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05.05.07 / Neuer Standort für Lenin / Königsbergs Denkmal für den Gründer Sowjetrußlands steht jetzt vor dem Haus der Künste

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-07 vom 05. Mai 2007

Neuer Standort für Lenin
Königsbergs Denkmal für den Gründer Sowjetrußlands steht jetzt vor dem Haus der Künste
von Jurij Tschernyschew

Am 22. April, dem 137. Geburtstag des Gründers und ersten Diktators Sowjetrußlands, wurde das von der Georgierin Valentina Topridse erschaffene Lenindenkmal an seinem neuen Standort vor dem Haus der Künste feierlich eingeweiht. Blumen wurden niedergelegt und patriotische Lieder gesungen.

Die Freude war jedoch nicht ungeteilt. So wurde auch bei dieser Gelegenheit kritisiert, daß das fünf Meter hohe, aus Bronze gegossene Denkmal ja eigentlich an einen anderen Standort gehöre, an seinen ursprünglichen, wo es bis 2004 stand. Bis dahin stand das Denkmal auf dem Siegesplatz, dem ehemaligen Hansaplatz, im Zentrum der Stadt. Dort war es im Zuge der Entstalinisierung am 4. November 1958 anstelle eines Stalin-Monuments aufgestellt worden.

Bis zum Zusammenbruch der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken fanden auf dem Siegesplatz am Lenin-Denkmal Jahr für Jahr am 7. November anläßlich des Tags der Oktoberrevolution und am 1. Mai zum Tag der Arbeit und des Frühlings Militärparaden und Massenumzüge statt, an denen nolens volens fast alle Einwohner der Stadt teilnahmen, denn die Teilnahme war Pflicht. In Fabriken und Lehranstalten wurden vor den Feiertagen Versammlungen durchgeführt, auf denen die Feiern vorbereitet und jedem einzelnen Teilnehmer seine speziellen Aufgaben zugewiesen wurden. Das konnte das Tragen eines Plakats, eines Transparents oder auch von Blumen sein. Beim Vorbeigehen am Lenin-Denkmal mußte jeder seinen einstudierten Gruß oder eine Losung ausrufen. Auch die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen bei den Pionieren oder den Komsomolzen fand hier am Lenindenkmal statt. Zur sowjetischen Zeit war dieser Platz also sozusagen ein heiliger Ort.

Als mit dem Bau der orthodoxen Christi-Erlöser-Kirche genau hinter dem Lenin-Denkmal begonnen wurde, erschien die Nachbarschaft des Kommunistenführers zu einer religiösen Einrichtung doch zu seltsam, und deshalb mußte die Skulptur während der Vorbereitungen zur 750-Jahrfeier der Stadt im Dezember 2004 weichen. Königsberger Leninisten und Kommunisten forderten daraufhin, das Denkmal an seinem früheren Standort wieder aufzustellen, und verliehen ihrer Forderung mit Kundgebungen Nachdruck.

Es wurden in der Folge Umfragen durchgeführt, deren Ergebnis es war, daß eine Mehrheit der Bewohner für den Erhalt des Denkmals ist, sich jedoch einen anderen Standort wünscht. Daraufhin fällte der Königsberger Stadtrat die Grundsatzentscheidung für den Erhalt des Denkmals. Mit der Beantwortung der Frage, welches der geeignetste Standort sei, konnten sich die Verantwortlichen erst einmal Zeit lassen. Der jahrzehntelange Aufenthalt im Stadtzentrum war an dem Denkmal nicht spurlos vorübergegangen. Die "Flickwerker" fanden an der Skulptur viele Beschädigungen, und es begann eine zeitaufwendige Restaurierung. Die orthodoxe Kirche in Königsberg erklärte zwar, sie habe im Prinzip nichts dagegen einzuwenden, wenn das Denkmal in der Nachbarschaft ihres neuen Gotteshauses aufgestellt würde, doch kam es hierzu nicht.

Als alternativer potentieller Standort wurde das brachliegende Grundstück zwischen dem Haus der Räte und dem Moskauer Prospekt, der ehemaligen Altstädtischen Langgasse, ins Gespräch gebracht. Dort, auf dem ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Platz hatte das Denkmal eigentlich schon nach der Fertigstellung des Hauses der Räte aufgestellt werden sollen. Der städtische Kulturrat sprach sich jedoch 2006 dagegen aus, das Denkmal in der Nähe der Ausgrabungen des Königsberger Schlosses gegenüber dem Haus der Räte zu plazieren.

Statt dessen beschloß man, das Denkmal am Beginn des Lenin-Prospekts auf dem Platz vor dem Haus der Künste, dem früheren Kino "Oktober", aufzustellen. Anfang Dezember 2006 schrieb die Königsberger Verwaltung einen Wettbewerb für den besten Entwurf aus. Anfang dieses Monats begann man dann mit der Umsetzung, dessen Abschluß nun mit zwiespältigen Gefühlen gefeiert wurde.

Fotos: Kompromiß: Lenin bleibt im öffentlichen Raum, aber nicht mehr an so hervorgehobener Stelle; Lenin an seinem alten Standort von 1958 bis 2004: Ein Vergleich dieses ehemaligen Standortes mit dem neuen (siehe Seite 15) macht den Kompromißcharakter der von den Verantwortlichen der Stadt gewählten Lösung deutlich.


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