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16.06.07 / Geschenk des Neubeginns / 850 Jahre Mark Brandenburg: Platzeck versenkt das Erbe von Vorgänger Stolpe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-07 vom 16. Juni 2007

Geschenk des Neubeginns
850 Jahre Mark Brandenburg: Platzeck versenkt das Erbe von Vorgänger Stolpe
von Markus Schleusener

Es sollte ein schöner Tag des Stolzes und der Besinnung werden. Doch für Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) geriet der Festakt "850 Jahre Brandenburg" vergangenen Montag im Dom der Havelstadt zur kalten Dusche, Schuld war sein Nachfolger Matthias Platzeck.

"Vor 850 Jahren eroberte Albrecht der Bär die Burg. Was Otto der Große begonnen hatte, konnte fortgesetzt werden. Und Seelsorger machten diese Mission glaubwürdiger", lobte der evangelische Bischof Huber in seiner Predigt die Arbeit seiner Kirche und die "1000 Jahre Christentum, auf die wir heute zurücksehen." Vor 1000 Jahren war das Land zwischen Elbe und Oder zwischen Deutschen und sogenannten Elbslawen bereits heftig umkämpft. Die Elbslawen waren ein halbes Jahrtausend zuvor den germanischen Ureinwohnern gefolgt, die mit der Völkerwanderung nach Süden und Westen abgewandert waren. 948 gründeten die Deutschen in Brandenburg an der Havel wahrscheinlich das erste Bistum östlich der Elbe. Aber beim großen Slawenaufstand 983 wurden die Deutschen wieder vertrieben. Vorläufig.

Der Ausbreitung von Christentum und abendländischer Kultur, die mit den Deutschen ins Land kamen, war aber nicht mehr aufzuhalten. Deutsche und Elbslawen näherten sich schließlich immer mehr an. In der Mitte des zwölften Jahrhunderts gelang es Albrecht dem Bären, dem Markgrafen der Nordmark, das Erbe des letzten Slawenherrschers auf der "Brandenburg", Pribislaw-Heinrich, zu erlangen.

Doch dieses Erbe wurde Albrecht von einem Verwandten Pribislaws verweigert, der selbst die "Brandenburg" besetzte. 1157 gelang es Albrecht nach langer Belagerung und heftigen Kämpfen, die Burg einzunehmen. Diesmal endgültig. Das war am 11. Juni 1157, die Mark Brandenburg war endgültig aus der Taufe gehoben.

Das Land und die Stadt Brandenburg begingen das Jubiläum am Montag mit Hubers Predigt und einem großen Staatsakt. Auch die Spitzen der Landespolitik waren anwesend, als der Bischof an die weitere Entwicklung erinnerte und auch an die weniger schönen Ereignisse: 30jähriger Krieg, die Nationalsozialisten, die Kommunisten.

Vor allem mit der SED-Herrschaft, unter der die Kirche besonders zu leiden hatte, ging er hart ins Gericht. Es gebe noch zahlreiche Zeitzeugen, die miterlebt hätten, "wie Todesstreifen in den märkischen Sand gegraben worden" seien und die Stasi Menschen erniedrigt habe. "Aber Gott schenkte uns einen Neubeginn."

Huber kam nicht an der aktuellen Abwanderungs- und Überalterungstendenz vorbei. Die "flotten und pfiffigen Töchter" warteten auf eine

"Charmeoffensive der jungen Männer", sonst gingen sie weg, also in den Westen. Deshalb bot er an: "Gerne richten wir im ganzen Land Traumhochzeiten aus." Auch um den Nachwuchs will er sich gern kümmern: "Unsere Kindergärten gelten nicht als die schlechtesten."

Dann erinnerte die Bürgermeisterin der Stadt Brandenburg, Dietlind Tiemann (CDU), an den stürmischen Aufstieg der Stadt im 20. Jahrhundert. Nach 1945 habe sich Brandenburg an der Havel zum größten Stahlproduzenten der DDR entwickelt. Die Stadt hätten damals 100000 Einwohner bevölkert. Heute sind es noch 73783.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) nutzte die Jubelfeier für einen Mix aus Regierungserklärung und Wahlkampfauftritt. "Seit der Wende hat sich das Leben deutlich verändert. Viele haben eine andere Arbeit. Viele haben erfahren, was Arbeitslosigkeit bedeutet. Und zu viele haben das Land verlassen." Kein nettes Zeugnis für seine allesamt SPD-geführten Vorgängerregierungen.

Aber im Hier und Jetzt sei alles gut, so der Regierungschef weiter: "Die Wirtschaftszahlen übertreffen alle Erwartungen. Seit zwölf Monaten sinkt die Arbeitslosigkeit. Anders als noch vor zehn Jahren können wir jedem und jeder sagen: Ihr habt hier eine Perspektive und müßt nicht weggehen." Eigentlich fehlt nur noch, daß Platzeck die Worte von Bischof Huber wiederholt: Gott schenkte uns einen Neubeginn.

Vor zehn Jahren also muß es hier die Hölle gewesen sein - damals war Platzecks Parteifreund Manfred Stolpe Ministerpräsident. Stolpe sitzt in der zweiten Reihe und sieht Platzeck wortlos an. Er schluckt und blickt düster zum Redner hinüber.

Platzeck sieht nun Stolpe an, dann huscht sein Blick nervös ins Kirchenschiff. Offenbar fiel ihm jetzt erst auf, daß er soeben die politische Arbeit seines noch immer beliebten Vorgängers regelrecht versenkt hatte. Hilflos versucht er, den Schaden zu begrenzen: "Manfred Stolpe gab uns das Lied Märkische Heide, das so oft gesungen wird."

Dann kommt Platzeck bruchlos zur Besiedlung Brandenburgs nach der Eiszeit, als wolle er sich vor der Peinlichkeit in die endlosen Weiten der Geschichte flüchten. Doch das Kind war längst im Brunnen.

Wie alt die Mark Brandenburg wirklich ist, darüber streiten die Historiker seit langem: Da 929 König Heinrich I. die Burg schon einmal erobert hatte, sehen viele jenes Datum als den Geburtstag der "Mark" an. 1929 gab es daher schon mal eine 1000-Jahr-Feier!

Wieder andere sehen das Jahr 948 als das Gründungsjahr, als Heinrichs Sohn Otto der Große in Brandenburg einen Bischofssitz gründete. Ebenfalls in Frage käme als Außenseiter das Jahr des Neubaus der Spandauer Zitadelle, die 1150 errichtet worden ist. Dann wäre schon bald (2010) die 860-Jahr-Feier angesagt!

Foto: Alt und ehrwürdig: Der Dom in Brandenburg an der Havel


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