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26.05.07 / In der ganzen Welt geforscht / Vor 150 Jahren wurde der Zoologe und Museumsgründer Hugo Schauinsland geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-07 vom 26. Mai 2007

In der ganzen Welt geforscht
Vor 150 Jahren wurde der Zoologe und Museumsgründer Hugo Schauinsland geboren
von C. Hinkelmann und Harriet v. Natzmer

Am 30. Mai 1857 wurde auf dem Vorwerk Waldienen des Gutes Dedawe im ostpreußischen Kreis Labiau ein Mann geboren, der außerhalb Bremens kaum bekannt sein dürfte: Hugo Schauinsland. Als sein Vater erkrankte und das Anwesen nicht mehr bewirtschaften konnte, zog die Familie 1863 nach Königsberg. Dort legte er im März 1878 am Altstädtischen Gymnasium die Abiturprüfung ab und absolvierte sein Studium der Zoologie an der Albertus-Universität, das er 1883 mit der Promotion abschloß. Noch im selben Jahr erhielt er eine Assistentenstelle an der Albertina und führte in den Folgejahren meeresbiologische Untersuchungen in der Danziger Bucht durch. Im Frühjahr 1885 wurde er als Assistent nach München berufen, wo er sich am 31. Juli desselben Jahres mit der Ausarbeitung "Die embryologische Entwicklung der Bothriocephalen" (Fischbandwürmer) habilitierte. 1886 erhielt er eine Anstellung als "Adjunkt" an der Zoologischen Staatssammlung und war nun soweit abgesichert, daß er seine Verlobte Ida Oloff heiraten konnte.

Bis zu seinem 30. Lebensjahr ging Hugo Schauinsland in der Wissenschaft auf. Dann wünschte er sich zusätzlich praktische Tätigkeiten und bewarb sich um die Stelle des Direktors der Städtischen Sammlungen für Naturgeschichte und Ethnographie in Bremen. Einen Tag nach seinem 30. Geburtstag durfte er diese Position antreten, die ihm zur Lebensaufgabe wurde.

Die entscheidende Voraussetzung für Schauinslands spätere Bedeutung lieferte die "Handels- und Kolonialausstellung", die von ihm federführend geplant und realisiert wurde. 1890 wurde sie im Rahmen der Nordwestdeutschen Gewerbe-, Industrie-, Handels-, Marine-, Hochseefischerei- und Kunst-Ausstellung in Bremen gezeigt. Dort kamen so viele Objekte von natur-, völker- und handelskundlicher Bedeutung zusammen, daß man in Bremen alles daran setzte, sie dauerhaft in der Stadt zu halten. Die städtischen Sammlungen konnten sie nicht aufnehmen, so daß sich der Senat für den Bau und die Einrichtung eines dauerhaften, der Öffentlichkeit zugänglichen Museums entschied, in der alle Gegenstände vereinigt werden sollten.

Bereits im Frühjahr 1892 wurde mit dem Bau begonnen, der in Planung und Ausführung Hugo Schauinslands Handschrift trug. Im Juni 1893 wurde er zum Direktor des Städtischen Museums für Natur-, Völker- und Handelskunde ernannt, doch erst am 15. Januar 1896 folgte die feierliche Eröffnung des neuen Hauses in unmittelbarer Nähe des Bremer Hauptbahnhofs.

Nun war eine neue Attraktion entstanden, doch für die bisher vorhandenen Sammlungen war das Museum zu groß. Deshalb führte Hugo Schauinsland in den Jahren 1896 / 97, 1905 / 06, 1907 /08 und 1913 / 14 auf Schiffen des in Bremen ansässigen Norddeutschen Lloyds große Reisen durch, auf denen er natur-, völker- und handelskundliches Material sammelte oder erwarb. Seine geographischen Schwerpunkte lagen in Ost- und Südostasien, im Südpazifik und in peripheren Regionen Nordamerikas. Insbesondere auf seiner ersten Reise widmete er sich auch, nach langer Zeit wieder einmal, wissenschaftlichen Fragestellungen. Fast fünf Monate verbrachte er auf Laysan, der am weitesten westlich gelegenen der Sandwich-Inseln, um deren Landtiere zu dokumentieren, und untersuchte eine Restpopulation der urtümlichen Brückenechse oder

Tuatara auf der neuseeländischen Stephen-Insel. In Bremen entstanden im Lauf der Zeit Ausstellungen, die aus eigenem Erleben des Direktors in aller Welt gestaltet waren und die Menschen weit über die Stadtgrenzen hinaus faszinierten. Es war eine weitgehend neue, eigenständige und mehrere Themenbereiche vereinigende Präsentation von Objekten, die lange unter dem Namen "Schauinsland-Museum" bekannt war. Bis zum Sommer 1933 setzte er sein Aufbauwerk fort, dann folgte durch nationalsozialistisch beeinflußte Kreise in der Verwaltung die zwangsweise Versetzung in den Ruhestand. In deren Pläne zur Neuausrichtung des Museums, das kurzfristig zu einem "Kolonialmuseum" wurde, paßte der mittlerweile 76 Jahre alte Direktor nicht mehr.

Hugo Schauinsland lebte bis zu seinem Tod am 5. Juni 1937 in Bremen. Doch Ostpreußen blieb er zeitlebens treu. Dort hatte seine Tochter Martha (1889-1979) einen Mediziner geheiratet und lebte in Allenberg, Kreis Wehlau. Im Alter verbrachten Hugo und Ida Schauinsland regelmäßig ihren Sommerurlaub in Ostpreußen.

Unvergessen bleibt sein Engagement für das heutige Übersee-Museum in Bremen, auch wenn als Folge des Zweiten Weltkriegs die von ihm geprägte Einrichtung fast vollständig zerstört wurde. Als Ende 2003 die neue Dauerausstellung "Ozeanien - Lebenswelten in der Südsee" eingerichtet wurde, kamen eine erhalten gebliebene Schaugruppe und Gegenstände aus seinem Besitz wieder an die Öffentlichkeit. Viele wertvolle Exponate in der Schausammlung und in den Magazinen, Zeugnisse längst untergegangener Kulturen, erinnern noch heute an seine Tätigkeit.


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