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26.05.07 / Der Polen-Flüsterer / Stefan Möller und sein polnisch-deutsches Kabarett

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-07 vom 26. Mai 2007

Der Polen-Flüsterer
Stefan Möller und sein polnisch-deutsches Kabarett
von Wolf Oschlies

Strahlende Mienen im polnischen Generalkonsulat in Köln am 19. April: Der große Empfangssaal voll mit Deutschen und Polen, die auf Steffen Möller gespannt waren. Dieser junge Deutsche, geboren 1968 in Wuppertal, lebt seit 1994 in Polen und bekam am 3. Juni 2005 das Bundesverdienstkreuz "für seine Verdienste um das deutsch-polnische Verhältnis". Wenn auch Slawen witzeln, "Medaillen und Minen treffen selten den richtigen", so war diese Auszeichnung vollauf verdient: Möller hat in Polen Kultstatus - als Schauspieler und Kabarettist, der einen deutschen Blick auf den polnischen Alltag richtet, in diesem so viel Komik findet und darüber so locker berichtet, daß bei Polen helle Freude aufkommt. Bei Deutschen auch.

"Eigentlich reicht es, wenn ich nur mein Leben erzähle, und die Leute lachen darüber", sagte Möller in Köln und trat anderthalb Stunden den Beweis dafür an. Eher zufällig, seiner Neugier folgend, kam er nach Polen, quälte sich in Sprachkursen herum - zwerchfellerschütternd seine Exkurse über polnische Grammatik und Phonetik - arbeitete als Deutschlehrer, gewann den 2. Preis bei einem polnischen Kabarett-Wettbewerb und tritt seit Jahren mit eigenen Programmen und in polnischen TV-Serien auf.

"Ein Deutscher in Moczydla" hieß sein erstes Programm - benannt nach einer geplanten Endstation der Warschauer Metro, die "vielleicht in 15 oder 50 Jahren erreicht wird". So Möller und weiter: "Moczydla ist für mich ein Symbol Polens. Einerseits riesiger Optimismus: Wir bauen das! Andererseits skeptischer Pessimismus: Lassen wir's bleiben, wir kommen doch nie hin!"

Der Mensch kann nur das wahrhaft erkennen, was er liebt (sagt die Philosophenschule der Phänomenologen). Möller liebt die Polen, kennt sie und karikiert so liebevoll, daß sein deutsch akzentuiertes Polnisch bereits als stilbildend in polnischer Schauspielerausbildung gilt ("mein historisches Verdienst"). Aber das ist nur der Anfang.

"Meine Polonisierung" heißt ein weiteres Programm Möllers, das witzig und pointensicher abläuft und gewiß nicht nur für den Mann auf der Bühne von Belang ist. Etwa 150000 Deutsche sind in letzten Jahren nach Polen gegangen, auf der Suche nach dem Land ihrer Kindheit, auf der Suche nach Arbeit, warum auch immer. Viele haben die sympathischen "Macken" der Polen mitbekommen, die Möller für sich verinnerlicht hat ("ich glaube das alles, bin da ganz absolut") und als Prisma polnischer Alltagskultur präsentiert: Abergläubisch sind sie - keine Begrüßung über eine Schwelle hinweg, keine Handtasche auf den Boden stellen ("weil dann das Geld wegläuft") -, gastfreundlich, müssen bei Einladungen dreimal genötigt werden, "bis sie den Kühlschrank leer essen", pessimistisch, etwas übelnehmerisch, manchmal "krnabrny" (starrsinnig) bis zum Exzeß, höflich, eloquent ("tausend Verabschiedungsformeln bei Telefonaten"), ganztägig humorvoll - kurz: "Polska da sie lubic" (Polen kann man lieben), wie Möllers jüngstes Buch heißt.


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