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16.06.07 / Zapateros Eta-Fiasko / Spaniens Premier steht vor dem Scherbenhaufen seiner zwielichtigen Strategie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-07 vom 16. Juni 2007

Zapateros Eta-Fiasko
Spaniens Premier steht vor dem Scherbenhaufen seiner zwielichtigen Strategie
von Hans Heckel

Es dürfte die unangenehmste Unterredung seiner dreijährigen Amtszeit gewesen sein. Vergangenen Montag empfing Spaniens sozialistischer Premier José Luis Rodríguez Zapatero den Chef der konservativen Oppositionspartei "Partido Popular" (PP), Mariano Rajoy. Zu dem Treffen im Moncloa-Palast, dem Sitz des Ministerpräsidenten, sah sich Zapatero gezwungen, nachdem kurz zuvor eines der größten und gleichwohl umstrittensten Projekte seiner Regierung spektakulär gescheitert war: der "Dialog" mit der baskischen Terrorbande Eta.

Am 5. Juni hatten die Terroristen einen "Waffenstillstand", den sie am 24. März 2006 erklärt hatten, öffentlich gekündigt. Für Zapatero eine Blamage sondergleichen, für Rajoy, der jedweden Dialog mit den Terroristen stets abgelehnt hatte, die eindrucksvolle Bestätigung seines harten Kurses.

In die Klemme geraten war Sozialist Zapatero bereits zur Jahreswende, als die Eta - mitten im angeblichen Waffenstillstand - am 30. Dezember ein Parkhaus am Madrider Flughafen in die Luft jagte und dabei zwei Menschen tötete. Die nunmehr offizielle Beendigung der brüchigen Waffenruhe durch die Eta bedeutet für den Premier ein Fiasko sondergleichen.

Dies gilt nicht allein für seinen Versuch, die Terrorbande durch Entgegenkommen zur Beendigung der Gewalt zu bewegen. Auch hat Zapatero einen empfindlichen Rückschlag erlitten bei seiner Strategie, in Spanien eine haltbare "strukturelle Mehrheit" gegen die Konservativen zu zimmern. Denn auch dies steckte hinter seiner "Dialog"-Linie.

Spanien kennt keine klassische Partei der Mitte, die im Zweifel den Ausschlag geben könnte für eine Mitte-Links- oder Mitte-Rechts-Regierung, die also eine Rolle spielen könnte wie lange Zeit die deutsche FDP. Gleichwohl kennt auch das spanische Parteisystem eine "dritte Kraft". Sie wird gebildet von vielen kleineren Regionalparteien der Katalonier oder Kanarier, der Bewohner Galiciens, Navarras oder eben des Baskenlandes. Diese Gruppierungen nutzen ihre Rolle als Mehrheitsbeschaffer. Dabei wenden sie sich mal den Konservativen, mal den Sozialisten zu. Auch Zapatero, der seit 2004 einer Minderheitsregierung vorsitzt, kann nur mit Hilfe einiger Regionalparteien Mehrheiten im spanischen Nationalparlament erringen.

Ziel des Premiers war es seit seinem Regierungsantritt, die in Spanien Nationalisten genannten Regionalparteien auf Dauer an seine Sozialisten zu binden. Dafür machte er umfangreiche Zugeständnisse in Form von mehr regionaler Selbstverwaltung der "Comunidades", der spanischen Bundesländer.

Zapatero wußte, daß hier die Konservativen nicht mithalten konnten, da sie die Furcht um die nationale Einheit umtreibt, weshalb sie einer ausufernden Autonomie der Regionen skeptisch gegenüberstehen. So sollte die Rechte für alle absehbare Zeit in die Isolation gedrängt werden, aus der heraus sie keine Mehrheiten mehr erreichen würde.

Als Krönung der weichen Linie gegenüber den Fliehkräften des Landes hatte sich Zapatero den "Dialog" mit den baskischen Terroristen ausgesucht. Dafür ließ er den "Antiterrorismus-Pakt" in die Brüche gehen. In ihm hatten sich die großen Parteien zusammengeschlossen. Über alle Gräben hinweg sollte der Kampf gegen den Eta-Terrorismus alle einigen.

Wie der sozialistische Premier nun einräumen mußte, hatten hochrangige Vertreter seiner Regierung hinter dem Rücken der übrigen Parteien und der Öffentlichkeit sogar direkte Gespräche mit Eta-Vertretern geführt. Ergebnis gleich Null, wenn die Terroristen die Konsultationen nicht gar noch als Bestätigung ihres politischen Gewichts gewertet haben und sich zu neuen Gewalttaten ermutigt fühlten.

Nun mußte Zapatero zu Kreuze kriechen und den Opposionschef Rajoy um Neuauflage des Antiterrorismuspakts bitten. Der Konservative genoß den Triumph, zeigte sich konziliant im Ton, aber hart in der Sache ("keine Verhandlungen mit der Terrorbande").

Spaniens Regierungschef hat mit seiner weichen Linie gegenüber den militanten Basken alte Gräben wieder aufgerissen, die bis in den Bürgerkrieg zurückreichen. Je deutlicher seine Strategie zutage trat, desto eisiger, feindseliger wurde der Ton zwischen den Lagern. In einem Land, in dem einmal Nachbarn auf Nachbarn schossen, weil sie dem anderen "Lager" angehörten, bedeutete dies ein Spiel mit dem Feuer. Dieses Spiel endete für Zapatero in einer peinlichen Sackgasse.

So haben die Eta-Aktivisten womöglich das Gegenteil dessen erreicht, was die Terroristen beabsichtigten: Sie haben Spanien nicht gespalten, sondern wiedervereint im Kampf gegen die Feinde seiner nationalen Einheit.

Foto: Mußte sein Scheitern eingestehen: Der spanische Premier Zapatero

 

Zeitzeugen

Juan José Ibarretxe Markuartu - Der Vorsitzende der Baskischen Nationalen Partei und Ministerpräsident der Autonomen Region des Baskenlandes sorgte 2003 mit einem Plan zur Ausweitung der Autonomie bis hin zur Unabhängigkeit des Baskenlandes für heftige innenpolitische Diskussionen in Spanien.

José Ignacio Lopez de Arrioúa - Der 1941 in der Nähe von Bilbao geborene Lopez legte in der internationalen Automobilindustrie eine Musterkarriere hin. 1993 holte Ferdinand Piech den durch seine Härte und sein Verhandlungsgeschick berühmten Lopez von General Motors zu VW. Der Absturz kam, als bei Lopez Unterlagen über den damals völlig neu entwickelten Opel Corsa B von GM gefunden wurden. Der Skandal kostete VW 100 Millionen US-Dollar.

Bixente Lizarazu - Der 1969 geborene Profifußballspieler wurde im französischen Teil des Baskenlandes geboren. Er begann seine Karriere 1988 bei Girondins Bordeaux, später wechselte er zum spanischen Erstligisten Athletic Bilbao. Der Verein ist dafür bekannt, daß er nur baskische Spieler in seine Reihen aufnimmt. Er ist damit einer der wenigen Nicht-Spanier, die für Athletic Bilbao und auch für die Baskische Fußballauswahl spielen durften. 1997 bis 2006 spielte er in 182 Bundesligaspielen für Bayern München und wurde mit den Bayern sechsmal Deutscher Meister.

Francisco Franco - Er war in der Zeit von 1939 bis zu seinem Tode im Jahr 1975 Staatschef von Spanien. Er unterdrückte die regionalistischen Tendenzen in Katalonien und im Baskenland und begünstigte somit die Entstehung der baskischen Separatistenorganisation Eta.

Christina von Spanien - Die 1965 geborene, zweite Tochter von König Juan Carlos I. von Spanien und Sophia von Griechenland ist seit 1997 mit Iñaki Urdangarin Liebaert verheiratet. Dieser ist ein ehemaliger baskisch-spanischer Handballspieler. Beide sind Herzogin und Herzog von Palma de Mallorca. Das Ehepaar hat vier Kinder, die auf den Plätzen sieben bis zehn der spanischen Thronfolge stehen.


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