29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
21.04.07 / Die Opfer leiden heimlich / Mobbing in der Schule: Wie Eltern ihren Kindern helfen können

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

Die Opfer leiden heimlich
Mobbing in der Schule: Wie Eltern ihren Kindern helfen können
von Anja Schäfers

Es gibt viele Formen von Mobbing in der Schule. In den Fällen, über die am häufigsten gesprochen und geschrieben wird, geht es um offene Gewalt. Kinder werden von Mitschülern geschlagen oder getreten, ihnen werden Sachen zerstört oder Gegenstände weggenommen. In vielen Fällen von Mobbing fehlen aber solche äußeren Anzeichen.

"Noch häufiger müssen Mobbing-Opfer verbale Gewalt und Ausgrenzung erleiden", sagt Johann Haffner, Psychologe in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg. Dabei werden Kinder zum Beispiel beschimpft oder lächerlich gemacht, es werden Lügen über sie in Umlauf gesetzt oder ihre Mitschüler reden nicht mehr mit ihnen.

Nicht jedes Hänseln oder jeden Streit bezeichnet man als Mobbing. "Davon spricht man erst, wenn jemand über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten systematisch schikaniert wird", sagt der Psychologe. Als weiteres Kriterium komme hinzu, daß ein Schwächerer einem überlegenen einzelnen oder einer ganzen Gruppe gegenüberstehe.

Der Begriff Mobbing leitet sich vom englischen Wort für Pöbel oder Meute ab.

Jedes Kind kann Opfer von Mobbing werden. Denn die Eigenschaften, wegen denen jemand körperlich oder verbal verletzt wird, sind mehr oder weniger zufällig. "Vielleicht ist ein Schüler neu in der Klasse, trägt eine Brille oder spricht mit einem anderen Dialekt", berichtet Haffner. Der Anlaß für die Schikanen ist also meist willkürlich gewählt.

"Der tiefere Grund für das Mobbing hat mehr mit dem Angreifer zu tun als mit dem Opfer", sagt Jacqueline Eckardt, Autorin des Buches "Mobbing bei Kindern". Dieser möchte zum Beispiel Macht ausüben oder sich in der Gruppe profilieren. Meist spielen daher auch andere Schüler eine wichtige Rolle, sei es als Publikum, Mitläufer oder Mittäter.

Die wiederholten Angriffe verletzen die Opfer und demütigen sie. "Oft schämen sie sich dafür und suchen die Schuld für das Mobbing bei sich", sagt Eckardt. Viele Kinder würden sich daher zurückziehen und ihr Leiden verheimlichen. In manchen Fällen komme auch der Druck der Täter hinzu, niemandem etwas über die Vorfälle zu berichten.

Eltern sollten deshalb bei ihren Kindern auf Warnsignale achten. Diese sind so vielfältig wie die Formen von Mobbing. Äußere Zeichen können Prellungen oder Kratzer am Körper sein und zerstörte oder verschwundene Sachen. Aufmerksam sollten Eltern auch werden, wenn ihr Kind nicht mehr von anderen eingeladen wird und sich Bekannte oder Freunde abwenden.

Betroffene Kinder gehen meist nur ungern zur Schule und oft werden auch ihre Leistungen schlechter. "Häufig leiden Mobbing-Opfer an psychosomatischen Beschwerden wie Schlafstörungen oder Bauchschmerzen", berichtet Haffner. Viele Kinder werden auch zunehmend ängstlich und unsicher. Die seelischen Folgen von Mobbing können bis zu Depressionen und Selbstmord reichen.

"Es ist für Eltern nicht immer einfach, das Vertrauen ihres Kindes zu gewinnen", sagt Eckardt. Auf keinen Fall dürfen sie sich durch ausweichende Antworten abwimmeln lassen. Häufig würden Kinder anfangs auch nur Andeutungen machen, um die Reaktion ihrer Eltern auszutesten. Daher sollte man Schwierigkeiten weder als harmlos abwerten, noch gleich in Panik verfallen.

Am besten ermutigt man sein Kind, mehr von seinen Gefühlen und der Situation zu erzählen. Auch könne man sich erkundigen, wem sich das Kind schon anvertraut oder was es unternommen hat. "Solche Fragen dürfen nicht mit Vorwürfen verbunden sein", warnt die Expertin. Daher sollte man dem Kind vermitteln, daß in seiner Situation Gefühle wie Scham oder Hilflosigkeit ganz normal seien.

Als nächstes sollten Eltern und Kinder überlegen, was sie unternehmen wollen. Die Maßnahmen hängen immer vom konkreten Fall ab.

"In einem frühen Stadium von Mobbing kann es ausreichen, wenn man mit seinem Kind das Verhalten in bestimmten Situationen übt", sagt Eckardt. So lassen sich zum Beispiel selbstbewußte Antworten auf Hänseleien trainieren oder man überlegt, wen das Kind um Hilfe bitten kann.

Häufig ist es gut, die Schule einzubinden. "Dafür können sich Eltern zum Beispiel an den Klassenlehrer oder Schulpsychologen wenden", empfiehlt die Autorin. Zusammen sollten sie überlegen, ob und wie ein Gespräch mit den beteiligten Kindern oder Eltern stattfinden könnte. Das Mobbing sollte unbedingt beendet werden, bei eindeutigen Straftaten sind klare Sanktionen nötig.

Wenn die Vorfälle eine ganze Gruppe betreffen, muß auch die Klasse des Kindes einbezogen werden. "Dabei kann man hypothetisch über das Thema sprechen oder konkret über einen Fall", sagt Eckardt.

Wichtig sei, daß die Kinder selbst Regeln für den Umgang miteinander aufstellen und Lösungen für Problemsituationen finden. Vielfach haben sich Einrichtungen wie Streitschlichter oder ein Klassengericht bewährt.

Tips im Internet: http://mobbing.seitenstark.de, http://time4teen.de (Rubrik Suchen: "Mobbing") oder www.schueler-mobbing.de

 

"Warum gerade ich?" - Der Täter als Problem

Eigentlich ging sie gern zur Schule, wenn es nur nicht immer diese Phasen der Langeweile gegeben hätte. In großen Pausen, Freistunden oder beim Warten auf den Bus begann für sie der Terror. Alle Ratschläge Erwachsener - ob Eltern, Lehrer oder Sozialpädagogen brachten wenig -, denn das Verhalten der Mitschüler war nicht rational, schließlich hatten auch ein oder zwei andere Schüler Billig-Kleidung von C & A oder trugen statt einen schicken Markenrucksacks einen Grundschulranzen. Nur sie jedoch war als Opfer auserkoren worden. Mit der Zeit glaubte sie selber, wirklich "doof" zu sein. Immer wenn Langeweile aufkam, begannen die anderen Mitschüler unter der Anleitung des Mitschülers René sie zu hänseln, ihr Sachen wegzunehmen, den Ranzen auszukippen oder sie mit Müll zu bewerfen. Als René wegen schlechter Leistungen die Schule verlassen mußte, hörte der Terror schlagartig auf. Bel

Foto: "Ist die aber doof": Derartige Hänseleien der Mitschüler zerstören das Selbstbewußtsein.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren