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21.04.07 / Kreml zeigt Nerven / Harter Polizeieinsatz gegen Demonstranten - Angst vor weiteren Protesten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

Kreml zeigt Nerven
Harter Polizeieinsatz gegen Demonstranten - Angst vor weiteren Protesten
von Klaus Apfelbaum

Gehen den Machthabern im Kreml jetzt die Nerven durch? Mit nicht gekannter Härte sind die Sicherheitskräfte gegen Demonstranten eingesetzt worden - darunter Straßenkampf-Spezialisten der Eliteeinheit "Omon". An die 400 Teilnehmer der Kundgebungen in Moskau und St. Petersburg wurden festgenommen, unter ihnen der frühere Schachweltmeister Garri Kasparow. Er gehört zu den Wortführern der Protest-Partei "Das andere Rußland". Kasparow und seine Mitstreiter verlangen mehr Freiheitsrechte.

Der welterfahrene Kreml-Präsident Wladimir Putin weiß, was diese Fernsehbilder anrichten, wie sie das Ansehen Rußlands beschädigen - trotzdem geht der Kreml auf die Demonstranten los.

Aus den Jahren vor und nach der Jahrtausendwende muß man eine Erkenntnis ziehen: Die Sicherheitskräfte können letzten Endes autokratische Systeme nicht mehr schützen, wenn die Bürger aufbegehren. Die Beweiskette ist lang: Polen, die DDR, die damalige Tschechoslowakei. Besonders alarmiert hatte Rußland der Sturz des getreuen Slobodan Milosevic 2000 in Belgrad, die Rosenrevolution von 2003 gegen Eduard Schewardnadse und die Orangene Revolution 2004 in der Ukraine. Diese Regimes hatten sich mit Wahlfälschungen behaupten wollen - und waren in wenigen Wochen so planmäßig beseitigt, als gäbe es ein neues Naturgesetz in der Politik.

Nur eine Ausnahme gilt: China hatte 1989 jede Opposition im frühesten Stadium beseitigt - mit großer Grausamkeit: 3000 Menschen starben bei dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens.

Wohin steuert Rußland? Nach den Umfragen könnten sich Putin und seine Kreml-Partei "Einiges Rußland" auf eine breite Zustimmung im Land stützen. Aber was sagen Veröffentlichungen dieser Art schon aus in einem Land mit gelenkten Medien?

Putin und seine Vertrauten sind in Geheimdiensten geschult worden; sie können aus den Informationen der Dienste ihre Schlüsse ziehen. Argwöhnisch versuchen sie den Punkt auszumachen, an dem aus den Protesten der Unzufriedenen eine Massenbewegung wird.

Gesichert ist die Zukunft der Kreml-Oligarchen offenbar nicht. Im Vorfeld der Parlamentswahlen ist noch offen, ob sich Putins Partei gegen die Duma-Konkurrenz "Gerechtes Rußland" behaupten kann. Neben Kasparows offener Opposition "Das andere Rußland" muß Putin mit der "Vereinigten Bürgerfront" rechnen, den Kommunisten und der Wendepartei Jabloko. Die Nationalisten von Wladimir Schirinowskij sind nach dem Verbot im Untergrund weiter aktiv.

Ein anderer Widersacher Putins, Boris Beresowskij in seinem Londoner Exil, gießt genüßlich Öl ins Feuer: Er wolle gern eine "Revolution in Rußland" finanzieren. Schließlich wartet in sibirischer Haft Michail Chodorkowskij auf seine Befreiung; den ehemaligen Yukos-Chef hatte Putin vor der letzten Duma-Wahl ausgeschaltet und den Öl-Konzern zerschlagen.

Vor den Wahlen 2008 sieht die Lage im Land deutlich dramatischer aus, viel sozialer Sprengstoff hat sich angesammelt: In den letzten Monaten hat die Regierung Vergünstigungen abgeräumt. Daß die bisher gut versorgte Sowjet-Nomenklatura wegen der drastischen Rentenkürzungen verarmt, ist die eine Seite. Daß alle Rentner nicht mehr kostenfrei die Verkehrsmittel nutzen dürfen und keinen Zuschuß mehr für Telefon, Strom und Heizung bekommen, ist die andere Seite - und das bei Altersbezügen, die nicht zum Leben reichen. Gefährlich kann es werden, Studenten die Zukunft zu verbauen; ihnen wurden alle Zuwendungen wie Miet- und Nebenkosten gestrichen: Eine Katastrophe in den überbevölkerten Metropolen wie Moskau oder St. Peterburg.


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