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21.04.07 / Böse Union - Linke warnen vor Rechtsruck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

"Moment mal!"
Böse Union - Linke warnen vor Rechtsruck
von Klaus Rainer Röhl

Gerade freuten wir uns, daß alles so schön ist. Das Wetter warm, die Amseln singen, die Steuereinnahmen sprudeln, die Sozialkasse läuft über, und die Arbeitslosenzahlen nehmen ab, die Kanzlerin ist noch im Osterurlaub. Alles bestens.

Da schlugen die Zeitungen und Sendeanstalten Alarm. Zuerst der ganz große Aufreger: Ein CDU-Ministerpräsident, Günther Oettinger von Baden-Württemberg, hat eine Trauerrede am Grabe von Hans Filbinger gehalten, einem dort einst sehr beliebten Ministerpräsidenten. Filbinger wurde 93 Jahre alt, schon 1978 war er, wegen seiner Tätigkeit als Marinerichter im Zweiten Weltkrieg, zurückgetreten. Oettinger hatte versäumt, etwas Distanzierendes über die NS-Vergangenheit des Ehrenpräsidenten der CDU zu sagen.

Die "Süddeutsche" und nach ihr die halbe Provinzpresse gaben sich erschüttert. Der Zentralrat der Juden und die SPD schlugen Alarm. Sogar der Direktor des Simon Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, forderte Oettinger zum Rücktritt auf. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, - hatten Sie diesen Namen vorher schon mal gehört? - erhob schwere Vorwürfe gegen Oettinger. Er bediene mit seiner Trauerrede den "rechten Rand". Steckt die CDU tief im braunen Sumpf, lautet, etwas verkürzt, die besorgte Frage. Denn die Parteimitglieder und Abgeordneten der CDU aus dem Ländle fanden die Rede ihres Ministerpräsidenten gut. Sogar sehr gut: "Der Ministerpräsident hat vielen Menschen in Baden-Württemberg aus dem Herzen gesprochen, anderen offensichtlich nicht", sagte der Finanzminister des Landes, Gerhard Stratthaus (CDU), trocken. Der Vorsitzende der Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg, Brunnhuber, nannte die Rede Oettingers eine Meisterprüfung: "Für unsere Anhänger hat er einen ganz, ganz großen Schritt getan. Das wird ein ganz Großer" (Interview in "Focus"). Die Bundestagsfraktion, der Landesverband der CDU, der Ministerpräsident und seine Minister im bestverwalteten und erfolgreichsten Bundesland neben Bayern. Ist das nun der rechte Rand? Um so schlimmer für den Zentralrat der Juden und die anderen Entrüster: Wenn das "das Ausland" erfährt! Angela Merkel solle sofort den "Schaden begrenzen", rieten die linken Medien. Tatsächlich rief sie Oettinger aus dem Urlaub an. Eine vorsichtige Rüge: Ja, aber. Wird das genügen? Hochhuth und der "Süddeutschen" genügt es nicht. Die bleiben dran. Wenn sie nicht schnell reagieren, ist auch Ralph Giordano noch dran. Klaus Staeck ist schon tief betroffen. Die anderen Schriftsteller auf Anfrage.

Damit nicht genug der Alarmmeldungen. Scheinbar ist über Ostern eine Art Verschwörung bei der CDU ausgebrochen. Bundesinnenminister Schäuble (CDU), so empören sich die linken Leitmedien, will die biometrischen Daten, mit denen die neuen, elektronischen Reisepässe ab November 2005 ausgerüstet werden, jetzt der Terroristenfahndung zugänglich machen. Die Begründung leuchtet ein: Weil der Terrorismus mit den modernsten technischen Raffinessen arbeitet, will Schäuble auch online auf die Daten der Paßämter zugreifen, ebenso die Maut-Daten für Fahndungszwecke nutzen und, bei Verdacht, auch private Computer überwachen dürfen.

Diesmal schlugen nicht der Zentralrat, sondern die Datenschützer und die drei Oppositionsparteien Alarm. Vor allen Dingen die FDP und der als Innenminister glücklose Gerhard Baum, zuletzt als Befürworter einer Entlassung aller RAF-Häftlinge bei "Christiansen" am Bildschirm zu sehen. Katrina Schubert, Vizechefin der Links-Partei, fürchtet auch den Überwachungsstaat, die DDR fürchtete sie nicht. Die Grünen riefen sogar zu einer Demonstration gegen Schäuble auf, zu der allerdings wegen des schönen Wetters fast niemand erschien. Deutschland auf dem Weg zum Überwachungsstaat! Die Kanzlerin wird auch diesen "Schaden begrenzen" müssen. Wahrscheinlich durch ihre bereits bewährte Taktik bei Vorwürfen des Koalitions-Partners: Dementieren, Vertagen, Abschwächen. Große Politik? Eher eine Art SPD-Politik aus dem Kanzleramt.

Kurz vor Ende der Ferien schlagen die Linksliberalen noch einmal Alarm: Bundesminister Franz Josef Jung (CDU), heißt es, befürworte den Aufbau des amerikanischen Raketen-Abwehrsystems in Polen und Tschechien und schlage seine Einführung für ganz Europa vor. Stimmt. Die Abwehrsysteme richten sich gegen eine Bedrohung durch Atomwaffen, an denen gegenwärtig im Iran mit Hochdruck gearbeitet wird, während Langstrecken-Raketen in Nordkorea bereits getestet wurden. Der SPD-Generalsekretär Heil warnte vor einer Verärgerung der Russen. Der SPD-Vorsitzende Beck hatte schon zuvor das Raketen-Abwehrprogramm abgelehnt. Deutschland auf dem Weg zu einem gefährlichen Kriegsabenteuer? Ins selbe Alarm-Horn tröten auch der FDP-Vorsitzende Westerwelle und der Grünenchef Bütikofer.

Die Bundeskanzlerin muß auch hier "Schaden begrenzen". Wie wird sie reagieren? Dementieren, Vertagen, Abschwächen. SPD-Politik aus dem Kanzleramt?

Was ist der gemeinsame Nenner dieser Alarm-Meldungen am Ende der Osterferien? Daß sie sich alle gegen führende CDU-Politiker richten, gegen die die Kanzlerin in Stellung gebracht werden soll. Wir sprechen hier nicht von der Linkspartei, die unbesehen fast alle Maßnahmen der Bundesregierung bekämpft, nicht von den Grünen, denen die Themen und die Wähler davonschwimmen, oder der FDP, deren oft richtige Vorschläge darunter leiden, daß niemand sich dafür interessiert, weil sie keine Aussichten haben, irgendwo realisiert zu werden. Wir sprechen auch nicht von Fernsehsendungen wie "Monitor" oder "Panorama", denen die Ausrufung von Alarmen nicht nur Herzenssache, sondern auch Beruf ist. (Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht!) Von diesem Panik-Orchester ist nichts zu erwarten als ein gewisser Unterhaltungswert an einem Fernsehabend nach dem "Tatort". Nein. Wir reden von den realen Kräften, die gegenwärtig wie Magnetfelder das komplizierte Gebilde Große Koalition zusammenhalten.

Fragen wir uns, was hinter den hartnäckig betriebenen Kampagnen gegen so unterschiedliche Unionspolitiker stehen mag. Ist etwas dran an den laut vorgetragenen Besorgnissen? Stecken tatsächlich die meisten CDU-Mitglieder mit einem Bein im braunen Sumpf, so tief, daß sogar schon der Zentralrat der Juden und Frau Knobloch, das Simon Wiesenthal Zentrum, die Gewerkschaften und die "Schriftsteller" Alarm schlagen müssen?

Was wollte Hochhuth in der "Süddeutschen" erreichen? Was wollte er, der schon den lebenden nicht mehr verletzen konnte, vom toten Hans Filbinger? Jeder erinnert sich noch an die Wahl des Bundespräsidenten im Jahr 2004, wo der alte Schriftsteller, wie ein Fossil der 68er Epoche, noch einmal Morgenluft witternd, den gesundheitlich schwer angeschlagenen Filbinger wie vor 30 Jahren mit der Antifa-Keule treffen wollte und seine damals wie heute fehlerhaften (die "FAZ") und lückenhaften Papiere über den Ministerpräsidenten als Marinerichter noch einmal aus dem Staub der Archive zog. Mit dem einzigen, peinlich offenliegenden Grund, selber noch einmal auftreten zu dürfen wie ein alter Schauspieler in seiner allerletzten Talkshow - um die deutlich spürbare Wende des Zeitgeists zu verhindern oder wenigstens zu verzögern. Das heißt, der CDU mitten in der Schlußrunde der Präsidentenwahl schnell noch irgendwas zwischen die Beine zu schmeißen, ohne viel Aussicht auf Erfolg, aber vom Nachrichtenchef Wickert mit ein bißchen Hoffnung in die Hauptsendezeit gebracht, vielleicht schafft er es ja doch, der deutsche Dichter? Ändern Dichter die Welt? Ein "NS-Richter" - damals war Filbinger noch Abgeordneter - wählt den neuen Bundespräsidenten, das darf nicht wahr sein. Durfte es aber, Köhler wurde gewählt, Gott schütze unser Land, und Hochhuth verschwand von der Bildfläche. Richtig gut als Dramatiker war Rolf Hochhuth ja nie, eher Journalist, sein hölzern-holperiger Stil mußte immer erst durch einen hehren antifaschistischen oder antiklerikalen Inhalt gewissermaßen geadelt und getüncht werden, literarisch hatte er sich immer nur so durchgemogelt bis zu diesem letzten Auftritt in der "Tagesschau", hämisch ein Opfer von der CDU-Chefin fordernd. Würde Filbinger ausgeschlossen werden? Damals hielt Angela Merkel stand, die bei dem Abgeordneten Hohmann vor der Kampagne der Linksliberalen eingeknickt war. Sie ist, vor allem, eine kluge Frau, und darauf müssen wir auch weiter hoffen. Auch diesmal, im Fall Oettinger, hätte sie nicht einknicken müssen. Es bestand gar keine Veranlassung zur Hektik. Denn: Natürlich plant die Union keinen gläsernen Menschen und keinen Überwachungsstaat, das ist übrigens Vertrauenssache. Und die Beteiligung an dem Raketen-Abwehrprogramm werden sie mit den Experten erwägen, dürfen wir hoffen, und nicht mit dem Abgeordneten Ströbele. In aller Ruhe. Aber mit steigenden Sympathiewerten und einer Zustimmung der Bevölkerung zu dem Einsatz der Tornado-Flugzeuge in Afghanistan und - vielleicht auch bald zur weiteren Nutzung der Kernenergie - gegen die Klimakatastrophe durch Kohle, Gas und Öl!

Die Probleme haben zur Zeit nur die anderen, nicht die Kanzlerin. Ihre Sympathiewerte - und die ihrer Partei - steigen. Von der SPD dagegen wurde bekannt, daß jeder zweite Wähler nicht einmal weiß, wie ihr Vorsitzender heißt, und daß ihre Wahlprognosen bei zirka 30 Prozent nahezu festgefroren sind, hoffnungslos. Keine Aussicht, aus der Koalition herauszukommen ohne noch größere Verluste.

So gut stehen die Chancen zur Verwirklichung einer richtig guten Politik für die Union. Für Deutschland. Für Europa meinetwegen. Das schließt sich ja manchmal nicht aus. Angela Merkel kann zur Zeit ziemlich alles durchsetzen. Nur manchmal fragt man sich: Will das die Kanzlerin auch?

Foto: Merkel sollte langsam grimmig werden: Vom Koalitionspartner zu Reaktionen genötigt


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