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26.05.07 / Allianz gegen Sprach-Schlamper / Auch in Osteuropa nehmen die Anglizismen langsam überhand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-07 vom 26. Mai 2007

Allianz gegen Sprach-Schlamper
Auch in Osteuropa nehmen die Anglizismen langsam überhand
von Helen Bauers

Tage der klaren Worte in Eisenach: Der Freie Deutsche Autorenverband FDA (einer der Berufsverbände für deutschsprachig Schreibende) lud Mitglieder und Interessierte zum Internationalen Schriftstellerkongreß. Schwerpunkt des diesjährigen Projekts war - anläßlich des Beitritts östlicher Nationen zur EU - die Zukunft der deutschen Sprache in den südosteuropäischen Ländern. Als Gäste begrüßten FDA-Präsidentin Prof. Ilse Nagelschmidt und Europabeauftragte Dr. Brigitte Freund Vortragende aus Bulgarien, Rumänien, Slowenien und Ungarn. Neben der Tradition, welche die deutsche Sprache in der Geschichte des jeweiligen Landes hatte, skizzierten die Vorträge von Prof. Dr. Horia Gârbea, Radu Barbulescu (Rumänien), Dr. Anat-Katharina Kálmán, Imré Mathé (Ungarn), Zarko Petan (Slowenien) und Dr. Konstantin Iliev (Bulgarien) anschaulich die Historie ihrer Muttersprache, angefangen von den nationalen Ursprüngen über Unterdrückung des eigenen Idioms zu Zeiten des Sozialismus bis in die Gegenwart.

Parallel zum offiziellen Thema zog sich hierbei durch alle Wortbeiträge ein Motiv, das nicht nur Schriftstellern am Herzen liegt, die sich quasi von Berufs wegen um den Gebrauch des Wortes sorgen: der heutzutage übliche, geradezu schlampige Umgang mit Sprache allgemein.

Waren die Muttersprachen in Bulgarien, Rumänien, Ungarn oder Slowenien unter sowjetischem Einfluß lange Zeit nur geduldet, wenn nicht gar verboten, so hält jetzt die Amerikanisierung der Sprache auch in diesen Ländern Einzug. Es mag überraschen, daß unsere östlichen Nachbarn, die hervorragende Autoren hervorgebracht haben und auf eine komplexe literarische Tradition zurückblicken können, ebenfalls mit diesen Problemen zu kämpfen haben.

Längst sind nicht nur in Deutschland, sondern auch dort Bezeichnungen wie Coffeeshop, Videoclip, checken und boomen alltäglich geworden, wird in allen Ländern kopfschüttelnd die Verbreitung von Anglismen beziehungsweise Amerkanismen und der ungenaue, wenn nicht sogar falsche Gebrauch von Fremd- und Lehnwörtern aus anderen Sprachen beklagt.

Wie Prof. Günter Rohrmoser in seiner Festansprache auf der Wartburg schon betont hatte, ist die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft - auch sprachlich - eine grundlegende Aufgabe der Menschheit, aber kaum zu bewältigen, wenn dabei Erfahrungen und Werte aus der Vergangenheit unberücksichtigt bleiben.

Es erscheint uns zwar selbstverständlich, daß das geschriebene Wort sich vom gesprochenen unterscheidet und schneller verändert. Schließlich ist Sprache ein lebendiger Organismus, der sich weiter entwickeln muß. Fraglich ist allerdings, wohin - und wie sich diese Entwicklung auf den Gesamtausdruck der jeweils nationalen, aber auch unserer gemeinsamen europäischen Kultur auswirkt.

Einerseits ist das Zusammenwachsen Europas und der Welt - jedenfalls im Hinblick auf internationale Friedensbemühungen - gewiß zu begrüßen, bietet die Globalisierung hier durchaus gegenwärtig kaum zu überblickende positive Möglichkeiten, andererseits wird eine sprachliche Vereinheitlichung, ebenso wie eine kulturelle "Einebnung" auf Kosten einheimischer Traditionen kritisiert. Zur Zeit scheint niemand eine Antwort auf die Frage nach einer Auflösung dieses Spannungsfeldes zu haben. Übereinstimmend kamen die Teilnehmer des Kongresses jedoch zu dem Schluß, daß Verbote und ein strenges Sprachreglement, wie es in Frankreich praktiziert wird und in Slowenien gesetzlich vorgesehen ist, auf Dauer keinen Erfolg versprächen - und auch nicht wünschenswert seien, es sei denn, man wolle der Sprache das nehmen, was ihr ihren eigentlichen Reiz verleiht: ihre Lebendigkeit.

Was bleibt, so ein Fazit der Podiumsdiskussion zum Abschluß des Kongresses, ist die Aufgabe des Schriftstellers, ein "Geschichtenerzähler und Friedensstifter im globalen Haus" zu sein - und das vorbildlich, in korrekter Grammatik und einwandfreiem Stil, aber mit einem Schuß Ironie und Humor.


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