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21.04.07 / Wer soll was bezahlen? / Der Bund und das Land Berlin streiten über die Finanzierung des Stadtschlosses

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

Wer soll was bezahlen?
Der Bund und das Land Berlin streiten über die Finanzierung des Stadtschlosses
von Harald Fourier

Wer den neuen Hauptbahnhof am Nordeingang verläßt, sich nach rechts wendet und dann unter den gewaltigen Schienensträngen außen an dem Glaspalast entlanggeht, der passiert einen fast unscheinbaren Eingang. Darüber prangt ein "U", was ihn als Zugang zur U-Bahn ausweist.

Das "U" ist aber durchgestrichen. Und ein Blick nach links zeigt dem Spaziergänger einen weiteren Eingang zur U-Bahn. Dort ist eine Treppe, die nach unten führt. Ein Schild verrät, daß es dort zum U-Bahnhof "Hauptbahnhof" geht.

Es gibt aber im ganzen Berliner U-Bahnnetz keine Station, die "Hauptbahnhof" heißt.

Hinter diesem geheimnisvollen Eingang zur Berliner Unterwelt verbirgt sich eine Stichwort, das seit Jahren ein Dauerbrenner der Berliner Politik ist: die Kanzler-U-Bahn. Diese Mini-Strecke zur Anbindung von Hauptbahnhof und Kanzleramt an das restliche U-Bahnnetz ist noch immer nicht fertig, weil der Bund und das Land sich über die Finanzierung uneinig sind.

Eigentlich ist die Sache klar: So eine U-Bahnstrecke muß die Stadt eigentlich selbst bauen. Was geht das den Bund an? Andererseits ist es ein Bauprojekt im unmittelbaren Zusammenhang mit der deutschen Einheit. Und außerdem bindet sie ja das Kanzleramt an den Berliner Nahverkehr an. Deswegen auch die propagandistische Formel "Kanzler-U-Bahn", so als würde Angela Merkel mutterseelenallein damit fahren (wobei die entsprechenden Planungen noch auf ihren Vorvorgänger Helmut Kohl zurückgehen).

Genau so ein Streit zwischen Bund und Land ist jetzt auch in der Frage des Berliner Schlosses entbrannt: Wer soll was bezahlen? Der Senat ist heillos über diese Frage zerstritten. Und Klaus Wowereit mußte von der Ferne (er weilte in der vergangenen Woche noch im Osterurlaub) verfolgen, wie sich seine Kollegen gegenseitig widersprachen - sehr zur Freude der profilierungssüchtigen schwarz-grünen Opposition.

Schon jetzt plant die Bundesregierung für die Zeit nach dem Abriß des Palastes der Republik. Der vollzieht sich noch immer in einem masochistischen Schneckentempo, soll aber 2008 abgeschlossen sein. Dann soll auch der Architektenwettbewerb abgeschlossen sein, so daß im Sommer 2009 der erste Spatenstich und die Einweihung zwei Jahre später erfolgen können.

Bundesbauminister Tiefensee gilt als großer Schloß-Befürworter. Auf seine Initiative hin wird das Kabinett wohl den Wiederaufbau des Schlosses als "Humboldt-Forum" beschließen.

Nicht in den Plänen der Bundesregierung enthalten sind die Überdachung und die historische Fassade, die das Schloß erst zum Schloß macht. Für letztere will der Schloß-Lobbyist Wilhelm von Boddien 80 Millionen Euro auftreiben. Nach dem Erfolg der Dresdener Frauenkirche ist wohl anzunehmen, daß von privater Hand genug für so ein Projekt zusammenkommt.

Doch im Streit zwischen dem Bund und dem Land geht es um den Anteil des Landes an den geschätzten reinen Baukosten von 480 Millionen Euro. Berlin soll 50 Millionen beisteuern, also gut ein Zehntel der Gesamtsumme.

Die Linkspartei, der das ganze Projekt von Anfang an ein Dorn im Auge war, mauert. Klaus Lederer, PDS-Chef in Berlin, findet: "Wir fahren einen harten Konsolidierungskurs. Wir können deswegen nicht immer Geld auf den Tisch legen, wenn es die Bundesregierung wünscht."

Lederer kann auf einen Genossen in der SPD setzen: auf Thilo Sarrazin. Der Finanzsenator ist für Mehrausgaben grundsätzlich nicht zu haben und wiegelt ab. Berlins Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer dagegen ist zwischen Ja und Nein hin- und hergerissen. Sie will mit dem Bund "verhandeln", was immer das auch heißen mag.

Für die schwarz-grüne Opposition ist das eine Steilvorlage. Gerade erst hat Friedbert Pflüger in einem "Cicero"-Aufsatz wieder einer Koalition mit den Grünen das Wort geredet ("Schwarz-Grün für Berlin, Plädoyer für ein neues politisches Farbenspiel"), da finden beide Parteien auch wirklich zusammen.

So fordern beide Parteien den Senat zum Ende der Zurückhaltung auf. Das ist Politik paradox: Normalerweise warnen Oppositionspolitiker vor Mehrausgabe und fordern mehr Haushaltsdisziplin. Diesmal ist es umgekehrt.

So forderte der CDU-Kulturpolitiker Michael Braun, Wowereit müsse "die Brüskierung des Bundes" beenden. Und die Spitzen-Grüne Eichstädt-Bohlig kritisierte: "Berlin ist zur Mitfinanzierung des Humboldtforums nicht nur moralisch, sondern auch faktisch verpflichtet."

Der Grund: Ein Teil der Berliner Bibliotheken wie die der Humboldt-Uni soll später dort untergebracht werden.

Der Bund drückt also aufs Tempo - zu Recht. Wenn Knut eines Tages ausgewachsen ist, dann wird Berlin neue, dauerhafte Attraktionen wie das Stadtschloß benötigen. Nichts wäre schlimmer, als wenn Touristen durchgestrichene Schilder vorfänden, auf denen zwar "Zum Berliner Schloß" stünde, die aber den Weg auf einen kahlgefegten Platz wiesen - wie die Schilder, die zur "Kanzler-U-Bahn" zeigen.

Foto: Blick auf eine Trümmerlandschaft: Touristen bietet sich im Herzen Berlins kein schöner Anblick. An der Stelle, wo 2011 das Stadtschloß wieder stehen soll wird noch bis 2008 der asbestverseuchte Palast der Republik abgerissen.


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