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12.05.07 / Ziel: Die nationale Aussöhnung / Auf der Irak-Konferenz wurden bisherige Fehler schöngeredet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Ziel: Die nationale Aussöhnung
Auf der Irak-Konferenz wurden bisherige Fehler schöngeredet
von R. G. Kerschhofer

Die Irak-Konferenz am 3. und 4. Mai im ägyptischen Ferienort Scharm al-Scheich war die Fortsetzung der "Sicherheitskonferenz" von vor zwei Monaten in Bagdad. Teilnehmer waren neben den Nachbarn des Irak die G8-Staaten, die Uno, die EU und die Arabische Liga. Das Treffen fand auf Außenminister-Ebene statt, und daher war die spannendste Frage, ob Condoleezza Rice mit ihren Amtskollegen aus "Schurkenstaaten" zusammentreffen würde.

Man war sich rasch einig, daß eine rein militärische Irak-Lösung aussichtslos ist. Einsichtige Kreise in den USA und der neue Oberkommandierende General Petraeus hatten sich schon vorher ähnlich geäußert. Selbst massive Truppenverstärkungen könnten nichts daran ändern, und auch die seit über zwei Monaten laufende "Sicherheits-Offensive" brachte keine Verbesserungen. Aber auch die Verkündung eines Fahrplans für den Truppenrückzug - wie von einigen Ländern gefordert - würde die Lage eher verschlimmern. Hier muß man der Regierung Bush ausnahmsweise recht geben.

Das Zauberwort - auch nicht gerade neu - lautet daher "nationale Aussöhnung". Gemeint sind "vertrauensbildende Maßnahmen", wie sie der irakische Ministerpräsident Al-Maliki eigentlich schon bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr versprochen hatte. Es geht darum, die Sunniten, die im früheren Baath-Regime das Sagen hatten, aber seither ärgsten Repressalien und Racheakten ausgesetzt sind, in den nun schiitisch dominierten Staat zu integrieren.

Ein nahezu unmögliches Unterfangen, denn seit der Invasion vor vier Jahren wurde praktisch alles falsch gemacht: Mit der Auflösung von Saddams Armee und Polizei schuf man jenes Chaos, in dem Milizen aller Art und gewöhnliche Kriminelle ihr Unwesen treiben können. Die "Entbaathisierung", die Säuberung aller öffentlichen Einrichtungen, führte zum Zusammenbruch der Verwaltung. Und die Hinrichtungen führender Politiker des alten Regimes waren politische Kardinalfehler. Polizei und Armee sind heute nicht nur schlecht ausgebildet und motiviert, sondern auch von Milizen unterwandert. Es scheint daher ausgeschlossen, daß Al-Maliki, wie von der Konferenz verlangt, alle Milizen - auch die schiitischen - auflösen kann. Selbst wenn er wollte, was die meisten ohnehin bezweifeln.

Laut UNHCR, der UN-Flüchtlingshilfeorganisation, sind heute vier Millionen Iraker Flüchtlinge, die Hälfte davon im eigenen Land. Syrien hat 1,2 Millionen aufgenommen und Jordanien 750000. Noch funktioniert die "Bruderhilfe", doch im isolierten Syrien - das bisher unentgeltliche medizinische und schulmäßige Betreuung gewährt - könnte es bald zu Konflikten kommen. Europa täte gut daran, unterstützend einzugreifen. Denn je schwieriger die Lage wird, um so eher werden Flüchtlinge nach Europa drängen. Der Massenexodus hat auch im Irak verheerende Auswirkungen: Dem Land sind vor allem Fachkräfte und mehr als die Hälfte des medizinischen Personals abhanden gekommen.

Vereinbart wurde schließlich ein "Fünfjahresplan" für den Wiederaufbau des Irak. Man geht allerdings von unrealistischen Wachstumsraten aus. Der teilweise Erlaß von ohnehin uneinbringlichen Schulden kostet die Gläubiger zwar nichts, bringt der Bevölkerung aber ebenfalls nichts. Und die Auszahlung neuer Unterstützungsgelder ist an die "Aussöhnung" gekoppelt. Insbesondere Saudi-Arabien profiliert sich hier als Schutzmacht der Sunniten, in deren Gebieten es kaum Erdöl gibt. Es bleibt abzuwarten, ob das neue irakische Ölgesetz auch den Sunniten Ölgelder zuführen wird.

Die gegenseitigen Anschuldigungen zwischen den USA und dem Iran gingen während der Konferenz weiter. Die USA behaupten, der Iran sei gar nicht an einer Stabilisierung im Irak interessiert. Was logisch klingt, denn tatsächlich ist es wenig wahrscheinlich, daß die USA ihre Angriffsdrohungen umsetzen können, solange sie im selbstverschuldeten Irak-Schlamassel stecken. Zu einem Gespräch der Außenminister kam es jedenfalls nicht - wobei auch eine Ungeschicklichkeit der Gastgeber mitgespielt haben dürfte.

Hingegen gab es ein halbstündiges Gespräch zwischen Rice und ihrem syrischen Kollegen Muállim. Rice sprach zwar "Mahnungen" aus, würdigte aber auch Syriens "Bemühungen", das Einsickern von "Terroristen" in den Irak zu verhindern. Hier scheint sich eine neue Taktik der USA abzuzeichnen, nämlich einen Keil zwischen die Verbündeten Syrien und Iran zu treiben. Ein riskantes Spiel.


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