17.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.05.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Strudelwürmer / Der Klimatod ist tot, bevor wir ihn gestorben sind, die Imbißbude siegt, und Steinbrück will lieber verrecken als eicheln
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Das war aber ein Schock! Haben Sie's auch gelesen? Der Klimatod ist gestorben, wir erfuhren Montag früh von dem Verlust. Der "Spiegel", der ihn 1986 selber geboren hatte mit einer Bildmontage vom Kölner Dom, der bis zum Dach im Polschmelzwasser stand, überbrachte die traurige Botschaft unter dem hämischen Titel "Die große Klimahysterie".

Wie bitte? Kein dramatisches Weltenende in glühender Hitze? Alles nur Panikmache? In der Tat, das ist der Tenor der ganzen Geschichte. Wärmer würde es wohl werden in den kommenden 100 Jahren, aber eine Katastrophe sei das nicht, eröffnen uns die Autoren. Ein Biologe behauptet sogar, auch von Artensterben infolge der Erwärmung könne keine Rede sein. Der Artenreichtum sei schließlich da am höchsten, wo es warm sei wie in den Tropen. Höchstens ein paar "Strudelwürmern", die an eiskalten Quellen wuseln, könnte es an den glitschigen Kragen gehen. Strudelwürmer! Igitt!

Da hatten wir unsere Tränen doch lieber an Knuts wuschelige Verwandtschaft vergossen. Aber die litten nicht unter zuviel Wärme oder zuwenig Eis, sondern darunter, daß die kanadischen Robbenjäger ihnen das Menü abräumten, sagt der Biologe. Robben stünden auf der Speisekarte der Eisbären ganz oben. Man müsse nur die Jagd einschränken und den Bären ginge es gleich wieder besser.

Der Meeresspiegel steige in den nächsten Jahrhunderten wohl um 60 Zentimeter an, aber das gehe ganz langsam und man könne sich darauf vorbereiten. Wie langweilig. In Spanien, Italien und Griechenland werde die Trockenheit zwar zum Problem, dafür würde es in Skandinavien und den endlosen Weiten Kanadas und Sibiriens aber auch wärmer, weshalb man dort Getreide anbauen könne.

Auch das mit dem Hinschmelzen der Polkappen sei halb so wild: Am Nordpol schwimme das Eis im Wasser, weshalb seine Verflüssigung kaum Einfluß auf den Meeresspiegel habe, das Grönlandeis werde zwar kleiner, aber auch in Jahrhunderten weiterer Erwärmung noch nicht ganz weg sein und am Südpol herrsche eine Durchschnittstemperatur von minus 30 Grad, zwei, drei Grad mehr könnten da wenig ausrichten.

Also alles Pustekuchen mit dem unausweichlichen Hitzetod des Planeten. Das trifft uns tief, das haben wir nicht verdient. Wie jede Generation der Menschheitsgeschichte pochen auch wir auf unser Recht auf eine sattbunte Endzeitvision.

Voller Begeisterung hatten wir den Film "The day after tomorrow" gesehen, wo das Klima dermaßen verrücktspielt, daß binnen 90 Minuten erst die Sintflut kommt und dann fast die ganze Erde unterm Eispanzer verschwindet. Dann rieb uns der einstige Herausforderer von George W. Bush, Al Gore, seine "unbequeme Wahrheit" unter die Nase. Hat das nicht herrlich gekribbelt? War alles dran, wonach wir uns sehnen: Weltuntergang, tolle Effekte und jene Art von noblem schlechten Gewissen, die man sich erstmal leisten können muß.

Wir werden ihn vermissen, unseren Klimatod. Indes, so ganz mochten wir die Klimakiste ja ohnehin nie glauben. Manchmal paßten Überschrift und Text einfach nicht zusammen. Oben drohten uns "alle namhaften Wissenschaftler" mit dem Ende der Welt. Weiter unten, bei den Einzelheiten der Apokalypse, hieß es dann, in 100 Jahren könnte es in Hamburg genauso heiß werden wie in Freiburg im Breisgau.

Freiburg, Freiburg, grübelten wir Norddeutschen dann voller Sorge. Wie furchtbar muß es da wohl sein? Manche von uns verbringen ja sogar ihren Urlaub in der Krisenzone. Was treiben die da bloß? Hitzeschock-Therapie? Überlebenstraining im Wüsteninferno? Kamelausflüge mit echten badischen Beduinen?

Da die Reisenden in aller Regel lebend von ihrer Safari zurückkehrten, konnten wir sie nach ihren Eindrücken von der glühenden Hölle befragen. Die Berichte erfüllten unsere klimatollen Erwartungen leider keineswegs: Dort sei es schon grün, wenn sich der norddeutsche Frühling noch in den Knospen verbarrikadiert, und außerdem gebe es im Sommer ein paar heiße Tage mehr, Punkt. Wenn das Norddeutschlands Zukunft ist, nun ja - damit könnten wir fertig werden.

Und die Süddeutschen werden auch nicht verbrüht. Ihnen winkt Mittelmeerwetter. Gut, mit dem Skilaufen in Bayern ist zum Jahrhundertende vermutlich Schluß. Darüber können sich die Münchner dann beim heimischen Rioja unter den Palmen des Englischen Gartens hinwegtrösten.

Trost brauchen wir alle, denn alte Gewißheiten wie die mit dem Klima wachsen uns, selbst wenn es häßliche sind, ans Herz wie durchschnittlich sympathische Bekannte. Man liebt sie nicht gerade, aber wenn sie plötzlich weg sind, fehlen sie einem doch.

Und ein Unglück kommt selten allein: Eine weitere Gewißheit ist soeben von uns gegangen, nämlich die, daß die Amis mit ihrem "Fast Food" unser Leben immer mehr beschleunigen. "Fast Food" gilt als Inbegriff der üblen Globalisierung: Billig, alles gleich und vor allem schnell, schnell, schnell. Jetzt kam die Überraschung. Eine Untersuchung hat ergeben: "Fast Food" ist überhaupt nicht schnell. An der guten alten deutschen Frittenbude wird man viel rascher bedient. "Pommes rot-weiß" siegt über den "Big Mäc", wer hätte das gedacht?

Und nicht nur das: Klingt Ihnen ebenfalls noch das böse Wort von der "Servicewüste Deutschland" im Ohr? Damit wollten die uns einreden, daß bei uns die Bedienung müde und ruppig sei, während uns nun die amerikanischen Ketten vormachten, wie nett man mit Kunden umgehen könne.

Von wegen: Die 1600 in der Untersuchung befragten Deutschen vergaben auch bei der Kategorie Freundlichkeit den ersten Platz an die heimischen Pommesbuden. Wenn Sie also das nette Deutschland suchen - immer den Fritierfettschwaden nach!

Außerdem sind die Buden auch viel günstiger als die Ami-Ketten. Das hilft das Geld zusammenzuhalten. Die Berliner unter unseren Lesern dürften daher schon öfters einen bulligen Mann, Anfang 50, mit hektischen, fast panisch flackernden Augen hinter der Brille, am Würstchenstand entdeckt haben. Peer Steinbrück muß nämlich sparen, genauer gesagt: Er würde gern.

Derzeit aber taumelt der Bundesfinanzminister durch die Regierungsflure wie ein europäischer Tourist durch die Nebenstraßen von Kalkutta. Immer auf der Hut vor Dieben und auf der Flucht vor den aufdringlichen Bettlern. Jede der traurigen Gestalten hat eine wunderbare Geschichte parat, warum ausgerechnet er und nur er unbedingt mehr Geld braucht. An Steinbrücks Ärmeln zerren die Bundesminister und allerlei anderes Volk, das selbst nach der größten Steuererhöhung aller Zeiten den Hals noch nicht voll hat.

Seine Kanzlerin hilft ihm nicht sonderlich bei der Abwehr der Gierigen, und seine SPD schon gar nicht - die will um jeden Preis sozial sein und schon mal Geschenke packen für die Zeit der vielen Wahlen, die 2008 anbricht und bis zur Bundestagswahl 2009 kein Ende mehr nehmen wird. Wer den armen Steinbrück nächstens an der Würstchenbude erwischt, sollte ihm raten, lieber auf Salat und Tofu umzustellen, sonst macht sein Magen das nicht mit.

Der Gute weiß offenbar, wie trübe es um ihn steht, und spricht bereits öffentlich vom "Verrecken". "Ums Verrecken" wolle er kein Jahr nennen, von dem an der Bundeshaushalt das erste Mal seit 1969 wieder ausgeglichen sein werde.

Erstaunlich: Den Finanzminister scheint es zu kümmern, ob seine Versprechen auch Jahre später noch halten. Deshalb will er nichts zusagen, was womöglich nicht eintrifft. Wie kann man nur so verbohrt sein? Vorgänger Hans Eichel gab sich da viel lockerer. Der sprühte Prognosen in die Welt, die schon Geschichte waren, bevor das letzte Wort seine Lippen verlassen hatte.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren