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02.06.07 / Die PKK meldet sich zurück / Ein Anschlag in Ankara verstärkt Spannungen in der Türkei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-07 vom 02. Juni 2007

Die PKK meldet sich zurück
Ein Anschlag in Ankara verstärkt Spannungen in der Türkei
von Mariano Albrecht

Pünktlich zu Beginn der Urlaubssaison und mitten in einer hausgemachten Regierungskrise rückt der Intimfeind der Türkei wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Als in der vergangenen Woche in der Altstadt von Ankara ein Sprengsatz - mit dem für gewöhnlich von der PKK verwendeten Plastiksprengstoff A4 - detoniert, sechs Menschen in den Tod reißt und fast 100 Personen verletzt, war für die türkische Staatsführung sofort klar, daß die kurdische Separatistenorganisation PKK hinter der Tat steckt.

Glaubt man türkischen Medienberichten, so hat der Anschlag im Stadtteil Ulus dem türkischen Generalstabschef Yasar Büyükanit gegolten. Der befand sich mit mehreren hohen Militärs auf einer Waffenmesse ganz in der Nähe und hätte eine Stunde später den Tatort passiert. Neben Ministerpräsident Recep Tayip Erdogan erschien Büyükanit auch kurze Zeit später am Ort des Geschehens und prophezeite, daß sich dies nun in allen türkischen Städten wiederholen könnte. Dabei dürfte dem Armeechef der Anschlag gut ins Konzept passen, liegt er sich doch mit Ministerpräsident Erdogan wegen dessen ablehnender Haltung zu einem Angriff mit 50000 Mann auf die Kurdengebiete im Nordirak in den Haaren. Hinzu kommen Querelen um die Kandidatur von Außenminister Abdullah Gül zum Staatspräsidenten, auf die die Militärs mit Putschdrohungen reagiert hatten. Die Armeespitze sammelt offenkundig Argumente gegen Erdogan und seine islamistische Regierung. Die PKK kommt da gerade recht. In einer türkischen Zeitschrift für Militär und Luftfahrt greift Büyükanit auch die EU-Regierungen an - allem Anschein nach nicht ganz zu Unrecht. Über Interpol gesuchte PKK-Terroristen würden in Europa unbehelligt leben können und fänden Unterschlupf, giftet der General. Der deutsche Verfassungsschutz schätzt die Anzahl der aktiven PKK-Anhänger in Deutschland auf etwa 11500 Personen, die Anzahl der Unterstützer und Sympathisanten liegt gänzlich im Dunkeln. Obwohl die PKK seit 1993 auch in Deutschland verboten ist, sind die Strukturen ungebrochen. Nach der Verhaftung des PKK-Chefs Abdullah Öcalan im Jahr 1999 in Kenia durch eine türkische Spezialeinheit, hatte sich die Organisation nach einem Aufruf Öcalans zunächst auf irakisches Territorium zurückgezogen und blieb wider Erwarten friedlich. 2002 stellte die PKK ihre Tätigkeit offiziell ein, Nachfolger wurde der "Freiheits- und Demokratiekongreß Kurdistans" (Kadek), der sich 2003 jedoch auflöste und im "Volkskongreß Kurdistan" (Kongra-Gel) aufging.

Der auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierte Öcalan hatte zwar über seine Anwälte mehrmals zur Waffenruhe aufgerufen, das letzte Mal im Oktober vergangenen Jahres, doch wurde diese immer wieder aufgekündigt.

Trotz Verbots der Nachfolgeorganisationen kann in Deutschland von einem intakten Netzwerk von sich immer noch zur alten PKK rechnenden, meist türkischstämmigen Kurden ausgegangen werden.

Die PKK in Deutschland ist straff organisiert. Eine Hierarchie von Kadern ist in verschiedenen Geschäftsfeldern äußerst aktiv. Deutschland ist Rückzugsraum. Hier wird Geld - mit Drogenhandel, Prostitution und dem Eintreiben von Schutzgeldern oder "Spenden" bei türkischstämmigen kurdischen Arbeitnehmern und Selbständigen - für den Kampf "gesammelt". Die Teestube dient als Geldwaschanlage, viele der unzähligen Kulturvereine werden von Drogenringen als Umschlagplatz und ebenfalls Geldwaschanlage benutzt.

Das System ist so einfach wie wirkungsvoll: Drogengelder werden zum Aufbau von kleinen Geschäften, Kulturvereinen oder Imbißbuden eingesetzt. Von den Umsätzen, die häufig dank Schwarzarbeit und anderen von den Finanzbehörden nicht kontrollierbaren Einnahmen an den Steuererklärungen vorbeigehen, werden "Steuern" an die PKK gezahlt. Die Heimatbüros, wie die in Deutschland tätigen Zellen sich selbst nennen, sehen jeden Kurden als verpflichtet an, den Kampf zu unterstützen. Viele kommen den Forderungen der PKK-Kader freiwillig nach. Aussteiger und Verweigerer werden verfolgt und unter Druck gesetzt. Seitdem die PKK in Deutschland keine offene Gewalt mehr einsetzt, was sich deutsche Ermittler als Erfolg anrechnen, sind Festnahmen von PKK-Leuten rückläufig. Auch als längst klar war, daß die PKK dem Terror und ihren kriminellen Machenschaften keineswegs abgeschworen hatte, waren besonders Politiker der Grünen mit dem Argument, sich für die Sache des kurdischen Volkes einzusetzen, auf Kuschelkurs mit der PKK gegangen.

Noch 1998 forderten Grünen-Politiker die Rücknahme des Verbots der PKK. Bremens ehemaliger Oberbürgermeister Henning Scherf (SPD) wurde sogar auf einer Protestkundgebung gegen die Inhaftierung Öcalans gesehen.

Deutsche Politiker und auch die Justiz tun sich schwer, eine klare Grenze zwischen dem Eintreten für durch die Türken unterdrückten Minderheiten und dem Vertretungsanspruch durch deren selbsternannten Führern wie der PKK zu ziehen.

In Frankfurt / M. verhandelt dieser Tage das Oberlandesgericht gegen einen 51jährigen Kurden, dem vorgeworfen wird, Mitglied der Europaführung der PKK zu sein. Er habe dafür gesorgt, daß Kurden aus dem Nahen Osten in die Bundesrepublik geschleust und Mitglieder, die sich weigerten, die PKK zu unterstützen, bestraft wurden. Die Bundesanwaltschaft spricht in der Anklageschrift von einem "Staat im Staate", in dem die Disziplinierungshoheit bei der Organisation (PKK) liege.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat im Februar dieses Jahres entschieden, daß das Bekenntnis "Auch ich bin ein PKKler" zweier kurdischstämmiger Türken aus Baden-Württemberg kein Einbürgerungshindernis ist. Die beiden Männer werden wohl demnächst als deutsche Staatsbürger die PKK unterstützen dürfen.

Foto: Mit dem Zeichen für Sieg: Öcalan-Anhänger sorgen für Unruhe in der Türkei.


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