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12.05.07 / Tradition des süddeutschen Klassizismus / Das Ostpreußische Landesmuseum erinnert mit einer Ausstellung an den Stuttgarter Bildhauer Hermann Brachert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Tradition des süddeutschen Klassizismus
Das Ostpreußische Landesmuseum erinnert mit einer Ausstellung an den Stuttgarter Bildhauer Hermann Brachert
von Silke Osman

Wer einmal das Ostpreußische Landesmuseum in der Lüneburger Ritterstraße besucht hat, der wird auch an der überlebensgroßen Bronzeplastik vorübergegangen sein, die gegenüber dem Haupteingang ihren würdigen Platz gefunden hat. Sie trägt die Inschrift "Erinnerung an Ostpreußen" und wurde 1970 von dem Bildhauer Professor Hermann Brachert geschaffen. Einst in Stuttgart, der Vaterstadt des Bildhauers, aufgestellt, fand sie ihren endgültigen Standort 1987 zur Eröffnung des Neubaus des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg. Dietrich Zlomke, profunder Kenner des Brachertschen Werkes und mit dem Künstler bis zu dessen Tod am 2. Juni 1972 freundschaftlich verbunden, betont: "Diese vorwärtsdrängende Frauengestalt soll Erinnerung an das Schicksal Ostpreußens und seiner Menschen sein, sie soll aber zugleich als Mahnung für die Zukunft dienen: Nie wieder Krieg!" Dem Krieg und seinen Folgen sind die meisten der großen Arbeiten Bracherts zum Opfer gefallen oder gelten als verschollen. Um so erfreulicher, wenn es heute - nach so vielen Jahren - immer noch gelingt, eine Ausstellung mit Werken von Hermann Brachert zusammenzustellen. Eine solche ist derzeit im Ostpreußischen Landesmuseum zu sehen. Zu verdanken ist diese umfangreiche Schau vor allem dem Engagement von Dietrich Zlomke, aus dessen Ostdeutscher Heimatsammlung Ravensburg die meisten gezeigten Arbeiten stammen. Unter dem Titel "Gestaltet in Ostpreußen" sind Plastiken, Reliefs, Medaillen, Skizzen und Entwürfe des Bildhauers zu sehen. Ergänzt werden sie durch Fotografien vieler zerstörter Arbeiten sowie durch Werke der Brachert-Schüler Georg Fugh und Rudolf Daudert.

Hermann Brachert, der am 11. Dezember 1890 in Stuttgart das Licht der Welt erblickte, hat 25 Jahre seines Lebens in Ostpreußen verbracht und dort die wohl wichtigsten seiner Werke geschaffen. Als Lehrer an der Kunst- und Gewerkschule in Königsberg, an die er 1919 als Leiter der Abteilung für dekorative Stein- und Holzplastik (zeitweilig wirkte er auch als Lehrer an der Metallabteilung) berufen wurde, prägte er mit seinem Wissen, seinem Wesen eine große Reihe von Schülern. Der in Metz geborene Rudolf Daudert erinnerte sich: "Seine künstlerische und technische Begabung war sehr breit angelegt. Sie reichte von der Monu-mentalplastik bis zum Medaillenschnitt. Für seine Schüler ein Gewinn, vor allem da seine Lehrmethode ganz und gar nicht akademisch zu nennen war." Sein umfangreiches Werk, so Daudert über seinen Lehrer, habe ein sehr eindeutiges stilistisches Merkmal, es lebe darin noch die Tradition des süddeutschen Klassizismus Danneckerscher Prägung. Neben monumentalen Werken schuf der Stuttgarter auch zahlreiche Porträtbüsten und andere kleinere Arbeiten, etwa die "Schwebende", eine Bernsteinschnitzerei aus dem Jahr 1938, die in der Ausstellung gezeigt wird, wie auch Altargerät aus Silber und Bernstein aus der Zeit um 1937. Die Beschäftigung mit dem "Gold der Ostsee" kam nicht von ungefähr, war der Bildhauer doch - mit dreijähriger Unterbrechung - von 1930 bis 1944 künstlerischer Berater der Staatlichen Bernsteinwerke in Königsberg. Die Vertreibung führte Brachert wieder nach Süddeutschland zurück; dort begann seine dritte Schaffensperiode, die reich war an künstlerischer, aber auch an pädagogischer Tätigkeit. Schon 1946 übernahm er die Bildhauerklasse an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart, deren Rektor er später auch wurde und an deren Wiederaufbau er maßgeblich beteiligt war. Von 1954 bis 1967 war Brachert darüber hinaus auch künstlerischer Berater der Schwäbischen Hüttenwerke Wasseralfingen. Aus Anlaß seines 70. Geburtstages wurde er schließlich zum Ehrenmitglied der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart ernannt; 1961 wurde er mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes geehrt. In all diesen Jahren des Wiederaufbaus fand Hermann Brachert immer noch die Zeit, neue Werke zu schaffen. So porträtierte er 1949 den Bundespräsidenten Theodor Heuss. Der Gipsentwurf der Büste ist in Lüneburg zu sehen. Als letzte Arbeit gilt ein kleines Bronzerelief mit dem Selbstporträt des Künstlers. Es rundet diese so sehenswerte Ausstellung ab.

Die Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum, Ritterstraße 10, 21335 Lüneburg, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr zu sehen, Eintritt 3 / 2 Euro, bis 17. Juni.

Foto: Ehrung für den Bildhauer Hermann Brachert: Blick in die Ausstellung des Ostpreußischen Landesmuseums 


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