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12.05.07 / Unumstrittener Meister des Barock / Festspiele würdigen derzeit das Schaffen des Komponisten Georg Friedrich Händel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Unumstrittener Meister des Barock
Festspiele würdigen derzeit das Schaffen des Komponisten Georg Friedrich Händel
von Ingolf Herrmann

Zu seinem Hauptwerk zählen rund 40 Opern und 25 Oratorien, darunter der "Messiah". Und schon zu Lebzeiten genoß er den Rang eines Klassikers. 1738 war dem Deutschen zu Ehren in Vauxhall Gardens in London ein Denkmal errichtet worden. Die von Mainwarings 1760 veröffentlichte Lebensbeschreibung des genialen Komponisten gilt als erste Musikerbiographie überhaupt. Die Rede ist von Georg Friedrich Händel, der am 23. Februar 1685 in Halle an der Saale geboren wurde. In diesen Wochen erinnert man sich besonders an den großen Meister der Barockmusik, finden doch vom 18. bis 29. Mai in Göttingen die Händel-Festspiele statt. Dieses weltweit älteste Festival für Barockmusik, das 1920 ins Leben gerufen wurde, löste eine Händel-Renaissance ohnegleichen aus.

Die Göttinger Händel-Gesellschaft e.V. und der Künstlerische Leiter Nicholas McGegan führen diese Tradition bis heute auf höchstem Niveau fort. Künstler aus aller Welt setzen Maßstäbe in der historischen musikalischen Aufführungspraxis, und junge Künstler präsentieren ihr Können vor einem internationalen Publikum. Seit 2006 werden sie von dem FestspielOrchester Göttingen (FOG) begleitet.

"Macht und Ohnmacht - Herrschergestalten im Werk Händels" ist das Motto der diesjährigen Internationalen Händel-Festspiele Göttingen. Die Schirmherrschaft des Festivals hat Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff übernommen. Festspiel-Oper des Jahres ist "Giulio Cesare in Egitto". In der Sparte "Das Unbekannte Werk" gibt es eine Welturaufführung der authentischen Fassung des Pasticcios "Giove in Argo", die für die Hallische Händel-Ausgabe rekonstruiert wurde. "Das geistliche Werk Händels" wird in diesem Jahr durch die beiden selten gespielten Oratorien "Solomon" und "Belshazzar" repräsentiert.

Neben den drei inhaltlichen Schwerpunkten widmen sich die Händel-Festspiele in Göttingen auch dem kammermusikalischen Werk des barocken Meisters und seiner Zeitgenossen. Im Rahmenprogramm geben Klassik-Open-Airs, Nachtmusiken und viele weitere Aufführungen mit ganz besonderer Atmosphäre, Vorträge, Filmvorführungen und Stadtrundgänge weitere Einblicke in die Welt Händels, der am 15. April 1759 in London starb.

Auch in seiner Vaterstadt Halle erinnert man mit einem Festival an den großen Komponisten, der mit seinem Werk Haydn und Beethoven nachhaltig beeinflußt hat. Die Händel-Festspiele, die vom 31. Mai bis 10. Juni durchgeführt werden, sind aus Halles Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken. Längst ist das jährlich stattfindende Festival zur geschätzten Tradition der Hallenser geworden. Einmal im Jahr ist die Welt in Halle zu Gast. Dann erfüllt nicht nur Musik die Stadt, sondern auch Stimmengewirr aus aller Herren Ländern. Neben Händel-Liebhabern und Touristen sind es vor allem auch die Musikwissenschaftler, die es zu den Festspielen zieht. Halles Händel-Haus gilt in der internationalen Fachwelt als Zentrum der Händel-Pflege und -Forschung. Sowohl die Re-daktion der Hallischen Händel-Ausgabe als auch die internationale Georg-Friedrich-Händel-Gesellschaft e.V. haben sich im Museum etabliert. Die Festspiele wurden 1922 ins Leben gerufen. Wichtigstes Anliegen der seit 1952 jährlich stattfindenden Festspiele ist, das Gesamtwerk Georg Friedrich Händels nach neuesten wissenschaftlichen und künstlerischen Erkenntnissen aufzuführen. Für dieses Vorhaben arbeiten die Mitarbeiter der Händel-Forschung der Martin-Luther-Universität und die Redaktion der Hallischen Händel-Ausgabe Hand in Hand. So tragen die Festspiele auch den Charakter einer wissenschaftlichen Konferenz, zu der sich jährlich die internationale Fachwelt versammelt. Die Wiederbelebung der Händel-Oper stand zunächst im Mittelpunkt des Interesses. Diese steht auch heute noch an erster Stelle auf dem Festspielprogramm. Mindestens eine Oper jährlich wird in Koproduktion mit dem Opernhaus Halle in Szene gesetzt. Eine Gastin-szenierung findet ergänzend im Goethe-Theater Bad Lauchstädt statt.

Es ist einmalig auf der Welt, daß von Händels 42 erhaltenen Opern bereits 34 in Halle gespielt wurden. Allein zu den Festspielen wurden weit über 100 Händel-Opern-Inszenierungen aufgeführt, die Hälfte davon sind Inszenierungen des Hallenser Opernhauses. Ähnliche Zahlen gelten auch für die Oratorien sowie die Orchester- und Kammermusik. Das Händelfestspielorchester des Opernhauses Halle läßt die Werke des Barockmeisters auf historischem Instrumentarium erklingen. Interessante Bereicherung erfahren die Festspiele durch die Aufführung von Werken aus dem Schaffen in Sachsen-Anhalt beheimateter und in geistiger Nähe zu Händel stehender Komponisten. Damit bieten die Händel-Festspiele dem internationalen Publikum stets auch Neuheiten, Wiederentdeckungen und verschiedene Interpretationsstile.

Im Mittelpunkt des diesjährigen Hallenser Programms steht Händels Komposition "Il Trionfo del Tempo e del Disinganno" zu einem theologischen Disput über die Bestimmung des Menschen. Der Händelforscher Chrysander bemerkte dazu: "Es gibt kein zweites Werk von Händel, welches uns auf so anziehende Weise in seine Persönlichkeit führt." Der Triumph von Zeit und Wahrheit bildet die thematische Grundlage für das künstlerische, aber auch für das wissenschaftliche Programm der Händel-Festspiele in Halle, die ebenso wie das Festival in Göttingen ein anspruchsvolles Publikum erwarten dürfen.

Foto: Georg Friedrich Händel: Schon zu Lebzeiten verehrt 


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