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09.06.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-07 vom 09. Juni 2007

Die Ärmsten der Armen / Warum Afrikas Führer mehr Geld benötigen, wie Seehofer den Paten macht, und warum um Giordano herum alles platt ist
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Man kommt kaum noch mit, so rasant ändern sich die Zeiten. Keine 20 Jahre ist es her, da war noch jeder ein Friedensfeind, ein Revanchist und Imperialist, der an Stacheldrahtzäunen im westlichen Mecklenburg etwas auszusetzen hatte. Diese Woche dagegen standen sogar die politischen Erben der Mauerbauer von damals am Zaun von Heiligendamm herum und hatten "ungute Erinnerungen". An was denn? An ihren Arbeiter- und Bauernstaat?

Verwirrend, das alles. Sehnsucht erfüllt die Menschen, vor allem die von "Attac", nach guten alten Zeiten, als die Dinge noch klar waren. Die Attac-Leute wollen keine solchen Gipfel mehr. Wieviel schöner wäre die Welt denn auch, wenn es diese ständigen Laberrunden alle nicht mehr gäbe? Mindestens so schön wie früher, als die Staats- und Regierungschefs noch nicht immerzu auf irgendwelchen internationalen Großtreffen zusammenhockten, sondern brav zuhause blieben. Dort unterhielten sie sich dann ganz bescheiden und verschwiegen mit ihren Beratern, statt so einen sündteuren Tamtam zu veranstalten wie "G8" oder "EU" oder wer weiß was. Die Berater kamen oft in schicken Uniformen zum Staatschef und hatten Landkarten jener Nachbarländer dabei, über deren künftige Verwendung sie sich frei und ohne falsche Scham und vor allem: ohne störende Ausländer am Tisch austauschen wollten.

In jener säbelfunkelnden Epoche verfügten die Völker über fabelhaft intakte Feindbilder, wie sie heute nur noch die "Autonomen" vorweisen können. Die haben den ganzen Schmus nicht mitgemacht, führen nach wie vor Krieg wie Attila und besitzen sogar den Schneid, ihren Angriff per Kriegserklärung Tage vorher anzukündigen, so geschehen auf der Pressekonferenz in Hamburgs "Roter Flora". In der Hansestadt hatten sie überdies freimütig ihre Waffen vorgezeigt und ihre Taktik im Felde demonstriert.

Dabei macht man es den linken Randalierern ja nicht gerade leicht. Der Feind ging ihnen sogar frech ans kriegsnotwendige Feindbild. Wer Merkel von den "berechtigten Anliegen der Globalisierungskritiker" predigen hörte, mochte meinen, daß sie nichts mehr wünschte als selber mitzumarschieren bei "Attac" - wenn sie nicht unglücklicherweise in der betreffenden Woche eben diesen Termin gehabt hätte. Glücklicherweise sind die kämpferischen Linken immun gegen Konsenssoße, Toleranzgeschwafel und Ausredenlassen. Somit konnte Merkels Versuch der Einwickelei ihrer Kampfmoral keinen Abbruch tun.

Die Polizeiführungen sorgten fairerweise dafür, daß ihre Beamten die Randalierer nicht dabei störten, in aller Ruhe ihr Arsenal zu füllen und in Schlachtformation zu gehen. In linken Internetforen war man regelrecht erschrocken darüber, daß es kaum Personenkontrollen gab und der "schwarze Block" in aller Ruhe Steine von Gleisbetten sammeln konnte.

Indes, man mag es kaum glauben, aber es gibt auch Leute, die den G8-Gipfel mit großer Hoffnung verfolgt haben. Afrikas Staatschefs blickten voller Erwartung nach Heiligendamm. Mit dem Mercedes-Benz-Katalog auf dem Schoß verfolgten sie gespannt, um wieviel die führenden Industrienationen ihre Entwicklungshilfe aufstocken wollen, um den "ärmsten der armen" Daimler-Kunden die Rechnung beim Autosalon abzunehmen.

Ja, in Afrika lohnt sich Politik noch. Und dort wissen die Regierenden auch, ihr Glück richtig zu feiern. Im Jahre 2000 versprach Großbritannien dem kleinen Malawi, seine Entwicklungshilfe von 46 Millionen auf 65 Millionen Euro jährlich zu erhöhen, weil 65 Prozent der Malawis mit weniger als 40 Cent pro Tag auskommen mußten. Können wir uns vorstellen, welche Freude dort unten herrschte? Malawis Regierung feierte die tolle Nachricht sogleich mit dem Kauf von 39 schnieken Mercedes-Wagen der teuren S-Klasse.

Wenn alles glatt geht, sollen die Hilfen in den kommenden Jahren noch einmal ordentlich steigen. Hoffentlich haben Daimler, Gucci, Armani und all die anderen Firmen, welche die Dynastien des schwarzen Kontinents "mit dem Allernötigsten" ausstatten, noch Kapazitäten frei.

Unsere Politiker machen neben ihren afrikanischen Kollegen einen etwas armseligen Eindruck, was daher rührt, daß sie es beim Geldbeschaffen mit Steuerzahlern zu tun haben und nicht mit Bono und Frau Wieczorek-Zeul. Gut, dafür müssen unsere Führer nach Ende ihrer Amtszeit auch nicht sofort das Land verlassen, die Milizen des Nachfolgers an den Fersen. Und mögen ihre Einkünfte vergleichsweise mager sein, so haben auch deutsche Politiker ihre kleinen Schätze.

Nur sollten sie die nicht allzu offen herzeigen oder gar damit angeben. Horst Seehofer hat es vollends vermasselt: Dem "Stern" zeigte er sein kleines Schmuckkästchen, in dem er angeblich lauter leckere Geschichten aus der Sudelecke der CSU gebunkert hat. Er will uns aber nicht hineinsehen lassen, was gemein ist.

Dafür hat uns der Minister mit einem filmreifen Auftritt entschädigt: "Ich bin gut informiert. Ich weiß viel. Ich habe viel Material", raunte er stolz dem "Stern" zu. Er wolle aber kein kompromittierendes Material gegen innerparteiliche Gegner verwenden, "das ist nicht meine Linie".

Ist das nicht wundervoll? Hollywood! Wer muß jetzt nicht an Marlon Brando in der Rolle des "Paten" denken? "Kindchen, es ist nicht meine Art, Menschen unter Druck zu setzen. Aber ich habe da Sachen über dich gehört, wenn das rauskommt ... woll'n wir doch beide nicht ... also ich hab' da einen Vorschlag."

Wer nach dem Abgang von Franz Josef Strauß darunter gelitten hatte, wie langweilig die CSU geworden war, der kommt heute voll auf seine Kosten. In München geht es her, als zöge Madame Pompadour höchstselbst die schmierigen Fäden. Jeder stellt jedem nach, in allen Ecken lauern abseitige Intrigen und dabei wirbeln Polit- und Boudoirgeschichten stets bunt durcheinander. Alle Akteure sind darauf aus, sich durch häßliche Andeutungen kleine Vorteile gegen die anderen zu verschaffen und durch Dementis die eigene Haut zu retten.

Die Dementis sind besonders wichtig, nichts darf lange stehen bleiben, sonst haut es einem genau in dem Moment die Beine weg, wenn man es am wenigsten erwartet. Ralph Giordano produzierte Nazi-Etiketten am Fließband und verklebte die deutschen Mäuler so gründlich, bis keiner mehr richtig den Mund aufkriegte.

Jetzt warnt Giordano vor einer Großmoschee in seiner Heimatstadt Köln und wundert sich nicht wenig, daß ihm von der CDU bis zu den Grünen niemand beispringt. Ein Kölner CDU-Bezirksvorsitzender hat nämlich herausgefunden, da? auch Neonazis gegen die Moschee seien. Damit sei es eine Frage von Demokratie oder Rechtsextremismus, ob man für oder gegen das islamische Gotteshaus eintrete.

Das war nichts anderes als der pure Giordano: Der sagte so gut wie nie, "Sie sind ein Nazi", denn das hätte er vielleicht beweisen müssen, was er in den allermeisten Fällen nicht gekonnt hätte. Der Schriftsteller grollte statt dessen: "Was Sie da sagen, das haben auch Rechtsextremisten schon geäußert!" Das geht irgendwie immer. So bringt man Leute zum Schweigen. Bei der Debatte über Leitkultur und Multikulti lief Ralph Giordanos Etikettiermaschine glühend heiß.

Nun sucht der Schriftsteller - als Sohn einer jüdischen Mutter besorgt wegen eines islamischen Großbaus in der Nachbarschaft - Unterstützer gegen die Moschee und muß feststellen, daß es, nein, er allen längst die Sprache verschlagen hat. Er ist auf seiner Dampfwalze das erste Mal an eine Stelle gekommen, an der er schon war, und reibt sich entsetzt die Augen, wie platt alles ist. Bis auf die Moschee, die hoch aufragt. Giordano müßte vieles, sehr vieles dementieren, was er über andere ausgegossen hat, damit in der Wüste um ihn wieder etwas wachsen kann.


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