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14.04.07 / Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-07 vom 14. April 2007

Wenn Adam Riese irrt / Verrechnet: Was Klimakatastrophe und Sozialversicherung mit dem politischen 1 x 1 zu tun haben
Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

Wie war das noch mal? "Am 30. Mai ist der Weltuntergang?" Ja, so lautete der Refrain dieses lustigen Schlagers: "Am 30. Mai ist der Weltuntergang, wir leben nicht mehr lang, wir leben nicht mehr lang." Wer sich erinnert, der kann mitsingen. Ein richtiger Ohrwurm war das. Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen, in jedem gab es einen 30. Mai - und wir leben immer noch. Doch gemach, niemand sollte sich zu früh freuen. Pünktlich zum Osterfest legte uns der Weltklimarat der Vereinten Nationen den zweiten Teil seines Klimaberichts ins Nest. Und wer geglaubt hatte, schlimmer geht's nimmer, der hat keine Ahnung von

den Überraschungseiern, die ein tüchtiger Weltuntergangsprophet locker aus dem Hut zaubert. Die nächste Fortsetzung ist auch bereits angekündigt: Weltuntergang Teil drei wird demnächst im Mai (!) präsentiert. Also doch im Mai, wie es das fröhliche Liedchen schon ganz richtig angekündigt hatte.

Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Der Zustand unserer Erde gibt zu ernsthaften Sorgen Anlaß. Allzu leichtfertig wird mit ihr umgegangen. Niemand wird bestreiten, daß es höchste Zeit ist, innezuhalten und sich der Konsequenzen eines permanenten Raubbaus bewußt zu werden. Doch die Inszenierung des gewärtigen Weltunterganges ähnelt fatal lärmender Schaumschlägerei. Oder wie soll man sich das vorstellen, wenn einige hundert Wissenschaftler, angetrieben und ausgebremst von der gleichen Anzahl von Politikern,

eifrig am Untergang der Welt basteln? Fünf Tage und eine komplette Nacht hat die gemischte Truppe gefeilscht und gerauft, bis das Werk vollendet war: nachgewiesener Untergang komplett auf 23 Seiten. Die heißen Quellen des Weltklimarates sprudelten nur so, es kam zu Eruptionen von Klimadaten, gegen die ein Geysir vom Format eines Old Faithful ein mickriges Püsterchen ist. Diplomatisch geübt, preßten die politischen Durchlauferhitzer dabei nach jeweiliger nationaler Interessenlage Wasserdampf heraus oder hinein. Bis endlich die Schrift an der Wand fertig war, mit der sich demnächst alles, aber auch wirklich alles wird durchsetzen lassen: Abgaben auf Flugtickets (auch wenn niemand erklären kann, warum teurer verpestete Luft besser verpestete Luft ist), umgemodelte Steuern auf Personenwagen (die unter dem Strich garantiert ein paar Euro mehr einbringen) oder auch nur höhere Bierpreise (weil es lukrativer ist, Gerste zu Biosprit zu verarbeiten als zu Bier - was ja eine ganze Menge bedeutet).

Man muß also mit allem rechnen. Vor allem muß man mit dem Schlimmsten rechnen. Beispielsweise mit rechnenden Politikern. Erinnern Sie sich noch an einen Wirtschaftsminister namens Wolfgang Clement? Wolfgang Clement rechnete. Als Ergebnis wollte er den Tag der Deutschen Einheit abschaffen. Nicht, weil es ihm an Patriotismus gemangelt hätte. Wie sollte man denn auf solch einen Gedanken kommen. Das Gegenteil war der Fall, aus purem Patriotismus wollte er den Nationalfeiertag aus dem Kalender kegeln. Wenn mehr gearbeitet wird, hatte er ausgerechnet, dann geht es der Wirtschaft besser. Folglich auch Deutschland. Um 0,1 Prozentpunkte lege das Wachstum zu, wenn an diesem Tag in die Hände gespuckt werde, statt sie in den Schoß zu legen. Warum sollte man nicht den sinnstiftenden Tag einer Nation für eine Handvoll Euro opfern?

Na ja, ist lange her, beinahe schon drei Jahre. Und Wolfgang Clement hat den Vorschlag ja auch nicht wiederholt, nachdem er damit gehörig auf die Nase gefallen war. Aber eine andere Rechnung, die hat er während seiner Amtszeit immer wieder aufgemacht, die muß ihm sehr gut gefallen haben.

Immer, wenn die Zahlen der Arbeitslosen stiegen (und sie waren das einzige, was damals mit einiger Zuverlässigkeit stieg), dann verkündete Wolfgang Clement: Dies nun sei das Zeichen des lange erwarteten Aufschwungs, die Arbeit der Regierung trage Früchte (seine insbesondere). Der Mann rechnete eben politisch. Und eine solche Rechnung geht so: Eins minus Eins gleich Zwei (plus).

Zu eben jener Zeit rechnete Herr Hartz vor, wie aus Hartz II plus Hartz IV minus Ein-Euro-Job schwuppdiwupp eine Drei plus wird. Das war dann allerdings schon höhere Mathematik, weshalb der Herr Hartz zur Verkündung dieser Thesen in den Französischen Dom zu Berlin ziehen durfte, darunter ging es nicht. Inzwischen wissen wir, daß der Herr Hartz auch andere Dinge außerordentlich generös rechnete, aber das ist ein anders Kapitel, in dem er sich verrechnete.

Seit vielen Jahren wird geklagt, die Schüler hätten nicht richtig rechnen gelernt, wenn sie die Schule verließen. Dieser Mangel ist bekannt. Neu ist allerdings die Erkenntnis, daß diese Schüler inzwischen erfolgreich den Marsch durch die Institutionen absolviert haben. Wie anders wäre es zu erklären, daß uns augenblicklich nahezu jeden Tag Rechungen präsentiert werden, die nicht aufgingen. Das muß nicht einmal immer schädlich sein, im Gegenteil. Jener Gemüsehändler, der seine Kiste Blumenkohl für einen Euro einkauft, sie für zwei Euro verkauft und bescheiden erklärt, von dem einen Prozent Aufschlag lebe er, verrechnet sich ja auch nicht zu seinem Nachteil. So ähnlich haben wahrscheinlich auch alle jene gerechnet, die plötzlich feststellen, daß sie viel zu viel Geld in der Kasse haben. Ja doch, ja, zuviel. Daran, daß es immer zu wenig ist, haben wir uns gewöhnt, das ist in Ordnung. Aber nun ist plötzlich zuviel Geld da, und niemand kann (oder will) erklären, woher das kommt.

Die deutsche Wirtschaft, gestern noch ein Sanierungsfall, der nur durch Massenentlassungen künstlich am Leben gehalten werden konnte, floriert so stark, daß sogar die Arbeitgeber in Jubelchöre ausbrechen - obgleich sie ganz genau wissen, wie schädlich (weil teuer) solch Jubel ist. Vor allem aber: Die auf Kosten der Steuerzahler in den Vorruhestand geschaßten Heerscharen haben ihre Arbeitsplätze noch nicht gänzlich geräumt, da wird bereits das Klagelied über mangelnde Fachkräfte angestimmt. Die Wirtschaft könnte noch mehr brummen, wenn sich nur genügend Leute fänden, die all die schönen Aufträge abarbeiten. Hat sich da vielleicht jemand verrechnet?

Spätestens seit der Gesundheitsreform wissen wir, daß das Wort "Reform" eine vollkommen andere Bedeutung hat, als bisher angenommen. Laut Duden ist eine Reform die "Verbesserung des Bestehenden": Dieser Begriff muß reformiert werden: Reform ist die Erhöhung der Einnahmen in einem fortlaufenden Prozeß. So gesehen, war es absolut konsequent, nach der Gesundheitsreform umgehend die Reform der Pflegeversicherung anzustoßen, selbstverständlich mit den Anhebungen der Beiträge. Und nun dies: Ein Überraschungsei ausgerechnet in den Sozialkassen. Die Notleidensten aller Notleidenden haben mehr als sie benötigen, einen milliardenfachen Überschuß. Nutznießer sind: Krankenkassen, Rentenversicherung, Bundesanstalt für Arbeit! Haben die nicht gestern noch um ihr Überleben gerungen? Oder hat sich auch da vielleicht jemand verrechnet?

Oder die Lkw-Maut. Nach jahrelangem Debakel, weil die Kassenhäuschen nicht fertig wurden, gerät der Bundesverkehrsminister in Verzückung, wenn er das Wort Maut nur aussprechen darf. Die Einnahmen sprudeln, und alle sollen sich darüber freuen. Auch diejenigen, die mit ihren Euros und Cents für den Segen in der Kasse sorgen. Also jeder, der irgendwann irgendetwas einkauft. Die Maut wurde eingeführt, damit mehr Güter mit der Bahn transportiert werden. Nur leider hat die Bahn nicht so viele Waggons, wie sie Aufträge haben könnte. Hat sich da vielleicht auch jemand verrechnet? Macht nichts, wenn weniger Lastwagen führen, gäbe es auch weniger Maut. Und somit auch keine Erfolgsgeschichte. Denn Erfolg wird immer noch am Geld gemessen. Weshalb ja auch die Probleme mit dem Klima behoben wären, wenn endlich eine Klimaabgabe eingeführt wäre. Dann wäre es eine Erfolgsgeschichte, wenn möglichst viel Schadstoff in die Luft und somit möglichst viel Geld in die Kasse käme. So muß man rechnen.

Hans Heckel hat sich eine Auszeit genommen und ist in zwei Wochen wieder da.


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