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23.06.07 / Die Sucht nach "guten" Produkten / Da immer mehr Deutsche klimabewußt werden und den armen Menschen in der Welt helfen wollen, reagieren Unternehmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-07 vom 23. Juni 2007

Die Sucht nach "guten" Produkten
Da immer mehr Deutsche klimabewußt werden und den armen Menschen in der Welt helfen wollen, reagieren Unternehmen
von Rebecca Bellano

Da hat Deutschland den G8-Gipfel überstanden, doch trotzdem verschwinden bestimmte Themen nicht aus den Medien. Der G8-Gipfel war also keineswegs der Höhepunkt, sondern nur eine Etappe in der Diskussion um Klima, Umweltschutz, Armutsbekämpfung und Rettung der Welt. Das Zukunftsinstitut in Kelkheim unter der Leitung des wohl bekanntesten deutschen Zukunftsforschers Matthias Horx meint sogar, es stehe uns ein hypermoralisches Zeitalter bevor, und spricht vom neuen Moralismus. Mit dem, was die Trendforscher auf einen Nenner bringen, sind die Konsumenten schon längst konfrontiert. Die Medien lieben derartige Themen und die "Bild"-Zeitung macht derartiges sogar reißerisch zum Lesestoff der Massen. Selbst die teils spektakulären Greenpeace-Aktionen der Vergangenheit würden blaß aussehen gegen das Aufrütteln der Gesellschaft, das Boulevard-Blätter wie die "Bild" derzeit betreiben. Zugegeben, Hintergrund-Informationen werden nur selten beigegeben, aber da die Menschen sich nur moralisch besser und nicht schlauer fühlen sollen, sei dies egal.

Da die fortschreitende Globalisierung zudem Krisengebiete immer näher heranbringen würde, seien Themen wie Afrika, Aids und Armut nicht mehr nur Themen für Kirchen und Initiativgruppen. Irgendwie entwickele inzwischen ein Großteil der westlichen Gesellschaft das Bedürfnis, die Welt zu verbessern. Daher erführen alternde Popgrößen wie Bob Geldof und Bono, die sich für eine bessere Welt einsetzen, so viel Zuspruch. Auch würde mit Interesse verfolgt, wie Stars wie Madonna und Angelina Jolie arme Dritte-Welt-Kinder adoptierten, um diesen armen Waisen ein Zuhause zu geben. Wie oberflächlich das Ganze sei und daß so mancher auf der Moralismus-Welle nur mitschwimme, um sein Image zu verbessern, würden nur wenige durchschauen.

Inzwischen würden immer mehr Unternehmen entdecken, daß sie, wenn sie moralisch handeln, in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen werden. Rettete Krombacher 2006 in Kooperation mit WWF und seiner von Prominenten wie Günter Jauch und Rudi Völler präsentierten "eine Kiste Bier, ein Quadratmeter Regenwald"-Aktion noch nur die Natur, so hilft Volvic jetzt armen Menschen. Mit der in diesem Mai gestarteten Kampagne "ein Liter für zehn Liter" zeigt der Mineralwasser-Produzent zusammen mit Partner Unicef, daß der Brunnenbau in Afrika Grundstein für mehr Bildung und bessere Lebensbedingungen ist. So mancher inzwischen im Bewußtsein moralisierte Kunde dürfte jetzt eher zum teureren Volvic-Wasser greifen als zum Lidl-Konkurrenzprodukt, denn mit Volvic hilft er schließlich armen Afrikanern. Daß vor allem deutsche Konsumenten bei der Wahl ihrer Produkte gern auch etwas Gutes tun, mag es nun für sich oder für andere sein, zeigt die seit Jahren steigende Nachfrage nach Bio-Produkten, die die natürlichen Ressourcen, Tiere und die eigene Gesundheit schützen und bewahren sollen. Da Bio-Produkte stets teurer sind, zeigt dies die Bereitschaft der Konsumenten, sich den Zusatzeffekt vom "Gut-sein" auch etwas kosten zu lassen. "Es fühlt sich besser an, ein ,gutes' Produkt zu kaufen", kommentiert das Zukunftsinstitut diesen Trend.

Die westliche Welt konsumiert derzeit mit Vorliebe Produkte, die einen Wohlfühl-Charakter haben. Das können Bio- und Gesundheits-Produkte sein, aber auch sogenannte fair-Trade-Waren. Waren früher diese Produkte, deren Handel Dritte-Welt-Ländern einen fairen Preis für ihre Produkte bot, nur Sache von irgendwelchen Öko-Freunden, die derartiges im Reformhaus ihres Vertrauen erstanden, so bieten inzwischen auch Supermarktketten ihrem Durchschnitts-Kunden Produkte, die den Aspekt des gesellschaftlichen Verantwortungsbewußtseins berücksichtigen.

Kommt heraus, daß ein Unternehmen Chinesen unter sklavenartigen Arbeitsbedingungen schuften läßt, muß es mit schlechter Presse rechnen. Und da das Interesse der Konsumenten an derartigen Themen quer durch alle Gesellschaftsschichten geht, droht in solchem Fall stets das Gespenst des Produkt-Boykotts durch die Käufer. Das bedeutet ironischerweise jedoch nicht immer, daß jetzt weniger Menschen für wenig Geld Schwerstarbeit verrichten müssen, nur die großen Unternehmen lassen die Drecksarbeit häufig von Zulieferern machen, so daß sie im Falle eines Falles ihre Hände in Unschuld waschen können. Siehe Handy-Hersteller Motorola, dessen Displays von Chinesen erstellt wurden, die mit giftigen Chemikalien direkten Kontakt haben mußten. Im großen und ganzen geben sich die Unternehmen jedoch Mühe, sauber zu bleiben beziehungsweise zu werden. Und da am Markt moralische Produkte nachgefragt werden, befriedigt der Markt diese Bedürfnisse.

Themen wie Kinderarbeit, Billiglohn, Ressourcenverbrauch, soziale Absicherung, Gesundheit interessieren immer mehr Kunden, auch wenn natürlich der Klimaschutz immer noch ganz oben auf der Liste steht.

Selbst Amerika wird trotz Bush-Regierung immer grüner. Auch wenn so mancher Deutsche die Anwandlungen der Amerikaner eher als Macke bezeichnen würde. So leistete das Filmstudio Twentieth Century in Hollywood einen Beitrag zur Wideraufforstung in Höhe von 200000 Dollar, da man 10000 Tonen Kohlendioxid für den Film "The Day After Tomorrow" in die Luft ausgestoßen hatte. Der derzeit in den Kinos laufende Film "Ocean'13" gilt als streng ökologisch, da die Kulissen aus recycelbaren Materialien gefertigt wurden, Elektrofahrzeuge statt Strechlimousinen die Stars gefahren haben und die Scriptseiten beidseitig bedruckt wurden. Demnächst sollen die Drehbücher sogar aus Hanf gefertigt werden. Und statt Privatjets soll Linie geflogen werden - und statt kleiner Evian-Fläschchen plant man, Wasser im Riesenspender anzubieten, in recycelbaren Pappbechern versteht sich.


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