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21.04.07 / Die Methode Merkel: Ein fatales Signal für die Partei / Oettinger jede Rückendeckung verweigert - Kapitulation vor dem Zeitgeist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

Die Methode Merkel: Ein fatales Signal für die Partei
Oettinger jede Rückendeckung verweigert - Kapitulation vor dem Zeitgeist
von Klaus D. Voss

Es ist ein neuer Tiefpunkt im politischen Leben Deutschlands: Keiner ihrer Vorgänger hätte sich erlaubt, was Bundeskanzlerin Angela Merkel sich herausgenommen hat - einen Ministerpräsidenten in aller Öffentlichkeit derart zu tadeln. Kritik im politischen Leben kennt ihre Formen.

Biestigkeit gehört nicht dazu. Der Fall im einzelnen: Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte mit dem Stuttgarter Regierungschef Oettinger über dessen Grabrede auf Hans Filbinger telefoniert, dann - ungehalten über den Verlauf des "Vier-Augen-Gesprächs" - Auszüge davon an die Presse weitertragen lassen. Alles nur mündlich, kein Papier, auf das man sich zur Richtigstellung beziehen könnte. Diese Methode schmeckt nach einem "durch die kalte Küche fertig machen".

Man hätte von der Parteichefin das Gegenteil erwarten dürfen, nämlich Wiedergutmachung in doppelter Hinsicht. Es geht nicht nur um Filbinger, es geht auch um ein trauriges Kapitel in der CDU-Geschichte: 1978 hatte die Union einen der ihren im Stich gelassen. Heute herrscht unter vernünftigen Menschen die gesicherte Ansicht vor, daß die Vorwürfe gegen den Marinerichter Filbinger in der Sache unbegründet waren - letztlich es nur die "ungeschickte Verteidigung" des Ministerpräsidenten gewesen sei, die zu seinem Rücktritt führte. Oder deutlicher gesagt - die CDU hatte Filbinger sich selbst überlassen und das Feld für die Faktenverdreher freigemacht.

Das Signal, das Merkel jetzt gegen Oettinger setzte, ist genauso fatal. Jeder, der in einer Grabrede auf Hans Filbinger die historischen Fakten rechtschaffen behandeln und damit dem Toten seine Ehre lassen wollte, mußte mit einer Wiederaufführung der alten Klamotte vom "Furchtbaren Juristen" rechnen - ganz gleich, welche Worte er wählen sollte. Doch statt Oettinger vor unangemessener Kritik zu schützen, gab Merkel das Trommelfeuer frei.

Überhört wurde dabei, daß Oettinger mit keinem Wort Filbinger zum "Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime" stilisiert hatte, wie die Kritikerschwadron es glauben machen will. Das war Filbinger nicht, aber er war auch kein Parteigänger der Nazis; hier urteilt Oettinger richtig.

Die Lehre aus dem Fall ist bitter für die Union - auch 30 Jahre nach der Affäre Filbinger hat die Parteiführung noch immer nicht genug Selbstbewußtsein entwickelt und schwankt mit dem Zeitgeist - ganz gleich wie die Parteibasis denkt.

Oettinger blieb letztlich nur die Wahl zwischen Klugheit und Standhaftigkeit; er entschied sich dafür, die Baden-Württemberger aus der Schußlinie zu nehmen.

Als Fußnote bleibt anzumerken: Filbingers Biographie hatte den schwierigsten Abschnitt der deutschen Geschichte durchqueren müssen.

Über diese Jahre sollte nur urteilen, wer die Fakten auch korrekt benennen und die Umstände bewerten will, unter denen damals gehandelt werden mußte.

Eine Grundregel, die eigentlich immer gilt - selbst im Fall Angela Merkel.

Niemand, der die Zwänge und Verpflichtungen im SED-Staat wirklich einschätzen kann, wird ihr lange vorhalten wollen, daß die junge Physikerin vorsichtshalber noch ihre FDJ-Bluse im Schrank hatte - 1978, als Angela Merkel nach einer wissenschaftlichen Karriere zu DDR-Bedingungen gierte.


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