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12.05.07 / Frankreich wird anders / Noch spaltet Sarkozy die Gemüter, doch mit der Zeit will er das Land einen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Frankreich wird anders
Noch spaltet Sarkozy die Gemüter, doch mit der Zeit will er das Land einen
von Jean-Paul Picaper

Der Chef der bürgerlichen Partei UMP, Nicolas Sarkozy, hat in der Endrunde der Präsidentenwahl mit über sechs Prozentpunkten Vorsprung seine sozialistische Gegnerin Ségolène Royal mit Abstand besiegt. Er erhielt 53,06 der Stimmen gegen 46,94 Prozent, zwei Millionen mehr als Royal.

Darüber hinaus kommt der Sieger aus der sonst ziemlich unpopulären amtierenden Regierung, was den charismatischen Charakter der Kür dieses "kurzen" Mannes von 1,65 Metern Größe betont, der keine typische französische Eliteakademie absolviert hat und als Sohn von Einwanderern erst mit 14 Jahren die französische Staatsangehörigkeit erlangte.

Dabei hatte seit Monaten die Linke gegen Sarkozy eine "Verteufelungskampagne" geführt. Er wurde als Autokrat, ja als Faschist und manchmal als Hitlerkopie karikiert. Gerade deshalb hat Sarkozy etwas vollbracht, wozu die traditionelle Rechte unfähig war, und zwar alle Rechte von der Mitte bis Extremrechts zu sammeln und die Themen der Rechtsradikalen (innere Sicherheit, illegale Zuwanderung, nationale Identität) von ihrem Geruch zu befreien und zu Standards des gesunden Menschenverstandes zu erheben, ohne den eigenen demokratisch-republikanischen Ruf zu beschädigen.

Die Hyperrechten sahen in Chirac einen verkappten Linken. Mit Sarkozy haben sie einen vorzeigbaren Politiker, der einiges bewirken kann. Er steigt nicht aus dem "System" wie Le Pen oder wie Bayrou aus. Er kommt dem Wunsch der Franzosen nach einer Wende entgegen. Er hat einen "Bruch" mit den alten Methoden und Inhalten versprochen. Dafür haben ihm seine Landsleute Vollmachten gegeben, um das Land aus dem Morast herauszuziehen, die Arbeitslosigkeit unter fünf Prozent herunterzudrücken, wie er es versprochen hat; der Jugend, insbesondere auch in den unterprivilegierten Vororten, Lebens- und Aufstiegschancen zu verschaffen; den Krawallen ein Ende zu setzen; Lerneifer und Disziplin in den Schulen wieder einzuführen; Kaufkraft und Wachstum zu steigern; ein Europa zu gestalten, das seine Bürger vor unlauterem Wettbewerb schützt, statt das trojanischen Pferd internationaler Wirtschaftsräuber zu sein; und der Türkei die Alternative einer Mittelmeerunion anzubieten, damit sie bloß nicht Mitglied der EU wird, was er strikt ablehnt.

Außerdem zieht er einen doppelten Schlußstrich, den ersten unter die Pseudomythen der 1968er Generation, die Teile der heutigen Jugend noch beseelen, den zweiten unter die gaullistische Außenpolitik mit ihrem eingefleischten Antiamerikanismus und ihrer moralfreien Realpolitik. Er hat den Amerikanern geschickt versprochen, "immer zu ihnen wie zu Freunden zu stehen", aber das Recht auf Meinungsunterschied mit ihnen zu beanspruchen, jedoch nur ... zur Bekämpfung der Klimakatastrophe, "von nun an Frankreichs Erstaufgabe" - vom Irak sprach er nicht. Seinem Arbeitsstil und der Orientierung nach steht er der deutschen Bundeskanzlerin nahe. Die deutsch-französische Zusammenarbeit wird erleichtert. Frau Merkel und er kennen sich schon lange und haben bereits Pläne aufeinander abgestimmt. Sarkozy wird dem Dilemma des von Frankreich per Volksabstimmung abgelehnten europäischen Verfassungsvertrags ausweichen, indem er statt dessen drei institutionelle Kleinverträge ausarbeitet, die das französische Parlament bis zur französischen EU-Präsidentschaft 2008 absegnen wird. Frau Royal wollte eine neue Volksabstimmung.

Einige Debatten dürfte es mit Deutschland schon geben, wenn er sich für eine europäische Wirtschaftsregierung stark macht, die den Höhenflug des Euros gegenüber dem Dollar abstoppt. Er wird auch "französische Interessen" verteidigen, aber er will vorrangig Europa gegenüber dem Rest der Welt stärken. Sarkozys erster Auslandsbesuch wird dieser Tage Berlin gelten, "um der deutsch-französischen Freundschaft" Ausdruck zu verleihen.

Noch niemand hatte so deutlich wie er die 68er Ideologie so treffsicher angegriffen. Er beschuldigte die 68er "den Unterschied zwischen Gut und Böse ... verwischt zu haben". Die gültigen Werte sind nunmehr Arbeit, Autorität, Moral und persönliches Verdienst. Man werde nicht mehr Täter und Opfer verwechseln; Wiederholungstäter werden hart bestraft, selbst, wenn sie noch nicht mündig sind. Das Wort "Solidarität" wird zum Unwort. Es heißt in Zukunft "Brüderlichkeit". Nach 20jähriger Lähmung wird Frankreich anders. Sarkozy hat lange auf diese Stunde gewartet.

Foto: Sarkozy wird gefeiert: Pathetische Liebeserklärung an seine Heimat


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