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16.06.07 / Peenemünde - selektive Erinnerung / Der Blick auf die Schattenseiten überlagert die Würdigung einer großartigen technologischen Pionierleistung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-07 vom 16. Juni 2007

Peenemünde - selektive Erinnerung
Der Blick auf die Schattenseiten überlagert die Würdigung einer großartigen technologischen Pionierleistung

Vor gut 65 Jahren, am 3. Oktober 1942, wurde hier Raumfahrtgeschichte geschrieben: Vom "Prüfstand VII" der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom hob eine Rakete ab, die erstmals in den Grenzraum zwischen Erdatmosphäre und Weltall vordrang.

Heute erinnert ein "Historisch-Technisches Informationszentrum" an die Geburtsstunde der Weltraumfahrt. Das ist gut so, könnte aber auch besser sein. Die Betonung liegt nämlich allzusehr auf "historisch", und gemeint ist damit offenkundig "zeitkritisch" im bewährten antifaschistischgen Sinne. So ist unbestritten, daß Wernher von Braun hier nicht die Grundlage aller künftigen Raumfahrtprojekte hätte erarbeiten können, hätte ihm das NS-Regime nicht Zigtausende von Zwangsarbeitern zur Verfügung gestellt. Ebenso unbestritten ist, daß die Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser Kriegsgefangenen, Deportierten und KZ-Häftlinge als menschenunwürdig einzustufen sind. Dieser Aspekt muß in einem historisch-technischen Museum auch angemessen dargestellt werden.

Aber muß er - vor allem auch in den begleitenden Internet- und Informationsmaterialien - so dominierend im Vordergrund stehen? Müssen die Erinnerungen, die sich an Peenemünde knüpfen, so negativ besetzt sein? Und was sollen die Übertreibungen?

Von Brauns "Aggregat 4", bekannt als V 2, war eine neuartige, aber keineswegs die fürchterlichste und wirkungsvollste Waffe des Zweiten Weltkriegs. Sie hat dem Hitlerregime keine militärischen Vorteile gebracht, keine kriegsentscheidenden Schäden angerichtet; die Opferzahlen spielen - bei allem Respekt vor jedem einzelnen Menschenleben - im Gesamtbild dieses Krieges eine eher marginale Rolle. Die bleibende Bedeutung Peenemündes liegt im zivilen und nicht im militärischen Bereich.

Und noch eine Anmerkung: Gerade jene Raumfahrtnationen, die sich 1945 der Peenemünder "Erbmasse" so eifrig und bereitwillig bedienten, haben in puncto kritisch-historischer Eigendarstellung noch erheblichen Nachholbedarf - was Peenemünde zu viel hat, fehlt in Baikonur oder Cape Canaverale gänzlich. H.J.M.


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