber dem Bremer Verfassungsschutz verdächtig gemacht, indem er den 11. September als das Werk Allahs bezeichnet hatte, sich einen strapazierfähigen Kampfanzug gekauft hatte und Ende 2001 ziemlich überstürzt in das Gebiet um Peschawar gereist war, das damals und heute als Ausbildungsgelände und Rückzugsraum der Taliban dient. Hier befinden sich Trainingslager für die Freiwilligen aus allen Ländern, die den Heiligen Krieg gegen den Erzfeind USA nicht ungeschult führen wollen. Zwar hätten Polizei und Verfassungsschutz in Bremen über Kurnaz geurteilt "Dieser Mann ist noch kein Terrorist!", aber die Menge der Indizien sei der Grund für einen Verdacht gewesen, daß der Türke in terroristische Aktivitäten verstrickt sein könnte.

Kurnaz wurde in Kandahar von den Amerikanern festgenommen und ziemlich außerhalb der Legalität in das berüchtigte Schweigelager von Guantanamo gebracht. Murat Kurnaz ist türkischer Staatsbürger. Seine Freilassung wäre also Sache der US-Regierung und der Türkei gewesen und nicht der Bundesrepublik Deutschland. Deren Fürsorgepflicht kann sich ja nicht auf jeden von der Folter bedrohten Türken erstrecken - das wären ja praktisch alle Einwohner der Türkei.

Im Untersuchungsausschuß wurde nun auch aufgeklärt, wieso immer wieder das Gerücht entstehen konnte, die USA hätten Kurnaz in die Bundesrepublik entlassen wollen, unsere Regierung habe das aber ebenso böswillig wie menschenverachtend abgelehnt. Die bis heute hartnäckig

von linken Publizisten verbreitete These ist längst widerlegt. Durch die Aussage des SPD-Obmanns im BND-Untersuchungsausschuß, Thomas Oppermann: Tatsächlich hätten drei deutsche BND-Mitarbeiter mit einem CIA-Verbindungsmann in Guantanamo die Möglichkeit erörtert, Kurnaz in die Bundesrepublik zu entlassen und ihn als V-Mann in die islamistische Szene einzuschleusen. Als Agenten also. Wieso waren sich die US-Dienste übrigens so sicher, Kurnaz werde das Spiel mitspielen? Ein inoffzielles Angebot der amerikanischen Seite bestätigte auch der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Michael Hartmann (SPD). Das fragwürdige Angebot lehnten die Deutschen ab. Statt dessen habe man, so sagte der damalige BND-Chef und heutige Innenstaatssekretär August Hanning im Ausschuß, in der sogenannten Präsidentenrunde Ende Oktober 2002 beschlossen, daß im Falle einer Freilassung von Kurnaz "eine Einreise in die Türkei zu bevorzugen sei". Da lebte ja auch Kurnaz' junge Frau, fügte Schily diesmal noch hinzu, ein Grund mehr, in die Türkei zu gehen. Damit war die Sache ausgestanden. Schily war es. Steinmeier war endgültig entlastet.

Ströbele ruderte nach der Ausschuß-Sitzung am 29. März wieder zurück.

Die Hoffnung, den Außenminister durch ein Mischung von Stimmungsmache und Halbwahrheiten so zu beschädigen, daß er seinen Rücktritt anbieten würde, was das Ende der Großen Koalition bedeutet hätte, war geplatzt.

Tatsächlich werden innerhalb und außerhalb der Regierung vermehrt Planspiele angestellt, wie man die Koalition doch noch scheitern lassen könnte. Und das geht schneller, als man gedacht hat.

Im vergangenen Jahr trat der sächsische Bundestagsabgeordnete Nitzsche, der bei den Parteioberen wegen angeblich "rechtslastiger" Äußerungen in Ungnade gefallen war, aus Partei und Fraktion aus, um einem angekündigten Ausschluß zuvorzukommen. Ein zweiter Fall Hohmann. Doch auch das Ausscheiden weiterer Rebellen gegen die zunehmende Sozialdemokratisierung der Union kann Angela Merkel verkraften.

Wäre da nicht die Sache mit den Überhangmandaten. Normalerweise folgt bei jedem Ausscheiden aus der Fraktion ein "Nachrücker" der Partei in den Bundestag. Das gilt jedoch nicht für "Überhangmandate". Überhangmandate ergeben sich, wenn eine Partei bei der Bundestagswahl mehr Direktmandate erhalten hat, als ihr nach den Zweitstimmen zugestanden hätten. Laut höchstrichterlicher Rechtsprechung (Bundesverfassungsgericht) gibt es bei den Überhangmandaten keine Nachrücker! Überhangmandate hat die Union drei in Baden-Württemberg, vier in Sachsen. Hier liegt die Gefahr, die hauchdünne Mehrheit der Union von vier Stimmen (226 gegen 222) zu verlieren. Die Gefahr geht wie immer vom Volke aus beziehungsweise von seinen gewählten Vertretern. Schon verkündete Vizekanzler Müntefering ebenso drohend wie beruhigend: "Wenn die Union ihre Mehrheit verlieren würde, müßte natürlich etwas passieren. Die Union wird aber schon dafür sorgen, daß sie ihre Mehrheit in der Koalition behält!" Sonst gäbe es Neuwahlen.

Interessenten an einer solchen Entwicklung gibt es naturgemäß viele: Da sind zunächst die drei hoffnungslos zur Untätigkeit verbannten kleinen Oppositions-Parteien. Allen voran die SED-Nachfolgerin PDS, die mit versprengten Anhängern Lafontaines bei einer gerade beschlossenen Vereinigung als "Linkspartei" eine ernsthafte Chance sieht, bei einer Neuwahl auch im Westen Fuß zu fassen. Eine Hoffnung, die seit 1919, als eine "Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) sich von der SPD abspaltete, immer wieder aufflackert, aber jedesmal an den unüberbrückbaren Widersprüchen zwischen der demokratischen Linken und den nun einmal nicht demokratischen Kommunisten gescheitert ist. Eine Gefahr für die ohnehin geschwächte SPD bliebe die gut organisierte Linkspartei allemal. Eine in der SPD immer wieder neu entstehende Minderheit der Funktionäre - nicht nur im Jusoalter (bis 35) - würde eine solche Entwicklung durchaus begrüßen: Ergäbe sie doch für die SPD, zusammen mit der Linkspartei und mit den Resten der Grünen, die auch im Westen überall aus der Mitregierung herausgefallen und organisatorisch in der Auflösung begriffen sind, die Möglichkeit, den uralten Traum aller wirklich guten, romantischen, unverbesserlichen Weltverbesserer zu verwirklichen: die Volksfront! Sozialismus mit menschlichem Antlitz: ohne Heuschrecken, ohne Kapitalisten, ohne Ausbeutung, mit Mindestlohn und Krankenkasse für alle. Wie schön. Das wäre dann jener Kommunismus, von dem schon Bertolt Brecht schwärmte: Er ist das Einfache, er ist vernünftig, jeder versteht ihn, er ist leicht, er ist gut für dich, erkundige dich nach ihm. Aber, spottete der hellsichtige Dichter: Er ist das Einfache, das schwer zu machen ist.

Was bleibt von der Affäre Kurnaz? Zurück bleibt eine dumpfe antiamerikanische Stimmungsmache, die in dem reichlich undurchsichtigen Türken aus Bremen gern einen Märtyrer im Kampf gegen die USA gesehen hätte. Wir alle seien Kurnaz, schreibt die "taz". Sind wir? Ich jedenfalls nicht.

Was wird nun aus dem Rübezahl von Bremen? Dafür haben die Gutmenschen der Hansestadt bereits vorgesorgt. Er wird, nach jeder Tragödie kommt ein Satyrspiel, Medienbeauftragter in Bremen! Kurnaz hat eine Anstellung für ein halbes Jahr in dem Bremer Problemviertel Tenever, in dem Sozialhilfeempfänger und andere Mitglieder von Randgruppen - mit Migrationshintergrund versteht sich - leben. Hier wird der Verehrer von Allah, der den 11. September ermöglicht hat, "relevante Quartierentwicklungsthemen in türkischer Sprache auf die homepage von Tenever stellen" und eine Pressedokumentation über "Quartierentwicklungsprozesse" erarbeiten. 8400 Euro hat der Staat Bremen dafür bereits zur Verfügung gestellt. Keine Röhlsche Satire, sondern deutsche Realsatire von 2007.

Foto: Neuer Job für Kurnaz: Vom Steuerzahler finanziert


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren