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28.04.07 / Ost-Deutsch (12): Jahrgang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-07 vom 28. April 2007

Ost-Deutsch (12):
Jahrgang
von Wolf Oschlies

Jahrgang" von Weinen, Zeitschriften und allem, was immer wieder kommt. Ein paar andere Verwendungen stauben langsam ein, etwa "Jahrgang" als Synonym für "Alter": "Welcher Jahrgang sind Sie ...?" Und zeitlos scheint der Begriff beim Militär, wo ja neue Rekruten-"Jahrgänge" antreten. Ausgerechnet diese Wortbedeutung hat bei Südslawen eine über 100jährige Karriere gemacht, was in Bosnien ins Auge fällt.

Bosnien gehörte 1908 bis 1918 zu Österreich-Ungarn, wovon noch eine Fülle militärischer Termini deutschen Ursprungs zeugt, zum Beispiel "Feldlager". Die Bundeswehr unterhält eins in Rajlovac bei Sarajevo, dessen Türschild immer wieder bosnische Feuilletonisten zu sprachlichen Exkursen anregt. Da wird dann erklärt, daß der deutsche "Jahrgang" als "Jaran" in südslawische Sprachkonventionen einging. Ein "Jaran" ist bei Makedonen, Serben, Bosniern, Montenegriner etc. ein Ehrentitel für den allerbesten Kameraden. Im Dezember 2006 starb der bosnische Dichter Sulejman Rebac - "ein Jaran hat uns verlassen", schrieb die Literaturzeitschrift "Most" (Brücke).

In der Habsburger Armee waren die Regimenter der bosnischen Jarani gefürchtet, aber natürlich blieb der Jaran nicht nur militärisch: Aleksa Santic (1868-1924), der "serbische Heine" aus dem bosnischen Mostar, hat ihn in seinen Poemen bald ausgeweitet: "Skupili se momci, jaran do jarana" (Die Prachtburschen sammeln sich, Jaran bei Jaran). Und dabei blieb es: Als sich im Mai 2006 Montenegro von Serbien trennte, war das politisch ohne Belang, menschlich aber eine Tragödie: "Put putuje moj jaran, putujem i ja", sangen montenegrinische Studenten in Belgrad: Mein Jaran geht auf die Reise, ich reise auch.

Mein Skopjer Jaran Tole Belcev hat in seinem "Lexikon der Fremdwörter im Makedonischen" das Wort vom türkischen "yar" abgeleitet, was "Abgrund, tiefes Tal" heißt. In Serbien führen viele Orte "Jar-" im Namen, unter osmanischer Fremdherrschaft ob ihrer Tieflage so benannt. Nur mit dem "Jaran" hat das nichts zu tun. Der erlebt derzeit seine Renaissance bei "Jugoslawen" im Ausland. Wenn heimische Musikgruppen sie besuchen, seufzt mancher: "Wie schön, wenn in der Stammkneipe ein Jaran aus der Heimat singt."


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